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VwGH vom 27.03.2003, 2002/15/0061

VwGH vom 27.03.2003, 2002/15/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Freistaates Bayern, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG, Tuchlauben 17, 1014 Wien, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21101-23345/17-2002, betreffend Kommunalsteuer 1994 bis 1998 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde St. Martin bei Lofer, 5092 St. Martin bei Lofer), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, eine Gebietskörperschaft nach deutschem Recht, betreibt unter der Bezeichnung "Bayerische Saalforstverwaltung" in Österreich einen forstwirtschaftlichen Betrieb auf dem Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Für die in diesem Rahmen gewährten Arbeitslöhne wurde der "Bayerischen Saalforstverwaltung" vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheiden vom vorläufig Kommunalsteuer für die Jahre 1994 bis 1997 vorgeschrieben.

Gegen diese Bescheide erhob die "Bayerische Saalforstverwaltung" am Berufung mit der Begründung, dass Art. 29 der Salinenkonvention vom 18. März 1829 in der Fassung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Freistaat Bayern über die Anwendung der Salinenkonvention vom , BGBl. Nr. 197/1958 (im Folgenden: Salinenkonvention), eine Steuerbefreiung für den Freistaat Bayern vorsehe.

Die abweisende Berufungsentscheidung der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Gemeinde vom stützt sich vor allem darauf, dass eine Befreiung von der Kommunalsteuer als unzulässige Beihilfe i.S.d. Art. 87 EGV zu qualifizieren wäre, und daher Art. 29 der Salinenkonvention nicht angewendet werden könne. Weiters sei die Kommunalsteuer nicht von Art. 29 der Salinenkonvention erfasst, da es sich nicht um eine Nachfolgesteuer der Lohnsummensteuer handle, so dass auch aus diesem Grund von einer Steuerpflicht auszugehen sei.

Am legte der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung Vorstellung ein. Er berief sich auf das Fehlen einer Verwerfungskompetenz der Gemeinde bezüglich der anfälligen Europarechtswidrigkeit der Salinenkonvention. Weiters führte er aus, dass es sich bei der Steuerbefreiung nicht um eine Beihilfe i. S.d. Art. 87 EGV handle. In dieser Eingabe wurde beantragt, Vergleichsverhandlungen nach Art. 31 der Salinenkonvention einzuleiten.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, die Vergleichsverhandlungen zu übernehmen. Vergleichsverhandlungen wurden in der Folge aber nicht durchgeführt.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom die Vorstellung als unbegründet ab. Sie begründete dies damit, dass es sich bei der Steuerbefreiung nach der Salinenkonvention um eine unzulässige Beihilfe i.S.d. Art. 87 EGV handle, da sie zu einer Ungleichbehandlung von österreichischen Forstbetrieben und der "Bayerischen Saalverwaltung" führe, die geeignet sei, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen.

Über die Beschwerde hat der Veraltungsgerichtshof erwogen:

Die einschlägigen Vorschriften der Salinenkonvention lauten wie folgt:

Artikel 12

(1) Der Freistaat Bayern verwaltet die in Art. 1 Abs. 1 angeführten Grundstücke durch Forstämter mit dem Sitz in Leogang, St. Martin bei Lofer und Unken. Diese Forstämter sind im öffentlichen Leben den Forstverwaltungen der Österreichischen Bundesforste gleichgestellt und führen die Bezeichnung „Bayerisches Forstamt ...''. Sie sind berechtigt, in den bayerischen Landesfarben zu flaggen, wenn gleichzeitig die österreichischen Farben gehisst werden. Sie sind weiter berechtigt, auch im Verkehr mit den österreichischen Behörden ihr Dienstsiegel zu führen. Die Forstbeamten können ihre Dienstuniform tragen.

Artikel 29

(1) Der Freistaat Bayern ist hinsichtlich der in Art. 1 und 13 angeführten Grundstücke, Anteilsrechte und Jagdrechte von den Steuern vom Einkommen, Ertrag (Lohnsumme) und Vermögen sowie von sonstigen öffentlichen Abgaben befreit. Diese Befreiung erstreckt sich auch auf Abgaben, die auf Grund der wirtschaftlichen Verwertung der vorgenannten Vermögenschaften oder der Verbringung ihrer Erzeugnisse nach Bayern erhoben werden.

(2) Die Befreiung gemäß Abs. 1 gilt nicht


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a)
für die Umsatzsteuer samt Zuschlägen
b)
für die Grundsteuer,
c)
für sämtliche Beiträge, die auf der Grundlage des Grundsteuermessbetrages berechnet werden.

(3) Die für die Bewirtschaftung der Saalforste und den Jagdbetrieb benötigten Fahrzeuge, Maschinen und Geräte, einschließlich der Ersatzteile hiezu, sowie die Amtserfordernisse, Schutzmittel und das forstliche Saat- und Pflanzgut sind bei der Einfuhr aus der Bundesrepublik Deutschland von Zöllen und sonstigen Eingangsabgaben befreit, vorausgesetzt, dass sie nur für die eigenen betrieblichen Zwecke verwendet und im österreichischen Zollgebiet weder entgeltlich noch unentgeltlich übertragen werden.

(4) Bei der Ausfuhr von Salz nach Bayern nach Art. 28 erhebt die Republik Österreich weder Zölle noch sonstige Abgaben.

Artikel 31

Wegen einer Streitsache, die sich auf einen Gegenstand der Salinenkonvention in der Fassung des Abkommens von 1957 bezieht und an der der Freistaat Bayern beteiligt ist, kann ein österreichisches Gericht oder eine österreichische Verwaltungsbehörde erst dann angerufen werden, wenn Vergleichsverhandlungen ohne Ergebnis verlaufen sind. Die Vergleichsverhandlungen sind durch einen Antrag beim Amt der Salzburger Landesregierung und in Angelegenheiten des Dritten und Vierten Abschnittes bei der Generaldirektion der Österreichischen Salinen einzuleiten. Diese Stellen haben das Einvernehmen mit der Oberforstdirektion München oder mit dem Bayerischen Oberbergamt je nach deren sachlicher Zuständigkeit zu pflegen und zu versuchen, die Angelegenheit binnen einer angemessenen Frist, längstens jedoch binnen drei Monaten, gütlich beizulegen. Auf Antrag eines der Beteiligten sind im Zug des Vergleichsverfahrens die sachlich in Betracht kommenden Bundesministerien der Republik Österreich und die zuständigen Staatsministerien des Freistaates Bayern mit dem Schlichtungsversuch betraut. In diesem Fall verlängert sich die Frist auf längstens sechs Monate vom Zeitpunkt der ersten Antragstellung. Die Verjährung ist während der Anhängigkeit des Vergleichsverfahrens gehemmt.

Die beschwerdeführende Partei weist auf den Umstand hin, dass die Kommunalsteuerbescheide der Gemeinde an die "Bayerische Saalforstverwaltung" adressiert waren. Sie hätten an den Freistaat Bayern gerichtet sein müssen.

Es trifft zu , dass die von den Abgabenbehörden der Gemeinde gewählte Formulierung des Bescheidadressaten verfehlt ist, da nach § 6 KommStG Steuersubjekt der Unternehmer ist und nicht eine unselbständige Einrichtung des Unternehmens.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aber schon wiederholt die Rechtsansicht geäußert, dass die unrichtige Anführung einer nicht rechtsfähigen Einrichtung eines Rechtsträgers an der Stelle des Rechtsträgers selbst als Adressat eines abgabenrechtlichen Bescheides der Wirksamkeit des Bescheides nicht im Wege steht, wenn unter Berücksichtigung der objektiven Rechtslage und der Begründung des Bescheides schon für den Betroffenen nicht mehr zweifelhaft sein kann, dass die Verwaltungsbehörde eine bescheidmäßige Erledigung gegenüber dem Rechtsträger selbst treffen wollte und getroffen hat (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 91/15/0085 und vom , 99/13/0002).

Die Voraussetzungen sind im Beschwerdefall gegeben:

Die objektive Rechtslage spricht dafür, dass sich die Behörde an den Rechtsträger selbst wenden wollte, da nur dieser Steuersubjekt der Kommunalsteuer sein kann. Die Begründung der Bescheide des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom setzt sich mit der Frage der Steuerbefreiung nach Art. 29 der Salinenkonvention auseinander. Dem Wortlaut nach bestimmt Art. 29 Abs. 1 der Salinenkonvention, dass nur der Freistaat Bayern hinsichtlich der betroffenen Grundstücke von den Steuern auf Einkommen, Ertrag, und Vermögen befreit ist. Die "Bayerische Saalforstverwaltung" verwaltet lediglich die Forstgebiete für den Freistaat Bayern als nichtrechtsfähige Einrichtung. Indem sich der Bürgermeister der mitbeteiligen Gemeinde in den erstinstanzlichen Bescheiden mit dem inhaltlichen Anwendungsbereich der Steuerbefreiung auseinander gesetzt hat, gab er zu erkennen, dass er vom Freistaat Bayern als dem Steuerschuldner ausgeht. Auch in der Berufungsentscheidung der Gemeindevorstehung vom ist davon die Rede, dass die Steuerbefreiung für den Freistaat Bayern in Streit steht.

Offenkundig zweifelte auch der Beschwerdeführer nicht daran, dass die Abgabenbescheide für ihn ergingen. In der Berufung vom wird auf die in Rede stehende Steuerbefreiung Bezug genommen und damit zum Ausdruck gebracht, dass hier der Freistaat Bayern potenzieller Steuerschuldner der Kommunalsteuer ist.

Der Beschwerdeführer rügt die Unzuständigkeit der Abgabenbehörden, da die nach Art. 31 der Salinenkonvention erforderlichen Vergleichsverhandlungen nicht durchgeführt wurden.

Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer ist gemäß § 5 KommStG die Summe der Arbeitslöhne. Die Kommunalsteuer ist daher eine Steuer von der Lohnsumme iSd Art. 29 der Salinenkonvention.

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob dem Beschwerdeführer die Steuerbefreiung nach Art. 29 der Salinenkonvention zu gewähren ist. Der Streit bezieht sich somit auf einen Gegenstand der Salinenkonvention. Beteiligter dieses Streits ist der Freistaat Bayern als von der Gemeinde herangezogener Steuerschuldner.

Im Beschwerdefall liegt ein Streitfall i.S.d. Art. 31 der Salinenkonvention vor. Vergleichsverhandlungen sind durchzuführen, wenn Streit über einen Gegenstand der Salinenkonvention besteht. Dass es sich im gegenständlichen Verfahren um eine streitige Angelegenheit handelt, war für die Abgabenbehörden spätestens ab der Einlegung der Berufung evident, so dass zumindest die Gemeindevorstehung für den Erlass des Berufungsbescheides nicht (mehr) zuständig war. Ein Antrag war insoweit nicht erforderlich (vgl. das ebenfalls zur Salinenkonvention ergangene hg. Erkenntnis vom , 2000/07/0279).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die österreichischen Verwaltungsbehörden erst dann zu einer Entscheidung zuständig gewesen wären, wenn das in Art. 31 der Salinenkonvention umschriebe "Verwaltungsvorverfahren" ohne Ergebnis abgewickelt worden wäre. Dieses Verfahren hat nicht stattgefunden.

Die belangte Behörde hätte daher den Bescheid der Gemeindevorstehung infolge derer Unzuständigkeit aufheben müssen (vgl nochmals das hg Erkenntnis 2000/07/0279). Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage und belastete ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war somit gem. § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001.

Wien, am