VwGH vom 21.04.2005, 2002/15/0036
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der B in T, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Prechtlgasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Geschäftsabteilung 10) vom , GZ. RV/306-10/01, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz leitete mit Bescheid vom gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 83 Abs. 1 Finanzstrafgesetz das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, dass sie als Geschäftsführerin der H. & Partner Baumanagement GmbH
1. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben für das Kalenderjahr 1998 und zwar von Körperschaftsteuer in Höhe von S 73.413,-- und für die Kalenderjahre 1996 - 1998 von Kapitalertragsteuer in Höhe von
S 15.332,--, S 21.331,-- und S 11.999,-- bewirkt,
2. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben für das Kalenderjahr 1999 und zwar von Umsatzsteuer in Höhe von S 448.234,-- und von Kapitalertragsteuer in Höhe von S 205.975,-- zu bewirken versucht und
3. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG "1972" entsprechenden Voranmeldungen für die Zeiträume 1/2000 und 3/2000 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von S 109.900,-- und S 40.900,-- bewirkt und dies nicht für möglich, sondern für gewiss gehalten
und hiemit ein Finanzvergehen zu 1. nach § 33 Abs. 1, zu
2. nach §§ 13 und 33 Abs. 1 und zu 3. nach § 33 Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz begangen habe.
Zur Begründung wurde auf die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht vom verwiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen den Einleitungsbescheid erhobenen Administrativbeschwerde im Hinblick auf die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages an Körperschaftsteuer 1998 insoweit stattgegeben, als lediglich ein Betrag in Höhe von S 16.320,-- anzusetzen sei; im Übrigen wurde die Administrativbeschwerde als unbegründet abgewiesen, der Spruch des Einleitungsbescheides betreffend Kapitalertragsteuer jedoch insofern berichtigt, als der Verdacht bestehe, die Beschwerdeführerin habe vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, Abgaben, die selbst zu berechnen seien, nicht entrichtet, nämlich Kapitalertragsteuer in den Jahren 1996 bis 1999 in ziffernmäßig bestimmter Höhe und sie habe hiermit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b Finanzstrafgesetz begangen. In der Begründung wurde nach Gesetzeszitaten ausgeführt, dem Einleitungsbescheid liege folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Beschwerdeführerin sei im Tatzeitraum handelsrechtliche Geschäftsführerin der näher bezeichneten Bau-GmbH gewesen. Im Jahr 1999 und im Zeitraum Jänner bis März 2000 seien Vorsteuern aus Eingangsrechnungen der Firmen Agros Bau- und Handels GmbH, Boss Bau GmbH und Wajta Bau GmbH geltend gemacht worden; und zwar 1999 hinsichtlich der Agros Bau- und Handels GmbH S 82.000,--, der Boss Bau GmbH S 38.400,-- und der Wajta Bau GmbH S 327.833,--. Im Zeitraum Jänner und März 2000 seien insgesamt S 150.800,-- aus Eingangsrechnungen dieser Firmen geltend gemacht worden. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Betriebsprüfers hätten die Geschäftsführer dieser Subunternehmer nicht aufgefunden werden können. Es seien für diese Gesellschaften keine Gewerbeberechtigungen vorgelegen. Diese hätten keine Dienstnehmer bei der Krankenkasse gemeldet gehabt und es seien auch keine Kraftfahrzeuge von diesen angemeldet worden. Diese Gesellschaften hätten der von der Beschwerdeführerin geleiteten GmbH lediglich nicht zur Gebietskrankenkasse gemeldete ausländische Arbeitskräfte gegen Abrechnung in "Pauschalform" zur Verfügung gestellt. Die Subunternehmer hätten im Tatzeitraum keinen Bürositz gehabt.
Weder die Wajta Bau GmbH noch deren im Tatzeitraum im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer seien steuerlich erfasst gewesen. An der angegebenen Adresse dieser GmbH befinde sich ein aufgelassenes Betriebsgelände. Die Eigentümerin habe erklärt, weder einen Mietvertrag mit dieser GmbH noch mit einem der für sie handelnden Personen abgeschlossen zu haben.
Die Boss Bau GmbH sei mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und infolge Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels kostendeckenden Vermögens am "aufgelöst" worden. Am sei die angegebene Anschrift dieser GmbH "aufgesucht" worden. Die Vermieterin dieses Objektes habe zwar einen Untermietvertrag vom vorgelegt, sie habe jedoch angegeben, das Büro werde seit Monaten nicht benützt, sodass der Vertrag mit Mitte Juni 1999 aufgelöst werde. Der im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer sei an einer Scheinadresse gemeldet gewesen. Der Geschäftsführer sei weder dem für die genannte Adresse zuständigen Postamt noch der Fremdenpolizei bekannt gewesen. Laut Mitteilung der Meldebehörde sei der Geschäftsführer mit nach Kroatien abgemeldet worden. Eine Ausforschung des Aufenthaltes des Geschäftsführers dieser GmbH sei daher nicht möglich gewesen. Die ehemaligen Geschäftsführer dieser GmbH hätten unabhängig voneinander angegeben, dass das Schriftbild der gegenständlichen Eingangsrechnungen nicht mit den von ihnen zuvor ausgestellten Rechnungen übereinstimme. Die Rechnungen der Boss Bau GmbH würden lediglich Pauschalbeträge ausweisen. Es sei den Rechnungen nicht zu entnehmen, welche konkreten Leistungen durch welche Personen erbracht worden seien.
Die Argos Bau- und Handels GmbH sei mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet worden und infolge Eröffnung des Konkursverfahrens am "aufgelöst" worden. Die GmbH sei an dem bekannt gegebenen Betriebssitz nicht "existent" gewesen. Der ausgeforschte Buchhalter dieser GmbH habe erklärt, weder den Firmensitz noch den Aufenthalt des Geschäftsführers zu kennen. Er sei lediglich in unregelmäßigen Abständen von einer Bürokraft kontaktiert worden. Seit März 2000 habe er keine Zahlung mehr erhalten, weshalb er die Buchhaltungstätigkeit bzw. die Lohnverrechnung für diese GmbH eingestellt habe. Eine Kontaktaufnahme mit den für die GmbH handelnden Personen sei nicht möglich gewesen. Die von der GmbH ausgestellten Rechnungen würden lediglich Pauschalsummen ausweisen. Eine Überprüfung, wer welche Leistungen in welcher Arbeitszeit erbracht habe, sei nicht durchführbar.
Auf Grund des Erscheinungsbildes dieser drei Subunternehmer sei davon auszugehen, dass "Deckungsrechnungen" vorlägen und sohin der Vorsteuerabzug nicht zustehe. Es seien im Zusammenhang mit der Unterdeckung der Lebenshaltungskosten der Beschwerdeführerin Zweifel an der Höhe der tatsächlich ausbezahlten Beträge entstanden. Es sei daher ein Betrag in Höhe von S 500.000,-- als Fremdleistungsaufwand nicht anerkannt worden. Die Jahreserklärungen 1999 seien am beim Finanzamt eingelangt; es sei zu keiner Abgabenfestsetzung gekommen, es liege daher lediglich ein Versuch betreffend Umsatzsteuerkürzung 1999 vor.
Der im Jahr 1999 in den sonstigen Aufwendungen enthaltene Betrag für Verbrauchsmaterial (Aufwand "Privatexekution" Ewald H., Holzhandlung M.) in Höhe von S 46.988,-- sei als Privataufwand auszuscheiden gewesen. Die drei Posten Privatnutzung Pkw, Berichtigung Fremdleistungen und sonstiger Aufwand seien als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet und der Kapitalertragsteuer unterzogen worden. Bezüglich eines der beiden Firmen-Pkw's sei eine Privatnutzung von 70 % angesetzt worden. Zuvor sei kein Privatanteil ausgeschieden worden.
Nach Gesetzeszitaten führte die belangte Behörde weiters aus, sie sei zum Schluss gekommen, dass die Feststellungen der Betriebsprüfung eine qualifizierte Grundlage für den Tatverdacht darstellten. Das Erscheinungsbild der angeblich beschäftigten Subunternehmer weise eindeutig in die Richtung Erstellung von "Deckungsrechnungen" und Beschäftigung von "Schwarzarbeitern". Die Beschwerdeführerin habe nicht davon ausgehen können, dass es sich bei diesen Geschäftspartnern um ordnungsgemäße Unternehmen handle und daher aus den von diesen stammenden Eingangsrechnungen ein Vorsteueranspruch abgeleitet werden könne. Erfahrungsgemäß würden in ähnlich gelagerten Fällen lediglich Teilbeträge auf die in den Rechnungen ausgewiesenen Summen tatsächlich bezahlt. Es erscheine daher begründet, einen Teilbetrag aus diesen Rechnungen als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen. Der Tatverdacht sei somit sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als begründet anzusehen. Die Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit in steuerrechtlicher Hinsicht Verantwortliche des Unternehmens habe um die Unredlichkeit ihrer Vertragspartner und das Nichtzustehen des Vorsteuerabzuges gewusst; hinsichtlich der Notwendigkeit des Ansatzes eines Privatanteiles und der Nichtabzugsfähigkeit des Privataufwandes sei davon auszugehen, dass sie dies ernstlich für möglich gehalten habe.
Hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1998 habe die erste Instanz das Mehrergebnis der Betriebsprüfung angesetzt. In diesem Betrag sei aber auch eine Berichtigung der Luxustangente für einen Pkw enthalten. Hinsichtlich dieses Anteiles sei davon auszugehen, dass ein Verschulden der Beschwerdeführerin nicht erweisbar sein werde. Es sei daher diesbezüglich nur der aus der Nichterfassung der Pkw-Privatnutzung errechnete Betrag von S 16.320,-- anzusetzen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, aus dem angenommenen Sachverhalt ergäben sich noch keine genügenden Verdachtsgründe für die Einleitung des Strafverfahrens. Dies umso mehr, als die Betriebsprüfung die Ausgaben unter Tz. 21 und 27 voll anerkannt habe. Dem Bescheid könne nicht entnommen werden, auf Grund welcher Tatsachen die Behörde die Annahme des Vorsatzes für begründet erachte. Die Behörde hätte prüfen müssen, ob zum Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen der Beschwerdeführerin hätte bekannt sein müssen, dass die Unternehmereigenschaft der drei genannten Subunternehmen nicht vorgelegen sei. Die genannten Gesellschaften seien im Firmenbuch eingetragen gewesen. Es sei nicht zu ersehen, warum die Beschwerdeführerin sicheres Wissen über die organisatorischen Mängel dieser Gesellschaften hätte haben sollen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens, dass gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Der Verdacht muss sich dabei sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Aus der Begründung muss sich ergeben, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 99/15/0217). Die belangte Behörde legte ihrem Bescheid die Ergebnisse des Berichtes der Buch- und Betriebsprüfung bei der H. & Partner Baumanagement GmbH zu Grunde. Diese Ergebnisse werden in der Beschwerde nicht angezweifelt. Es ist nicht rechtswidrig, wenn die Behörde in den Ergebnissen dieser Prüfung genügende Verdachtsgründe (§ 82 Finanzstrafgesetz) für die Annahme der objektiven Tatseite der der Beschwerdeführerin angelasteten Finanzvergehen erblickt hat, weil die Begehung der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Finanzvergehen einen Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht hat, der ihn von einer bloßen Vermutung abhebt.
Auch die Einwände der Beschwerdeführerin gegen das Vorliegen der subjektiven Tatseite sind unbegründet. Die belangte Behörde ist unwidersprochen davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin über einen längeren Zeitraum Eingangsrechnungen, die nicht den Erfordernissen des UStG 1994 entsprachen, in ihr Rechenwerk aufgenommen hat. Im Verfahren konnte bisher keine einzige Person, die für die drei genannten Gesellschaften gehandelt hätte, identifiziert werden. Die Abgabenbehörde ist auf Grund eines umfangreichen Ermittlungsergebnisses davon ausgegangen, dass diese genannten Gesellschaften im Tatzeitraum über keinen Bürositz verfügten. Wenn angesichts dieser Umstände die belangte Behörde von einem - im Rahmen der zu prüfenden Verdachtslage - Wissen der Beschwerdeführerin um die Unredlichkeit dieser ihrer "Vertragspartner" ausgegangen ist, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Während die Behörde im Straferkenntnis zu begründen hat, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, muss im Einleitungsbescheid lediglich begründet werden, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Ob die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 ff Finanzstrafgesetz vorbehalten.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am