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VwGH vom 30.04.1993, 93/17/0088

VwGH vom 30.04.1993, 93/17/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-08/25/00001/93, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, ein näher bezeichnetes mehrspuriges Kraftfahrzeug - unter Angabe des Tatortes und der Tatzeit - in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, "da der sich im KFZ befindliche Parkschein mit der Nummer 099654 VB insoferne unrichtig entwertet war, als dieser zwar die Entwertungen , 10 Uhr trug, jedoch eine Entwertung in der Rubrik Minute fehlte".

In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin, indem sie es unterlassen habe, einen Parkschein ordnungsgemäß zu entwerten, jene Sorgfalt außer acht gelassen, zu der sie nach den (zitierten) Verordnungsbestimmungen verpflichtet gewesen sei. Der Akteninhalt und insbesondere das Berufungsvorbringen böten keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Beschwerdeführerin nach ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von ihr verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder daß ihr rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin habe daher durch die Verletzung der für sie bestehenden und ihr auch zumutbaren Sorgfaltspflicht, somit fahrlässig, die Abgabe verkürzt. Die für die vollständige Entwertung eines Parkscheines notwendige Konzentration sei so gering, daß von geringfügigem Verschulden keine Rede sein könne, wenn ein Abgabepflichtiger nicht einmal diese geringe Konzentration aufbringe, um seiner Abgabepflicht nachzukommen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte die Verwirklichung des Tatbestands leicht vermieden werden können, hätte es dazu doch genügt, auch das entsprechende Kästchen in der Rubrik "Minute" auf dem Parkschein anzukreuzen. Da somit die Voraussetzung des bloß geringfügigen Verschuldens gefehlt habe, also eines der beiden im § 21 Abs. 1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt sei, komme eine Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Nach ihrem gesamten Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage für die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht bestraft zu werden. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 42/1983, kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1982) die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben.

Von dieser Ermächtigung hat der Wiener Gemeinderat mit Verordnung vom , mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 12/1986, Gebrauch gemacht.

Nach § 4 dieser Verordnung ist die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines entrichtet.

Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen, LGBl. für Wien Nr. 50/1986, hat die Entwertung des Parkscheines durch deutlich sichtbares und haltbares Ankreuzen des Beginnes der Abstellzeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und Eintragung des Jahres zu erfolgen, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können.

Gemäß § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Parkometergesetzes hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet aufstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Gemäß § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes - in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 30/1977 - sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

Nach § 21 Abs. 1 erster Satz VStG - gemäß § 254 Abs. 1 erster Satz FinStrG gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das VStG - kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob die nach § 21 Abs. 1 VStG angeordneten Tatbestandsmerkmale, nämlich geringes Verschulden und unbedeutende Folgen, gegeben seien. In der Beschwerde wird vorgebracht, es gehe nicht darum, zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin fahrlässig gehandelt habe; diese Fahrlässigkeit werde nicht bekämpft. Bekämpft werde von der Beschwerdeführerin nur die Annahme, daß ihr Verschulden nicht geringfügig sei. Die Beschwerdeführerin habe im gegenständlichen Fall nicht darauf vergessen, einen Parkschein zu verwenden, sondern sie habe Jahreszahl, Tagesdatum, Monat und volle Stunde angekreuzt. Die Beschwerdeführerin habe aus einem geringen Verschulden die letzte Rubrik nicht gekennzeichnet. Diese Auslassung bestätige, daß die Beschwerdeführerin sehr wohl ihrer Verpflichtung, einen Parkschein zu verwenden, habe nachkommen wollen und auch nachgekommen sei. Sie habe nur eine Eintragung nicht vorgenommen. In einem derartigen Fall müsse der Beschwerdeführerin "sicherlich" ein geringes Verschulden zuerkannt werden. Folgen seien keine eingetreten. Die Beschwerdeführerin habe nach Beanstandung den Parkschein abgegeben. Abgesehen davon, sei bereits durch die Ausfüllung mit Ausnahme der Minutenangabe eine Wiederverwendung nicht möglich gewesen. Der Behörde stehe eine Ermessensentscheidung nicht zu. Die Beschwerdeführerin habe bei Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einen Anspruch auf Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG.

Mit dem zuletzt genannten Beschwerdevorbringen ist die Beschwerdeführerin zwar im Recht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 263, 264/80). Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag damit freilich nicht aufgezeigt zu werden. Fehlt doch jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage ihren Strafausspruch auf eine Ermessensübung gestützt habe.

Aber auch das Vorbringen, das Verschulden der Beschwerdeführerin sei geringfügig gewesen, vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.

Eine Anwendung des § 21 Abs. 1 erster Satz VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, kann davon nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/04/0070, und die dort zitierte Vorjudikatur; damit übereinstimmend auch die bei Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, Anm. 14 zu § 42 StGB, zitierte Judikatur des OGH zur diesbezüglich vergleichbaren Regelung des § 42 Z. 1 StGB). Daß dies vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage im vorliegenden Sorgfaltsverstoß zutreffe, ist weder ersichtlich noch wird derartiges von der Beschwerdeführerin mit dem nur allgemeinen Hinweis, auf das Ankreuzen einer Rubrik des Parkscheines vergessen zu haben, behauptet.

Vermag aber in der Annahme der belangten Behörde, das Verschulden der Beschwerdeführerin könne im vorliegenden Fall nicht als geringfügig qualifiziert werden, eine Rechtswidrigkeit nicht erblickt zu werden, so erübrigt es sich auf das (weitere) Beschwerdevorbringen einzugehen, es seien keine Folgen der Übertretung eingetreten. Ist nämlich auch nur eines der beiden Tatbestandselemente (geringfügiges Verschulden UND unbedeutende Folgen der Übertretung) nicht erfüllt, so kommt eine Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/10/0024).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.