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VwGH vom 18.10.1999, 98/17/0364

VwGH vom 18.10.1999, 98/17/0364

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der H, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom ,

Zlen. UVS-05/K/05/01063/97, UVS-05/V/05/00417-425/97, UVS-05/K/05/01065/97 und UVS-05/V/05/00437/97, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügungen vom , , , , , und , wurde die Beschwerdeführerin jeweils schuldig erkannt, das mit dem behördlichen Kennzeichen näher bezeichnete mehrspurige Kraftfahrzeug in einer bestimmten Kurzparkzone ohne geltenden Parkschein abgestellt zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurde je Übertretung eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Gegen diese Strafverfügungen erhob die Beschwerdeführerin mit folgender gleich lautender Begründung jeweils Einspruch:


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"1.)
Die Summe ist zu hoch.
Ich bin Studentin und somit mittellos!
2.)
Ich boykottiere das Parkpickerl!"

Mit den Straferkenntnissen vom und gab der Magistrat der Stadt Wien den ausschließlich gegen das Strafausmaß gerichteten Einsprüchen keine Folge und bestätigte die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung schilderte die Beschwerdeführerin zunächst die Sachlage und brachte dabei vor, sie habe während ihrer Studienzeit relativ wenig Geld gehabt. Dieser Betrag habe ganz knapp zum Überleben gereicht. Plötzlich habe sie auch noch ein Parkpickerl bezahlen sollen. Zu der damaligen Zeit sei sie sehr gegen diese Idee der Parkraumbewirtschaftung gewesen. Mittlerweile besitze sie das Parkpickerl und finde diese Idee eigentlich ganz gut. Damals habe sie versucht zu boykottieren. Sie habe niemals damit gerechnet, dass die Summe von S 300,-- pro Parkstrafe automatisch auf S 3.000,-- hinaufgesetzt werde. Sie sei der Meinung gewesen, sollte der Boykott nicht funktionieren, müsste sie schlimmstenfalls S 300,-- Strafen bezahlen. Sie müsse Zustellungsmängel geltend machen, weil sie als Studentin viel Zeit in Kärnten verbracht habe. Während ihrer Abwesenheit sei der PKW von verschiedenen Studienkollegen benützt worden. Wer wann gefahren sei, könne sie leider nicht mehr genau rekonstruieren. Sie ersuche nochmals, die Zustellung der Bescheide zu überprüfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte die angefochtenen Straferkenntnisse. Dies mit der Begründung, mit den Straferkenntnissen sei den Einsprüchen gegen die Strafverfügungen, die sich ausschließlich gegen das Strafausmaß richteten, keine Folge gegeben worden. Im Verwaltungsstrafverfahren gelte das so genannte Kumulationsprinzip. Das bedeute, dass für jedes Delikt eine eigene Strafe, bei einer Mehrheit von Delikten somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen seien. Zu den behaupteten Zustellmängeln werde bemerkt, dass sämtliche behördliche Schriftstücke ordnungsgemäß zugestellt worden seien und sich keinerlei Anhaltspunkte für einen etwaigen Zustellungsmangel ergeben hätten. Die Beschwerdeführerin habe die Behauptung weder präzisiert noch durch geeignete Bescheinigungsmittel belegt. Die Taten der Beschwerdeführerin schädigten in nicht unerheblichem Maß das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Die Vorgangsweise und Eigenverantwortung der Beschwerdeführerin - sie habe damals versucht das Parkometergesetz zu boykottieren - lasse erkennen, dass die Verletzung der Abgabepflicht vorsätzlich erfolgt sei, weshalb das Verschulden der Beschwerdeführerin als erheblich anzusehen sei. Bei der Strafbemessung seien als erschwerend zahlreiche zum jeweiligen Tatzeitpunkt einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen, als mildernd kein Umstand zu werten. Die ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Stipendium als Studentin ca. S 8.800,-- monatlich, keine Angaben zum Vermögen bzw. den Sorgepflichten) seien bereits bei der erstinstanzlichen Strafbemessung berücksichtigt worden. Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe, insbesondere das Verschulden der Beschwerdeführerin sowie den für die Verwaltungsübertretungen vorgesehenen Strafsatz, seien die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal keinerlei Milderungsgründe hervorgekommen seien. Eine Herabsetzung der Geldstrafen komme daher nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, weil mildere Strafen gerade angesichts der zahlreichen einschlägigen Vormerkungen - bei mehr als 20 dieser Geldstrafen sei bereits die Höchststrafe von S 3.000,-- verhängt worden - kaum geeignet wären, die Beschwerdeführerin von einer neuerlichen Wiederholung dieser Taten abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Absehen von der Verhängung der Höchststrafe und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens

vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist gemäß § 49 Abs. 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40 VStG. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruchs ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Für die Beurteilung der Frage, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, kommt es auf den Inhalt dieses Einspruches in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/07/0010).

Die Beschwerdeführerin hat in der Begründung des Einspruches vorgebracht, die Summe sei zu hoch, sie sei Studentin und somit mittellos und sie boykottiere das Parkpickerl.

Mit diesem Einspruch wurde das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges ohne gültigen Parkschein nicht in Abrede gestellt und das schuldhafte Verhalten nicht bestritten. Es wurde auf den Boykott des Parkpickerls verwiesen und dabei das - nicht ohne weiteres nachvollziehbare - Motiv des Verhaltens offen gelegt. Ein ausdrücklicher Antrag auf Entscheidung über die verhängte Strafe wurde nicht gestellt. Auf einen solchen ausdrücklichen Antrag kommt es aber nach § 49 Abs. 2 VStG nicht an, sondern auf den Inhalt des Einspruches. Nach dem Inhalt des Einspruches wendete sich die Beschwerdeführerin nur gegen die Höhe der Strafe. Wenn die belangte Behörde auf Grund dieses Inhaltes des Einspruches davon ausgegangen ist, dass mit diesem Einspruch ausschließlich das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wurde, dann erweist sich dies nicht als rechtswidrig.

Da mit dem Einspruch der Beschwerdeführerin nur das Strafausmaß, aber nicht der Schuldspruch angefochten wurde, wurde der Schuldspruch rechtskräftig und im weiteren Verfahren war nur mehr über die Höhe der Strafe, nicht aber über die Schuldfrage abzusprechen. Mit der Behauptung, die Strafe wäre Dritten gegenüber zu verhängen gewesen, hatte sich die belangte Behörde nicht mehr inhaltlich auseinander zu setzen, weil bereits Rechtskraft über den Schuldspruch eingetreten war.

Wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist, oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder auf Grund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, dann ist nach § 51e Abs. 1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.

Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Strafe verhängt wurde, dann kann gemäß § 51e Abs. 2 VStG , BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. Nr. 620/1995, eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, dass eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.

Mit den bekämpften Straferkenntnissen wurde jeweils eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verlangt. Die belangte Behörde konnte daher von der Durchführung einer solchen selbst dann Abstand nehmen, wenn in der Berufung - unzulässigerweise - nicht nur die Höhe der Strafe bekämpft wurde. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin geht auch die im Verwaltungsstrafverfahren zu beachtende und nach Meinung der Beschwerdeführerin verletzte Manudukionspflicht nicht so weit, dass ein Beschuldigter zur Erhebung bestimmter Einwendungen und deren inhaltliche Ausgestaltung angeleitet werden müsste (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0765).

Die Verhängung der Geldstrafe von jeweils S 3.000,-- wurde im angefochtenen Bescheid begründet. Dabei wurde auch auf die Einkommens- und Vermögenssituation der Beschwerdeführerin Bedacht genommen. Die Beschwerdeführerin hat versucht, die "Parkpickerl"-Regelung zu boykottieren und dabei absichtlich die Parkometerabgabe nicht entrichtet. Die Verhängung einer Geldstrafe von jeweils S 3.000,-- ist in einem solchen Fall aus den bereits im angefochtenen Bescheid genannten Gründen nicht rechtswidrig.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am