VwGH vom 11.12.1990, 90/14/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 6/10/2-BK/S-1990, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer steuer 1984 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer übernahm 1984 eine selbständige Trafik, nachdem er bereits vorher eine unselbständige Trafik an einem anderen Standort geführt hatte. Er schrieb den Firmenwert der selbständigen Trafik in den Streitjahren zu jeweils 1/5 wie für ein abnutzbares Wirtschaftsgut ab. Für die Richtigkeit dieses Vorganges führte er ins Treffen, es hätten sich nicht nur er, sondern mehrere bevorzugte Personen um die Trafik beworben, er sei daher unter starkem Konkurrenzdruck gestanden. Es handle sich bei der Trafik nämlich um einen durch den teilweise wirksamen Wettbewerbsschutz sicheren Erwerb, ohne daß hohe Anforderungen an die Ausbildung gestellt würden. Auch wenn der Standort der Trafik formell weitgehend geschützt sei, bleibe für den Erfolg die Leistung des Unternehmers ausschlaggebend. Dieser sei nicht allein an der Umsatzentwicklung abzulesen, sondern müsse im Verhältnis zu den Rahmenbedingungen gesehen werden. Für den Verkauf von Zeitungen bestehe kein Gebietsschutz. In der Nähe habe ein Kaufhaus mit dem Verkauf von Zeitungen und Tabakwaren in einer nichtselbständigen Trafik begonnen. Durch die großen Einkaufszentren, in deren Einzugsgebiet der Standort liege, werde viel Kaufkraft für die Produkte einer Trafik abgezogen. Die hohe Mobilität der Kundschaft, die zum Großteil mit dem Fahrzeug zum Einkaufen komme, begünstige dies. Durch besonderen unternehmerischen Einsatz und Geschick könnten entferntere Kunden angezogen werden. Die Einwohnerzahl im Umkreis sei gleich geblieben. Der Beschwerdeführer sei der erste, der einen Lotto-Computer in Einsatz genommen habe, wodurch die Umsätze sprunghaft gestiegen seien. Die Entwicklung der Umsätze könne daher sehr wohl auf den persönlichen Einsatz des Unternehmers zurückgeführt werden. Zwischen 1985 und 1989 liege die Umsatzsteigerung bei 41,7 Prozent.
In dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die belangte Behörde bei Festsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer die Abschreibung des Firmenwertes mangels dessen Abnutzbarkeit. Wegen der im einzelnen dargestellten rechtlichen Einschränkungen durch das Tabakmonopolgesetz und die allgemeinen Vertragsbedingungen für Trafikanten der Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft (in der Folge: AVBT) sei der Rahmen für eine eigene Geschäftspolitik der Tabakverschleißer sehr eng. Schon für die Errichtung eines Tabakverschleißgeschäftes sei es Voraussetzung, daß eine nicht zumutbare Schmälerung des Ertrages benachbarter Tabakverschleißgeschäfte ausgeschlossen erscheine. Dies sichere eine gewisse Monopolstellung. So sei es auch im Beschwerdefall gewesen, weil in den Streitjahren in weitem Umkreis keine zweite Tabaktrafik vorhanden gewesen sei und auch keine Zeitschriften verkauft worden seien. Sonderangebote oder andere eigenständige Werbung sei durch die AVBT verboten. Nach diesen könne auch die Produktpalette nicht beliebig vergrößert werden. Im Hinblick auf die gesetzlichen und vertraglichen Schutzmechanismen und Einschränkungen habe die Aufgabe der rechtlichen Stellung eines Trafikanten an dem nicht frei wählbaren Standort an sich einen bestimmten Wert. Das Warenangebot sei der Bevölkerung bekannt; Raucher bervorzugten eine bestimmte ständig konsumierte Tabakware und benötigten daher keine ausführliche Beratung. Eine solche sei auch bei Zeitschriften bzw. beim Ausfüllen von Lotto- und Toto-Scheinen selten notwendig. Der persönliche Einsatz liege daher in der freundlichen und liebenswürdigen Bedienung. Kunden würden kaum mehr als einen Kilometer Weg in Kauf nehmen, um aus diesem Grund bei einem anderen Trafikanten einzukaufen. Der Beschwerdeführer habe damit rechnen können, bei gleichem Arbeitsaufwand, den schon sein Vorgänger geleistet habe, zumindest den gleichen Erfolg zu erzielen und den erworbenen Geschäftswert auch ungeachtet der persönlichen Leistung des Vorgängers zu erhalten. Die persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten des Vorgängers könnten daher nicht ausschlaggebend für den Firmenwert gewesen sein. Die Umsatzsteigerungen zwischen 1984 und 1989 im Ausmaß von 41,7 Prozent seien zum kleinen Teil auf Preiserhöhungen, zum größten Teil auf geänderte Rahmenbedingungen (Einsatz eines Lotto-Computers, Ausweitung des Warensortiments) und auf die Tüchtigkeit des Beschwerdeführers zurückzuführen; sie seien aber kein Beweis dafür, daß der erworbene Firmenwert überwiegend von den persönlichen Leistungen des Rechtsvorgängers geprägt gewesen sei. Die belangte Behörde sei daher in freier Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, daß der Firmenwert im wesentlichen auf den günstigen Standort und den Wettbewerbsschutz zurückzuführen sei und er mangels Teilbarkeit in einzelne Komponenten als Einheit betrachtet kein abnutzbares Wirtschaftsgut darstelle.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Berücksichtigung der Abschreibung für Abnutzung vom Firmenwert bei Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen für den Streitzeitraum verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß der auf den Firmenwert entfallende Teil des Kaufpreises für die Trafik im Geschäftsverkehr regelmäßig keiner weiteren Unterteilung unterliegt und folglich ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellt, das je nach Art und Gewichtung seiner Wertfaktoren entweder zur Gänze als abnutzbar oder zur Gänze als nicht abnutzbar anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/13/0062, ÖStZB 1987, 7). Anhaltspunkte für eine Teilbarkeit haben sich im Beschwerdefall nicht ergeben.
Es ist daher die Frage nach der Gewichtung abnutzbarer und nicht abnutzbarer Komponenten und damit nach dem Überwiegen der einen oder anderen zu beantworten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat es in seinem Erkenntnis vom , 84/13/0289, ÖStZB 1987, 274, als nicht unrichtig angesehen, dann davon auszugehen, daß der Firmenwert einer erworbenen Tabaktrafik ganz wesentlich von Wertkomponenten bestimmt wird, die auf die persönlichen Fähigkeiten und Leistungen des jeweiligen Unternehmers zurückzuführen sind, wenn der Erwerber innerhalb von vier Jahren seinen Umsatz um ca. 150 Prozent steigern konnte, dies unter der Voraussetzung, daß sich die äußeren Rahmenbedingungen für das Unternehmen, wie z.B. die Konkurrenzsituation, nicht geändert haben. Im betreffenden Streitfall hatte der Trafikant die Abnutzbarkeit des Wirtschaftsgutes im Berufungsverfahren außerdem darauf gestützt, daß Stammkunden Monatseinkäufe getätigt hätten.
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer weder die Übernahme eines solchen von seinem Rechtsvorgänger erworbenen Stammkundenstockes behauptet, noch eine annähernd vergleichbare Umsatzsteigerung unter gleichen äußeren Bedingungen. Der Feststellung der belangten Behörde, daß die Umsatzsteigerung vom 41,7 Prozent - von Preissteigerungen abgesehen - auf die Ausweitung des Warensortiments durch den Beschwerdeführer, also den Käufer der Trafik, und den erstmaligen Einsatz eines Lotto-Computers durch diesen zurückzuführen sei, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Beide Ursachen für die Umsatzsteigerung zählen aber nicht zu den persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten und Leistungen, die gleichermaßen seinem Vorgänger, dem Verkäufer der Trafik, zugute gehalten werden könnten. Auch die rund 40 prozentige Umsatzsteigerung, die dem Beschwerdeführer von 1985 bis 1989 gelungen war, ist daher im Beschwerdefall kein Indiz dafür, daß der Firmenwert zum überwiegenden Teil auf die persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten und Leistungen des Vorgängers zurückzuführen sei.
Was die einzelnen vom Beschwerdeführer angeführten "Trafikantentugenden" anlangt, ist hiezu folgendes zu sagen:
Die Öffnungszeiten für selbständige Tabaktrafiken werden gemäß Punkt 13 AVBT in den einzelnen Bundesländern von den zuständigen Monopolverwaltungsstellen im Zusammenwirken mit den Landesgremien der Tabakverschleißer geregelt. Sie unterliegen daher nicht der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit. Daß die ansprechende Gestaltung des Verkaufslokales und der Auslagenflächen durch den Vorgänger des Beschwerdeführers den Firmenwert im Vergleich zur Gestaltung durch den Beschwerdeführer maßgeblich positiver beeinflußt haben könnte, hat der Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden nicht vorgetragen, sodaß die betreffenden, im übrigen im Abstrakten steckenbleibenden Behauptungen in der Beschwerde, sollten sie überhaupt konkret gemeint sein, dem Neuerungsverbot unterlägen und deshalb gemäß § 41 VwGG unbeachtlich wären. Gleiches gilt für die Auswahl des Verkaufspersonals, die Lagerhaltung, die Überwachung der Umschlagshäufigkeit der Vorräte, die Warenpräsentation, die Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen und die Erhaltung des nötigen Betriebskapitals. Zu keinem dieser Gesichtspunkte hat der Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden konkretes und nachprüfbares Sachvorbringen erstattet, aus dem zu entnehmen gewesen wäre, daß sein Vorgänger durch diese Maßnahmen den Firmenwert überwiegend beeinflußt hätte.
Auch wenn man mit dem Beschwerdeführer unterstellte, daß sein Vorgänger ein normaler, tüchtiger Unternehmer gewesen sei, ebenso wie der Beschwerdeführer selbst, ist daraus nichts für eine Feststellung zu gewinnen, daß im konkreten Fall der Firmenwert zum überwiegenden Teil auf die persönlichen unternehmerischen Fähigkeiten und Leistungen seines Vorgängers zurückzuführen sei und nicht, wie die belangte Behörde als erwiesen angenommen hat, überwiegend auf die keiner Abnutzung unterliegende rechtlich geschützte Stellung des Trafikanten am betreffenden Standort.
Es widerspricht weder Denkgesetzen noch der Lebenserfahrung, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Firmenwert nicht überwiegend durch unternehmerische Fähigkeiten und Leistungen des Vorgängers bedingt war.
Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde vom Beschwerdeführer nicht ausgeführt. Der Verwaltungsgerichtshof kann eine solche Rechtswidrigkeit auch von sich aus nicht erkennen.
Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, den der Verwaltungsgerichtshof seiner Prüfung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG zugrunde zu legen hat, erweist sich die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde, daß der Firmenwert im Beschwerdefall kein abnutzbares Wirtschaftsgut darstellt und daher eine Absetzung für Abnutzung von ihm nicht in Betracht kommt, als frei von Rechtsirrtum.
Der Beschwerdeführer wird durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes somit in seinen Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.