VwGH vom 06.11.1990, 90/14/0176
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. 6/165/1-BK/S-1989, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Ingenieurkonsulent für Bauwesen und führt ein Planungsbüro für Wasserwirtschaft. Der österreichische Wasserwirtschaftsverband veranstaltete 1986 aus Anlaß eines internationalen Kongresses der International Association on Waterpollution Research and Control in Rio de Janeiro vom 17. bis 22. August in der Zeit vom 14. bis 31. August eine Studienreise nach Südamerika, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Für sie machte er Aufwendungen von S 49.179,-- als Betriebsausgaben wegen Berufsfortbildung in seiner Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 geltend. Er vertrat die Ansicht, die 18-tägige Studienreise sei ausschließlich beruflich bedingt gewesen, weil sie wegen des Fachprogrammes nur für Wasserwirtschaftler von Interesse gewesen sei. Im übrigen hätte ein Besuch des Kongresses allein mindestens sechs bis sieben Reisetage erfordert und mit Linienflug sowie den notwendigen Übernachtungen 50.000 bis 55.000 S gekostet, weshalb die Studienreise billiger gewesen sei.
Die Abgabenbehörden beurteilten im Instanzenzug die Aufwendungen für die Reise - mit Ausnahme der Kongreßgebühr von S 3.277,-- - jedoch als solche für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972. Nach dem Inhalt des Reiseprogrammes habe die Reise wegen der als Touristikattraktion zu bezeichnenden Ziele erhebliche Anziehungskraft auch auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer aufgewiesen. Es seien daher auch etwa die Hälfte der Reiseteilnehmer "Laien" gewesen. Entscheidend sei das gesamte Reiseprogramm und nicht die in dieses eingebetteten beruflichen Informationsveranstaltungen. Das Programm sei nicht derart einseitig und nahezu ausschließlich auf beruflich interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt und nur für diese attraktiv gewesen, sodaß es sich um ein sogenanntes Mischprogramm gehandelt habe. Da der Beschwerdeführer nach seinen Angaben die Reise wegen des hervorragend zusammengestellten Programms, also nicht wegen der Teilnahme am Kongreß und damit der angeblichen Kostenersparnis für diesen gebucht habe, gehe sein Vorbringen hinsichtlich der höheren Kosten eines Besuches des Kongresses unter Benützung eines Linienfluges ins Leere.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der Kosten der Studienreise als Betriebsausgaben verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu den kumulativen Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen für Studienreisen nicht unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 fallen, gehört, daß das Reiseprogramm und seine Durchführung derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen abgestellt ist, daß es jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehrt (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof , 86/14/0100, ÖStZB 1990, 178, und die darin zitierte Vorjudikatur). Daß diese Voraussetzung zutrifft, läßt sich nicht schon aus der Person des Reiseveranstalters (hier: Österreichischer Wasserwirtschaftsverband) ableiten (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch,
2. Aufl., Tz 127 zu § 4, und das dort zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 662/67).
Ein abzugsschädliches Mischprogramm hat die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hier - ohne daß es noch weiterer Ermittlungen bedurft hätte - nicht zu Unrecht schon auf Grund des unbestrittenen Reiseprogramminhaltes angenommen. Dieses enthält folgende Programmpunkte:
"...
Fr. 15. Aug. SALVADOR DA BAHIA
2. Tag 04.35 h Ankunft in Salvador; Transfer vom Flughafen zum Hotel
Vormittag zur freien Verfügung (Bademöglichkeit am Strand der brasilianischen Atlantikküste oder Gelegenheit zu einem Bummel durch die Stadt). Nachmittag Stadtrundfahrt durch die Altstadt mit seinen an Tradition und Folklore sehenswerten Bauten. Mit seinen zahlreichen Barockkirchen und Klöstern aus dem 17. und 18. Jahrhundert zählt Salvador zu den eindruckvollsten Städten Brasiliens. Nächtigung.
Sa. 16. Aug. SALVADOR DA BAHIA - BRASILIA - RIO DE JANEIRO
3. Tag Transfer vom Hotel zum Flughaften
08.25 h Abflug von Salvador nach Brasilia
09.55 h Ankunft in Brasilia
Ganztägige Rundfahrt inkl. Mittagessen durch die neue moderne Hauptstadt Brasiliens, die auch als die "modernste Hauptstadt der Welt" bezeichnet wird. Ende der Tour am Flughafen zum Abflug nach Rio de Janeiro.
18.30 h ab Brasilia
.......
Do 21. Aug. RIO DE JANEIRO - IGUASSU
8. Tag Transfer vom Hotel zum Flughafen
08.45 h Abflug nach Iguassu
11.35 h Ankunft
Transfer zum Hotel Das Cataratas. Nachmittag Besichtigung der im Länderdreieck Brasilien, Argentinien und Paraguay liegenden berühmten Iguassu-Wasserfälle, die zweifellos zu den schönsten der Welt zählen. Ausführlicher Rundgang entlang der Fälle, die auf einer Breite von 4 km in 275 Fällen in die etwa 70 m tiefe, canyonartige Schlucht des Iguassu-Flusses stürzen. Durch die unberührte Lage in der üppigen, tropischen Urwaldlandschaft gehören die Iguassu-Wasserfälle zu den bedeutendsten Natursehenswürdigkeiten Südamerikas.
Fr. 22. Aug. IGUASSU - LA PAZ
9. Tag Nach dem Frühstück Besichtigung von ITAIPU, der Welt größtes Wasserkraftwerk, ein Gemeinschaftsprojekt Brasiliens und Paraguays, an dessen Bau auch österreichische Firmen beteiligt waren.
Ende der Tour am Flughafen und Flug nach La Paz
12.05 h Abflug von Iguassa
.....
Sa. 23. Aug. LA PAZ - TITICACASEE - PUNO
10. Tag Am frühen Morgen Abfahrt mit Bus nach Huatajata am Titicacasee. Einschiffung auf ein Tragflügelboot und Überquerung des höchstgelegenen schiffbaren Sees der Welt. Die Bootsfahrt beinhaltet einen kurzen Besuch der 'Sonneninsel' und des Wallfahrtsortes Copacabana und endet im Ort Juli am Titicaca-See. Von hier aus etwa zweistündige Busfahrt am Südwestufer des Sees entlang nach Puno zum Hotel.
So. 24. Aug. PUNO - CUZCO
11. Tag In der Früh Transfer vom Hotel zum Bahnhof und Fahrt mit der berühmten "Andenbahn" von Puno nach Cuzco. Nach einer rund 10stündigen Reise über das Hochplateau der Anden, über den ca. 4300 m hoch gelegenen La-Raya-Paß, durch fruchtbare Täler, vorbei an Indio-Dörfern wird abends Cuzco erreicht.
Transfer zum Hotel.
Mo. 25. Aug. CUZCO
12. Tag. Vormittag zur freien Verfügung und Akklimatisierung. Nachmittag Stadtbesichtigung der in 3400 m hoch gelegenen ehemaligen Hauptstadt des Inkareiches, die sich heute dem Besucher als äußerst eindrucksvolle Museumsstadt zeigt. Die Kathedrale, Kloster Santo Domingo sowie weitere Kirchen aus dem 16. Jht. - alles Bauten die auf den Fundamenten alter Inkapaläste und -tempel errichtet wurden. Nächtigung.
Di. 26. Aug. CUZCO - MACHU PICCHU - CUZCO
13. Tag Nach dem Frühstück ganztägige Tour mit Bahn und Autobus nach Macchu Picchu, der "verlorenen Inkastadt", die erst 1911 wiederentdeckt wurde. Inmitten der faszinierenden Hochgebirgslandschaft der Kordilleren liegt die letzte Zufluchtsstätte der Inkas, die so unvorstellbar in der unwirklichen Bergwelt versteckt liegt, daß sie selbst den spanischen Konquisiatoren unbekannt blieb. Abends Rückkehr nach Cuzco und Nächtigung.
Mi. 27. Aug. CUZCO - LIMA
14. Tag In der Früh Transfer vom Hotel zum Flughafen und Flug über die schneebedeckten Anden nach Lima, der Hauptstadt Perus.
08.20 h Abflug von Cuzco
09.30 h Ankunft in Lima
Transfer vom Flughafen zum Hotel
Nachmittag Stadtrundfahrt mit Besuch des Anthropologisch-Archäologischen Museums, das einen hervorragenden Überblick über die präkolumbianischen Hochland- und Küstenkulturen bietet.
Do. 28. Aug. LIMA - IQUITOS
15. Tag Am frühen Morgen Transfer vom Hotel zum Flughafen und um
06.45 h Abflug von Lima über die Anden nach Iquitos am
Oberlauf des Amazonas
08.15 h Ankunft in Iquitos
Anschließend Bootsfahrt auf dem Amazonas und seinen Nebenarmen, die Einblick in die großartige Urwaldlandschaft des tropischen Regenwaldes bietet. Besuch einer Siedlung der Yagua-Indianer, die noch heute mit Blasrohren und Curare auf Jagd gehen.
Übernachtung in einer der Jungle-Lodges.
Fr. 29. Aug. IQUITOS - LIMA
16. Tag In der Früh weitere Besichtigungs- und Beobachtungsmöglichkeiten. Vormittag Rückkehr nach Iquitos und Rückflug nach Lima.
11.35 h Abflug von Iquitos
13.44 h Ankunft in Lima
Transfer vom Flughafen zum Hotel.
Rest des Tages zur freien Verfügung, Möglichkeit zum Besuch des Goldmuseums oder anderer Museen.
Sa. 30. Aug. LIMA - EUROPA
17. Tag Vormittag noch Möglichkeit für Besichtigungen und eventuelle Einkäufe in Lima.
Am späteren Vormittag Transfer vom Hotel zum Flughafen und um
12.00 h Abflug mit AIR FRANCE via Bogota und Caracas
nach Europa
...."
Diese Programmabschnitte sind für jeden an Reisen Interessierten von Attraktivität. Daran ändert der Umstand nichts, daß eine an der Wasserwirtschaft beruflich interessierte Person darüberhinaus noch aus diesem Grund Interesse an einzelnen Programmpunkten hat. Die Tatsache, daß einige dieser Programmpunkte an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen lagen, ändert nichts daran, daß die Reise in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls nicht den strengen Anforderungen an eine ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlaßte Studienreise genügt, weil schon die Programmgestaltung nicht einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Beschwerdeführers abgestellt war.
Die belangte Behörde durfte die Reise daher gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 der privaten und nicht der beruflichen Sphäre des Beschwerdeführers zuordnen.
Bei einer privaten Mitveranlassung der Reise, die hier im Hinblick auf das Mischprogramm anzunehmen ist, sind die Aufwendungen für Fahrt, Verpflegung und Nächtigung (mangels Trennbarkeit) auf Grund des Aufteilungsverbotes nicht absetzbar (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Aufl., Tz 20 zu § 20).
Hievon ist der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch im Erkenntnis vom , 2334, 2423/79, ÖStZB 1980, 264, nicht abgewichen. Dort heißt es:
"Liegt eine betrieblich veranlaßte Flugreise vor, so sind die Kosten für einen Linienflug anzuerkennen, wenn sich der Abgabepflichtige eines solchen bedient. Wählt er aus Gründen der Kostenersparnis eine andere Fluggelegenheit und entstehen dadurch wie im Beschwerdefall wegen eines mit der billigeren Art des Fliegens zwangsläufig verbundenen längeren Aufenthaltes Mehrkosten, so sind auch diese in dem Ausmaß Betriebsausgaben, in dem sie in der erzielten Ersparnis Deckung finden."
Von einer Reise, die nicht betrieblich, sondern privat veranlaßt ist, weil sie wegen eines Mischprogrammes (zur Gänze) nicht der betrieblichen, sondern der privaten Sphäre zuzuzählen ist, ist in dieser Entscheidung keine Rede.
Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, daß es ohne Bedeutung ist, welche Aufwendungen dem Beschwerdeführer entstanden wären, wenn er mit einem Linienflug nur die Veranstaltungen des erwähnten Kongresses in Rio de Janeiro besucht hätte. In diesem Falle hätte nämlich an der ausschließlichen betrieblichen Veranlassung der Reise kein Zweifel bestehen können.
Die Ansicht des Beschwerdeführers, die zu enge Auslegung der belangten Behörde bedeute ein absolutes Verbot berufsbedingter Studienreisen für Wasserbauer ins Ausland, ist - wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen läßt - unrichtig. Eine Sonderbehandlung der Wasserbauer bei der Teilnahme an Reisen mit Mischprogramm wäre hingegen sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. das oben zitierten Erkenntnis vom , betreffend Geographen).
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an, die den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt.
Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.