VwGH vom 12.09.2002, 2002/15/0019
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der SZ GmbH in N, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 5, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-3080/2001, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin als Verfügungsberechtigte über ein näher bezeichnetes Geschäftslokal in Innsbruck gemäß § 23 iVm § 4 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl Nr 60/1982 (nachfolgend: VgStG), zur Haftung für die auf den Zeitraum von März 1999 bis September 2000 entfallende, dem F Verein (nachfolgend: Primärschuldner) bescheidmäßig vorgeschriebene Vergnügungssteuer samt Nebengebühren herangezogen.
Gemäß § 23 Abs 3 VgStG hafte als Gesamtschuldner neben dem Unternehmer derjenige, der zur Anmeldung einer Veranstaltung verpflichtet sei. Zur Anmeldung verpflichtet seien nach § 4 Abs 3 VgStG neben dem Unternehmer auch der Eigentümer der dazu benützten Räume oder Grundstücke oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigte.
Die Beschwerdeführerin habe ein aus zwei Räumen bestehendes, näher bezeichnetes Lokal in Innsbruck vom Eigentümer angemietet. Während der im Eingangsbereich befindliche Raum von der Beschwerdeführerin als Beratungsbüro für den Verkauf von Gastronomiemaschinen und Spielautomaten benutzt werde, sei der angrenzende Raum ab an den Primärschuldner untervermietet worden. Eine Benützung der Räumlichkeit durch den Primärschuldner sei lediglich nach Durchquerung des Raumes der Beschwerdeführerin möglich gewesen.
Aufgrund des Untermietvertrages sei die Verfügungsberechtigung über das Mietobjekt jederzeit gegeben. Als Inhaber von Räumen oder Grundstücken sei derjenige anzusehen, der faktische Herrschaft hierüber ausübe, selbst das Geschehen kontrolliere und von jeder einzelnen Veranstaltung Kenntnis habe bzw. auf jede Veranstaltung Einfluss nehmen könne. Daraus resultiere, dass die Beschwerdeführerin als Verfügungsberechtigte zur Anmeldung verpflichtet und als Haftungspflichtige anzusehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des VgStG
lauten auszugsweise:
"§ 4
Anmeldung
(1) Vergnügungen sind bei der Gemeinde des Veranstaltungsortes anzumelden; die Anmeldung hat spätestens zwei Werktage vorher zu erfolgen. Die im § 2 Z. 1 und 4 bezeichneten Veranstaltungen sind nicht anmeldepflichtig.
(2) Über die Anmeldung wird eine Bescheinigung ausgestellt.
(3) Zur Anmeldung verpflichtet ist sowohl der Unternehmer der Veranstaltung als auch der Eigentümer der dazu benützten Räume oder Grundstücke oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigte. Der Eigentümer (Verfügungsberechtigte) darf die Abhaltung einer steuerpflichtigen Veranstaltung erst zulassen, wenn ihm die Anmeldebescheinigung vorgezeigt wird, es sei denn, dass es sich um eine unvorbereitete und nicht vorherzusehende Veranstaltung handelt.
(4) ..."
"§ 23
Steuerschuldner und Haftung
(1) Steuerschuldner ist der Teilnehmer an einer steuerpflichtigen Veranstaltung.
(2) Der Unternehmer der Veranstaltung ist verpflichtet, die Steuer von den Teilnehmern an der Veranstaltung im Namen und für Rechnung der Gemeinde einzuheben und an diese abzuführen. Er haftet für die Einhebung und Abfuhr der von den Teilnehmern geschuldeten Steuer.
(3) Wer zur Anmeldung verpflichtet ist, ohne selbst Unternehmer zu sein, haftet neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner."
Die belangte Behörde hat die Haftungspflicht der Beschwerdeführerin darauf gestützt, dass nach § 23 Abs 3 VgStG neben dem Unternehmer der Veranstaltung (hier: Halten vergnügungssteuerpflichtiger Spielapparate) auch derjenige hafte, der zur Anmeldung der Veranstaltung verpflichtet sei. Die Anmeldungspflicht treffe neben dem Eigentümer nach § 4 Abs 3 VgStG auch den "Verfügungsberechtigten" der zur Veranstaltung benützten Räume oder Grundstücke. Die Beschwerdeführerin habe jenen Raum, in dem vom Primärschuldner die der Vergnügungssteuer unterliegenden Spielapparate aufgestellt worden seien, an diesen untervermietet.
Das bloß allgemein gehaltene Vorbringen der Beschwerde, in Bezug auf das für die Aufstellung der Spielapparate benützte Lokal sei die Feststellung eines Untermietverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und dem Primärschuldner unrichtig, vermag keine Zweifel zu wecken, dass diese Sachverhaltsfeststellung nicht dem Gesetz entsprechend getroffen worden wäre. Die belangte Behörde konnte sich auf den zwischen der Beschwerdeführerin und dem Primärschuldner abgeschlossenen schriftlichen Untermietvertrag stützen.
Die Anmeldepflicht trifft nach § 4 Abs 3 VgStG neben dem Unternehmer den Eigentümer der für die Vergnügung benützten Räume oder Grundstücke oder den sonst hierüber Verfügungsberechtigten. Wer weder Unternehmer der Veranstaltung ist noch Verfügungsberechtigung über die Räumlichkeiten hat, den trifft nach § 4 Abs 3 VgStG keine Pflicht zur Anmeldung von in diesen Räumen abgehaltenen Veranstaltungen.
Bei Räumen, die in Bestand gegeben werden, kommt die Verfügungsberechtigung im Regelfall dem Bestandnehmer zu, bei Unterbestandverhältnissen dem Unterbestandnehmer. Der (Unter)Bestandnehmer hat Kenntnis vom faktischen Geschehen im Bestandobjekt oder kann sich diese Kenntnis verschaffen. Ihm kann daher die Anmeldung von Veranstaltungen zugemutet werden. Der (Unter)Bestandgeber hat sich hingegen seiner Verfügungsberechtigung über das Bestandobjekt (auf Zeit) begeben. Die Verfügungsberechtigung des Bestandgebers ist diesfalls durch die (rechtlich und tatsächliche) selbständige Verfügungsberechtigung des Bestandnehmers verdrängt (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom , 2000/07/0064).
Da somit der Unterbestandgeber nicht Verfügungsberechtigter im Sinne der Bestimmung des § 4 Abs 3 VgStG ist, trifft ihn keine Verpflichtung zur Anmeldung von im Bestandobjekt abgehaltenen Veranstaltungen. Demzufolge kann der Unterbestandgeber auch nicht als eine zur Anmeldung verpflichtete Person iSd § 23 Abs 3 VgStG zur Haftung herangezogen werden.
Ob der Unterbestandnehmer das von ihm gemietete Lokal im gegenständlichen Fall allenfalls nur durch einen vom Unterbestandgeber genutzten, nicht (unter)vermieteten Raum zu betreten in der Lage ist, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung. Entgegen dem Vorbringen in der Gegenschrift der belangten Behörde ergibt sich eine Verfügungsberechtigung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall auch nicht aus Punkt V des Unterbestandvertrages (nach dieser Bestimmung darf der Unterbestandnehmer den Mietgegenstand ausschließlich für Vereinzwecke nutzen und nicht weitervermieten) oder Punkt XI diese Vertrages (nach dieser Bestimmung darf der Untervermieter den Mietgegenstand aus triftigen Gründen, "z.B. um die Notwendigkeit von Reparaturen festzustellen", betreten bzw in angemessenen Zeitabständen nach vorherigen Ankündigung besichtigen).
Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage verkannt, indem sie von einer Haftungspflicht des Unterbestandgebers nach § 23 Abs 3 iVm § 4 Abs 3 VgStG ausgegangen ist.
Der angefochtenen Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits vom pauschalierten Schriftsatzaufwand erfasst ist.
Wien, am