VwGH vom 30.03.1995, 93/17/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der XY-reg.Gen.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8 - K 522/1987 - 11, betreffend Getränke- und Speiseeisabgabe für die Jahre 1981 bis 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erließ an die Beschwerdeführerin den Bescheid vom mit folgendem Inhalt:
"BESCHEID
Eine Überprüfung der Getränke- und Speiseeisabgabe der Grazer Betriebsstätten des XY-reg.
Genossenschaft m.b.H.,für den Zeitraum bis mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Aufzeichnungen durch die Abteilung Steuer- und Abgabenkontrolle des Magistrates Graz hat ergeben, daß vom bis und bis die Selbstbemessung der Getränke- und Speiseeisabgabe in den gemäß § 6 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung abzugebenden Erklärungen zu niedrig war.
Die Getränke- und Speiseeisabgabe wird daher für die obigen Zeiträume gemäß § 153 (2) der Stmk.
Landesabgabenordnung 1963, i.d. geltenden Fassung, von der Abgabenbehörde festgesetzt.
SPRUCH
Aufgrund des Prüfungsergebnisses und in Anwendung des § 153
(2) der Stmk. Landesabgabenordnung vom , LGBl. Nr. 158, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 3 und 6 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz, wird für den XY-reg. Gen.m.b.H., Wien, die Getränke- und Speiseeisabgabe
für das Jahr 1981 mit S 6.799.268,--
für das Jahr 1982 mit S 7.183,238,--
für das Jahr 1983 mit S 7.317.781,--
für das Jahr 1984 mit S 7.153.407,--
für das Jahr 1985 mit S 8.014.748,--
Summe S 36.468.442,-- festgesetzt.
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Demgegenüber steht die vom Abgabepflichtigen im Wege der Selbstbemessung einbekannte Abgabe
für das Jahr 1981 von S 6.796.329,--
für das Jahr 1982 von S 7.183.238,--
für das Jahr 1983 von S 6.420.383,--
für das Jahr 1984 von S 6.718.945,--
für das Jahr 1985 von S 6.598.746,--
Summe S 33.717.641,--
Die sich daraus ergebende Differenz von S 2,750.801,--, zuzüglich S 55.016,-- Säumniszuschlag, ist innerhalb eines Monates nach Erhalt des Bescheides einzuzahlen."
In der dagegen erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin - soweit in diesem Verfahren von Relevanz -, die Abänderung des Bescheides und Berücksichtigung eines Prozentanteiles von 18,3 % im Jahre 1984 und 17,4 % im Jahre 1985 für Getränke- und Speiseeiswareneingänge, die in Graz verkauft jedoch außerhalb von Graz verbraucht worden seien. Ferner die Berücksichtigung der nicht in Graz verbrauchten Getränke- und Speiseeiswareneingänge in den Jahren 1981 bis 1983 mit einem etwa gleich hohen Anteil, wie er für 1984 und 1985 von der Beschwerdeführerin ermittelt worden sei.
Die sodann im Instanzenzug ergangenen Entscheidungen des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz waren Gegenstand von Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom , B 970/89-8, vom , V 46/91-13, und vom , B 352/91-6). Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis vom hat der Verfassungsgerichtshof den (Ersatz-)Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom aufgehoben, weil er sich auf Bestimmungen stütze, die infolge der bereits angeführten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom und nicht mehr anzuwenden gewesen seien, und die Behörde insoweit gesetzlos vorgegangen sei.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde nach Ergehen dieses Erkenntnisses die Säumnisbeschwerde vom erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluß vom , Zl. 92/17/0050, dieses Verfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG wegen Nachholung des versäumten Bescheides vom ein.
Der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom hat folgenden Inhalt:
"BESCHEID
SPRUCH
Der Berufung der XY-reg.Gen.m.b.H., Wien, vertreten durch den XY-Verband, Revisionsverband der Österr. XY-Genossenschaften, Wien, gegen den Bescheid vom , A 8a - St.Nr. 1/616/1986, betreffend die Festsetzung der Getränke- und Speiseeisabgabe in den Grazer Betriebsstätten für den Zeitraum 1981 bis 1985 wird gemäß § 213 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung 1963, LGBl. Nr. 158 i.d.F. LGBl. Nr. 41/1988 in Verbindung mit § 2 Abs 1 des Getränkeabgabegesetzes vom , LGBl. Nr. 23 i.d.F. LGBl. Nr. 85/1988 und § 1 des Speiseeisabgabegesetzes vom , LGBl Nr 44 in Verbindung mit § 3 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom ,
A 8 - 423/12 - 1978 i.d.F. des GRB vom ,
A 8 - K 339/1985 - 6, und GRB vom ,
A 8 - K 498/1991 - 1 über die Erhebung einer Abgabe von Getränken und Speiseeis (Getränke- und Speiseeisabgabe-Verordnung 1992) stattgegeben.
Der erstinstanzliche Bescheid wird dahingehend abgeändert, als die Getränke- und Speiseeisabgabe für die Jahre 1981 - 1985 - wie auch für diesen Zeitraum bereits einbekannte Abgabe - wie folgt festgesetzt wird:
Jahr Bemessungsgrundlage Abgabe
S S
1981 67.963.296,-- 6.796.329,--
1982 71.832.387,-- 7.183.239,--
1983 64.203.830,-- 6.420.383,--
1984 67.189.449,-- 6.718.945,--
1985 65.987.462,-- 6.598.746,--
33.717.642,--"
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In der Begründung heißt es im wesentlichen, durch die beiden bereits zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom und sei festgestellt worden, daß die erfolgte Hinzurechnung des Entgeltanteiles für Verpackung sowie die Einbeziehung von in Graz verkauften Getränken und Speiseeis, die jedoch in anderen Gemeinden verbraucht worden seien, in die Getränke- und Speiseeisabgabepflicht nicht zu Recht erfolgt sei. Der Berufung sei daher stattzugeben und die Getränke- und Speiseeisabgabe für den Zeitraum 1981 bis 1985 auf Basis der von der Beschwerdeführerin für denselben Zeitraum selbstbemessenen Abgabe in der Gesamthöhe von S 33,717.642,-- festzusetzen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom , B 842/92-7, abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluß vom , B 842/92-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Getränke- und Speiseeisabgabe sowie im Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren verletzt und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hat zunächst Getränkeabgabeerklärungen abgegeben und die darin erklärten Beträge an die Gemeinde abgeführt. Diese Erklärungen haben sich nach Ansicht der Behörde als zu niedrig erwiesen, sodaß der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz im Grunde des § 153 Abs. 2 Steiermärkische LAO die Getränkesteuer mit Bescheid vom festsetzte. Schon in der Berufung gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin beantragt, bei der Festsetzung der Abgaben den Außerortverbrauch ihren Angaben entsprechend zu berücksichtigen. Diesem Begehren trägt der angefochtene Bescheid nicht Rechnung. Zwar wurde nach dem Bescheidspruch und nach der Begründung des angefochtenen Bescheides der Berufung stattgegeben, dies trifft aber insoweit nicht zu, als die von der Beschwerdeführerin begehrte Berücksichtigung des Außerortverbrauches tatsächlich nicht erfolgte. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid vielmehr auf die Höhe der erklärten Abgaben zurückgezogen und dabei übersehen, daß der Bescheid vom an die Stelle der Selbstbemessung getreten ist (vgl. das zur vergleichbaren Salzburger Landesabgabenordnung ergangene Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0187 u.a.). Dieser Bescheid ist mit Berufung voll anfechtbar und bei berechtigtem Berufungsbegehren in jeder Richtung abzuändern. Im Berufungsverfahren war auf das gesamte Berufungsbegehren, somit auch auf Umstände einzugehen, die bei der Abgabenerklärung allenfalls zu Lasten der Beschwerdeführerin unberücksichtigt geblieben sind. Daher sind die Abgaben in diesem Fall mit Bescheid in geringerer Höhe festzusetzen, als sie auf Grund der Selbstbemessung als festgesetzt gegolten haben.
Da die belangte Behörde dies verkannte und den Außerortverbrauch bei der Abgabenfestsetzung unberücksichtigt ließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Abschließend wird auch darauf hingewiesen, daß die bescheidmäßige Abgabenfestsetzung vom vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693/1991 erfolgt ist, sodaß diese Regelung, die an eine NEUfestsetzung anknüpft, im Beschwerdefall nicht anwendbar ist.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.