VwGH vom 22.04.1997, 96/11/0366

VwGH vom 22.04.1997, 96/11/0366

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. G in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 15-II-1759/96, betreffend Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der "Österreichischen Ärztekammer (richtig wohl: des Vorstandes der Österreichischen Ärztekammer) vom wurde ausgesprochen, daß die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes durch den Beschwerdeführer, einen in Wien niedergelassenen Facharzt, gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 des Ärztegesetzes 1984 erloschen ist. Die Streichung aus der Ärzteliste gemäß § 32 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG wird mit Datum des Bescheides durchgeführt. Gemäß § 36 ÄrzteG wird der Ausweis eingezogen und ist der Österreichischen Ärztekammer unverzüglich abzuliefern. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß gemäß § 32 Abs. 3 ÄrzteG festgestellt wird, daß eine Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht, da seine Berufsberechtigung gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 erster Fall ÄrzteG durch den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit erloschen ist.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben, weil er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wegen der Verbrechen der Veruntreuung und des schweren Betruges verurteilt wurde; mit diesem Urteil wurde über ihn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt; diese sei vom Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom auf vier Jahre und mit einem weiteren Urteil im Wege einer Zusatzstrafe auf fünf Jahre verlängert worden. Die meisten der in den Jahren 1990 bis 1993 begangenen Vermögensdelikte hätten sich im Zusammenhang mit ärztlichen Honoraren unter Ausnützung seiner Vertrauensstellung als Arzt gegen Patienten bzw. deren Angehörige gerichtet. Durch diese gerichtliche Verurteilung sei die Vertrauenswürdigkeit weggefallen. Das dadurch bedingte Erlöschen der Berufsberechtigung sei von der Österreichischen Ärztekammer lediglich festzustellen. Die Streichung aus der Ärzteliste sei von dieser nicht bescheidmäßig zu verfügen; dasselbe gelte für die Ablieferung des Ausweises.

Gemäß § 3 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG ist die Vertrauenswürdigkeit ein Erfordernis zur Ausübung des ärztlichen Berufes. Gemäß § 11a Abs. 3 erster Satz ÄrzteG ist der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit durch eine Strafregisterbescheinigung oder eine vergleichbare Bescheinigung zu erbringen, in der keine Verurteilung aufscheint, die eine verläßliche Berufsausübung nicht erwarten läßt. Gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG erlischt die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes u.a. durch den Wegfall eines im § 3 Abs. 2 angeführten Erfordernisses. Gemäß § 32 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG hat in den Fällen u.a. des Abs. 1 Z. 1 die Österreichische Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und mit Bescheid festzustellen, daß eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht. Gemäß § 36 erster Satz ÄrzteG ist, wer die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes u.a. infolge Erlöschens dieser Berechtigung verloren hat, verpflichtet, den Ärzteausweis der Österreichischen Ärztekammer unverzüglich abzuliefern.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Formulierung des Beschwerdepunktes geltend, er sei in seinem "subjektiven Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und auf ein faires Verfahren verletzt". Er setzt sich in der Ausführung der Beschwerdegründe ferner ausführlich mit der seiner Meinung nach gegebenen Verletzung des "7. Zusatzprotokolles zur Menschenrechtskonvention" auseinander (der Sache nach spricht er damit das Verbot nach Art. 4 Z. 1, eine Person wegen einer strafbaren Handlung, wegen der sie bereits rechtskräftig verurteilt worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht zu stellen oder zu bestrafen, an).

Obwohl er durch diese Formulierungen ausschließlich die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend zu machen scheint, erachtet sich der Verwaltungsgerichtshof nicht gemäß Art. 133 Z. 1 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG für unzuständig, ergibt sich doch aus den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beschwerdegründen, daß er die Annahme seiner Vertrauensunwürdigkeit für unzutreffend und damit eine Verletzung auch einfachgesetzlicher Vorschriften des ÄrzteG für gegeben erachtet.

Die Beschwerde ist aber ungeachtet ihrer Zulässigkeit nicht begründet. Daß der Beschwerdeführer die in Rede stehenden strafbaren Handlungen begangen hat - was er gar nicht in Abrede zu stellen versucht -, steht auf Grund der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung fest. Die belangte Behörde sei an dieser Stelle lediglich darauf hingewiesen, daß die Begehung der strafbaren Handlungen und nicht erst die Verurteilung wegen dieser den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit nach sich zieht.

Daß die strafbaren Handlungen nach Art und Ausmaß - der Beschwerdeführer hat durch mehrere Jahre bei einer Vielzahl seiner Patienten unter Ausnützung seiner Vertrauensstellung schwere Vermögensschäden herbeigeführt bzw. herbeizuführen gesucht, indem er Honorare bzw. Behandlungsentgelte von (zum Teil angeblichen) Krankenanstalten entgegengenommen, die er entweder nicht der Vereinbarung gemäß verwendet oder für die er keine entsprechenden ärztlichen Leistungen erbracht hat - die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ausschließen, kann wohl nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden.

Daran vermögen auch die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen nichts zu ändern. Daß es auch Patienten gibt, die sich von ihm gut behandelt und nicht geschädigt fühlen, zeigt nur, daß er nicht alle Patienten geschädigt hat oder schädigen wollte. Der von ihm beigebrachte Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom , wonach anzunehmen sei, daß der Beschwerdeführer in Zukunft Fehlhandlungen nicht mehr begehen werde und sich diesbezüglich eine günstige Zukunftsprognose erstelle, mag ein Indiz dafür darstellen, daß der Beschwerdeführer nach einer gewissen Zeit seine Vertrauenswürdigkeit wieder zu erwerben in der Lage sein werde. Vor dem Hintergrund der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers und deren - vom Oberlandesgericht Wien in der Begründung für die von ihm verfügte Verlängerung der Freiheitsstrafe hervorgehobene - besondere Verwerflichkeit kommt diesem Befund im Zusammenhang mit der Beurteilung seiner derzeitigen Vertrauenswürdigkeit keine Bedeutung zu.

Ob sich sein Persönlichkeitsbild zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt so weit geändert haben wird, daß er wieder als vertrauenswürdig angesehen werden kann, kann erst in einem allfälligen Verfahren betreffend Wiederaufnahme der Berufsausübung gemäß § 32 Abs. 5 in Verbindung mit § 11a ÄrzteG zur Sprache kommen.

Zu den - in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in verfehlter Weise aufgestellten - mit dem 7. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention zusammenhängenden Behauptungen sei lediglich angemerkt, daß das Erlöschen der Berufsausübungsberechtigung eine gesetzliche Folge des Wegfalls einer Voraussetzung für die Berufsausübung ist und die gesetzlich gebotene Feststellung des Erlöschens keine neuerliche Bestrafung wegen derselben strafbaren Handlung, sondern eine Maßnahme im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit vor vertrauensunwürdigen Ärzten darstellt.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.