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VwGH vom 23.10.2000, 98/17/0359

VwGH vom 23.10.2000, 98/17/0359

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde 1. des M und

2. des G, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 84 920/2-I/5/98, betreffend Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz in Angelegenheiten Heimfallsrecht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom ersuchten die Beschwerdeführer (die ein "Büro für Genealogie" betreiben) die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland um Auskunft darüber, welcher Betrag im Verlassenschaftsverfahren nach HF, geborene G, mit näherer Angabe des Todestages und des Abhandlungsgerichtes, als heimfällig vereinnahmt worden sei. Nachdem keine Reaktion der Behörde erfolgte, wurde die Beantwortung am urgiert. Daraufhin wurde den Beschwerdeführern mit Schreiben vom von der Finanzlandesdirektion mitgeteilt, dass die Anfrage an die Finanzprokuratur weitergeleitet worden sei und die Beschwerdeführer an diese verwiesen. Daraufhin richtete der Beschwerdevertreter am ein Schreiben an die Finanzprokuratur, in dem er unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz des Bundes, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. Nr. 357/1990 und 447/1990, um Auskunft über den als heimfällig vereinnahmten Betrag in der Verlassenschaft nach HF ersuchte. Mit Schreiben vom lehnte die Finanzprokuratur die Erteilung der Auskunft ab.

Mit Schreiben vom stellten die Beschwerdeführer einerseits einen Antrag an die Finanzlandesdirektion auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz betreffend die Verweigerung der Auskunftserteilung und richteten andererseits mit Schreiben vom selben Tag ein inhaltsgleiches Auskunftsersuchen an den Bundesminister für Finanzen, in dem für den Fall der Nichterteilung der Auskunft der Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz gestellt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid erledigte die belangte Behörde diesen Antrag mit folgendem Spruch:

"Das Bundesministerium für Finanzen erteilt gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, bezüglich der Verlassenschaft HF, (Geschäftszahl des BG H), keine Auskunft."

Begründend verweist die belangte Behörde auf die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG und gibt ausführlich die Überlegungen der Finanzprokuratur (insbesondere zum rein privaten und wirtschaftlichen Interesse der Einschreiter an der Bekanntgabe der Daten, auf Grund derer sie mögliche Erben ausfindig machen wollten und - wie ein Beispielsfall zeige - mit diesen eine Honorarvereinbarung abzuschließen trachteten) wieder. Im Interesse der gesetzlichen Erben und im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen des Bundes sei die Wahrung der Amtsverschwiegenheit geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Erteilung der Auskunft verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführer haben eine Replik zur Gegenschrift eingebracht, in der darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch dann Ansprüche gegen Erben hätten, die nur durch die Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Inanspruchnahme ihres Erbrechtes erlangt hätten, wenn es nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung gekommen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz (des Bundes), BGBl. Nr. 287/1987, lautet:

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden."

§ 4 Auskunftspflichtgesetz (des Bundes) lautet:

"§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der die Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die Erledigung des Antrags auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz an den Bundesminister für Finanzen ist.

Aus § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz folgt, dass die Verpflichtung der Verwaltungsorgane des Bundes zur Auskunftserteilung durch gesetzliche Verschwiegenheitspflichten beschränkt ist.

Die belangte Behörde hat die Verweigerung der Auskunft neben dem wirtschaftlichen Interesse des Bundes auf die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit im Interesse Privater, nämlich der potentiellen Erben, gestützt und hiezu unter anderem auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. 11.727/A (zur Amtsverschwiegenheit), hingewiesen (es ist daher hier nicht näher auf die Frage einzugehen, inwieweit ein Recht des verstorbenen Erblassers auf Geheimhaltung fortbesteht). Bei der nach Art. 20 Abs. 3 B-VG vorzunehmenden Interessenabwägung seien zwar sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche, politische oder rein persönliche Interessen (des Auskunftswerbers) zu berücksichtigen, entscheidend sei jedoch, dass die Interessen des Auskunftswerbers die Interessen der an der Geheimhaltung interessierten Partei überwiegen (Hinweis auf Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane, 1998, 138). Die belangte Behörde ist bei ihrer Beurteilung von der Feststellung ausgegangen, dass der Geschäftsbetrieb des von den Beschwerdeführern betriebenen Büros für Genealogie auf der Annahme beruhe, dass in den überwiegend durch Zeitungseinschaltung des Erbenaufrufes als vorerst erblos veröffentlichten Nachlässen in Wirklichkeit Erben vorhanden seien. Diese potentiellen Erben hätten binnen einer Frist von 30 Jahren die Möglichkeit, die Herausgabe der als heimfällig vereinnahmten Nachlässe vom Bund zu verlangen. In Übernahme der Überlegungen der Finanzprokuratur ging die belangte Behörde davon aus, dass die potentiellen Erben aber auch das Recht hätten, von den Beschwerdeführern nicht zwecks Unterfertigung einer Honorarvereinbarung behelligt zu werden und den Nachlass ungeschmälert zu erhalten. Aus einer konkreten Anfrage in einer anderen Sache sei auch die Gefahr für die Erben ersichtlich, mit Klage belangt zu werden, wenn sie sich weigerten, eine entsprechende Honorarvereinbarung abzuschließen.

In der Beschwerde wird zunächst auf die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Gründe, im Hinblick auf wirtschaftliche Interessen einer Gebietskörperschaft Amtsverschwiegenheit zu wahren, eingegangen. Hinsichtlich der Argumentation der belangten Behörde zur Amtsverschwiegenheit im Interesse der Parteien (der gesetzlichen Erben), wird in der Beschwerde zunächst auf die Punkte 1 und 2 der Beschwerde, die das Verhältnis zwischen Akteneinsicht und Auskunftsbegehren und die Frage, ob ein Auskunftsbegehren eine Agende der Gerichtsbarkeit sei (sein könne), behandeln, verwiesen. Wenn unter diesen Punkten die Auffassung vertreten wird, dass die begehrte Auskunft schon auf Grund "ihres begrenzten Themas" (etwa im Gegensatz zu einer Akteneinsicht) nicht geeignet sei, die Rechte allfälliger Parteien oder dritter Personen zu beeinträchtigen, so verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Der Umstand, dass die Auskunft eine Wissenserklärung ist (und in Beantwortung des Auskunftsbegehrens keine Akteneinsicht gewährt werden muss), ändert nichts daran, dass durch eine Wissenserklärung Daten und Fakten bekanntgegeben werden können, an deren Geheimhaltung Dritte ein Interesse haben können. Dies kommt auch deutlich in § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz zum Ausdruck, wenn darin - wie schon ausgeführt - Verschwiegenheitspflichten generell als Grenze für die Erteilung von Auskünften genannt werden.

Gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 285/1987 ist die Amtsverschwiegenheit durch die Organe (u.a.) des Bundes über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen zu wahren, wenn dies im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Der belangten Behörde ist im Ergebnis zuzustimmen, wenn sie die Bekanntgabe von Beträgen, die an den Staat heimfallen, im überwiegenden Interesse der Erben als unzulässig angesehen hat. Der Erbe hat ein Interesse daran, dass die Höhe des Nachlasses niemand bekannt gegeben wird. Die Berufung der belangten Behörde auf Art. 20 Abs. 3 B-VG bezüglich der Amtsverschwiegenheit erfolgte auch im Hinblick auf die nunmehr vorzunehmende Abwägung des Geheimhaltungs- mit dem Auskunftsinteresse zu Recht. Daran ändert auch nichts, dass im gegebenen Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann, dass die möglichen Erben uU einen Vorteil aus der Tätigkeit des Instituts der Beschwerdeführer ziehen könnten. Das Einschreiten der Beschwerdeführer zielt auf die Anbahnung einer Geschäftsbeziehung bzw. auf das Entstehen eines Honoraranspruches ohne eine vertragliche Vereinbarung, wobei das bekanntzugebende Datum einerseits die privatrechtliche Disposition der Beschwerdeführer (ob sie überhaupt Erben ausfindig zu machen suchen), andererseits die Höhe des Entgelts in einer möglicherweise entstehenden Geschäftsbeziehung (bzw. des von den Beschwerdeführern in ihrer Replik angesprochenen Honoraranspruches ohne Bestehen einer vertraglichen Vereinbarung) determinieren kann. Es kann daher das Interesse der möglichen Erben an der Geheimhaltung nicht bezweifelt werden. Es liegt im Beschwerdefall nicht ein mit dem Ausgangsfall im hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0131, vergleichbarer Sachverhalt vor, in dem die erbetene Auskunft zur Durchsetzung eines Anspruches des Auskunftswerbers benötigt wurde. Auch eine mit dem dem Erkenntnis vom , Zl. 90/10/0061, zugrunde liegenden Sachverhalt (Interesse am Schutz vor Wettbewerbsverletzungen) vergleichbare Situation liegt nicht vor. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Überwiegen des Auskunftsinteresses im vorliegenden Fall verneint (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0009).

Darüber hinaus wäre die Verweigerung der Auskunft im vorliegenden Fall auch im Hinblick auf § 1 DSG 1978 geboten gewesen. Gemäß § 1 Abs. 2 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden DSG 1978 waren Beschränkungen des Grundrechts auf Datenschutz nur zur Wahrung berechtigter Interessen eines anderen oder auf Grund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. Nr. 210/1958) genannten Gründen notwendig sind. Auch im Falle solcher Beschränkungen war der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten Vorrang zu geben.

Wenngleich auf Grund des DSG 1978 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz nicht generell davon ausgegangen werden konnte, dass die Weitergabe personenbezogener Daten jedenfalls ausgeschlossen war, verlangte § 1 Abs. 2 DSG 1978 ein berechtigtes Interesse an der Weitergabe der Daten. Eine Auskunftserteilung gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz des Bundes kam daher im Hinblick auf § 1 Abs. 2 DSG nur in Betracht, wenn der Auskunftswerber ein berechtigtes Interesse nachweisen konnte. Das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Interesse, allenfalls in geschäftlichen Kontakt mit den Erben treten zu können (und entsprechende Honorare lukrieren zu können), kann nicht als ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne angesehen werden (vgl. zu einem ähnlichen Fall des Privatinteresses das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/01/0438).

Im Übrigen trifft auch die Überlegung zu, dass die Geheimhaltung auch im wirtschaftlichen Interesse der Gebietskörperschaft Bund gemäß Art. 20 Abs. 3 erster Satz B-VG geboten war.

Die vorliegende Beschwerde ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am