VwGH vom 13.12.2007, 2002/14/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des G S in O, vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 12/Arkade, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom , Zl. RV1145/1-7/2002, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1996 und Einkommensteuer für das Jahr 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Zahnarzt. Er erwarb im Dezember 1996 zwei "Radiovisiografiegeräte" zum Preis von S 330.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von S 66.000,--. Die Umsatzsteuer machte er für das Jahr 1996 als Vorsteuer geltend, ertragsteuerlich beantragte er für diese Wirtschaftsgüter unter anderem für das Jahr 1997 AfA in Höhe von S 66.000,--.
Das Finanzamt veranlagte den Beschwerdeführer erklärungsgemäß.
Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, die Vorsteuer sei nicht anzuerkennen, weil die Wirtschaftsgüter erst im Jahr 1997 verwendet worden seien und die Leistungen der Ärzte seit unecht steuerbefreit seien. Ertragsteuerlich sei die für 1997 geltend gemachte AfA entsprechend der um die (nicht anzuerkennende) Vorsteuer erhöhten Anschaffungskosten im höheren Ausmaß von S 79.200,-- (statt S 66.000,--) anzuerkennen.
Das Finanzamt erließ in der Folge entsprechende Bescheide hinsichtlich Umsatzsteuer 1996 und Einkommensteuer 1997.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Bezüglich der Umsatzsteuer beantragte er die Anerkennung der Vorsteuer. Bezüglich der Einkommensteuer beantragte er, die am gelieferten und am in Rechnung gestellten Geräte nicht als eigene Wirtschaftsgüter, sondern als "Instandhaltung des 1995 angeschafften Röntgengerätes" zu behandeln. Es handle sich um Bestandteile des als wirtschaftliche Einheit zu betrachtenden Röntgengerätes. Zur Röntgenaufnahme seien einerseits das im Jahr 1995 angeschaffte "eigentliche" Röntgengerät und das "Aufnahmegerät erforderlich. Bis zur Anschaffung der "gegenständlichen" Geräte sei der Röntgenfilm das "Gegenstück" bei der Röntgenaufnahme gewesen, diesen habe man nach der Aufnahme entwickeln müssen. Lediglich dieser Röntgenfilm sei durch einen moderneren und vor allem auch gesundheitsschonenderen (starke Reduzierung der Röntgenstrahlung) Sensor ersetzt worden. Das Gerät bereite das durch Röntgenstrahlen erzeugte Bild (des menschlichen Gebisses) in digitaler Form auf, wodurch eine Darstellung auf einem PC-Bildschirm ermöglicht werde. Der Sensor ersetze nur das bisherige Röntgenbild. Weder das (1995 angeschaffte) Röntgengerät noch die 1996 angeschafften Sensoren könnten alleine verwendet werden, weshalb sie eine Einheit darstellten. Bei der Installierung des Sensors handle es sich um keine Neuanschaffung eines selbstständigen Wirtschaftsgutes, sondern um eine Instandhaltung (Modernisierung) des bereits vorhandenen Röntgengerätes. Unstrittig sei, dass beide Sensoren noch im Kalenderjahr 1996 installiert worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Ertragsteuerlich teilte die belangte Behörde zwar die in der Berufung vertretene Ansicht des Beschwerdeführers, dass es sich bei den im Dezember 1996 angeschafften beiden Einzelgeräten ("Radiovisiografiegeräten") und dem 1995 angeschafften Röntgengerät um ein einheitliches Wirtschaftsgut handle. Bei den entsprechenden Aufwendungen des Jahres 1996 handle es sich aber im Hinblick auf die erhebliche Wertsteigerung des einheitlichen Wirtschaftsgutes nicht um sofort absetzbare Instandhaltungsaufwendungen, sondern um verteilungspflichtigen Instandsetzungsaufwand.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer hielt die belangte Behörde fest, dass ärztliche Leistungen seit unecht umsatzsteuerbefreit seien; ab diesem Zeitpunkt seien Ärzte daher nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im gegenständlichen Fall lägen keine Instandhaltungsmaßnahmen vor, die im Jahr der Zahlung zu einer sofort abzugsfähigen Betriebsausgabe führten und "die darauf entfallende Vorsteuer im Zeitpunkt der Rechnungslegung (1996) abzugsfähig ist". Für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug im Jahr 1996 sei somit Voraussetzung, dass "das Wirtschaftsgut" noch 1996 in Verwendung genommen worden wäre. Die Röntgeneinheit mit den Radiovisiografiegräten sei jedoch erstmals 1997 in Verwendung genommen worden. Aus diesem Grung sei ein Vorsteuerabzug im Jahr 1996 nicht möglich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In seiner (ergänzten) Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer hinsichtlich zweier im Jahr 1996 gekaufter und im Jahr 1997 im Ausmaß von S 266.000,-- bezahlter "Radiovisiografiegeräte" einerseits in seinem Recht auf Vorsteuerabzug in Höhe von S 66.000,-- und andererseits in seinem Recht auf Berücksichtigung von Betriebsausgaben in Höhe von S 266.000,-- als sofortige Abzugsposten verletzt.
Einkommensteuer 1997:
Vom aktivierungspflichtigen Herstellungsaufwand zu unterscheiden ist der nicht aktivierungspflichtige Erhaltungsaufwand. Erhaltungsaufwand bilden die Aufwendungen für die Instandhaltung und für die Instandsetzung. Dazu gehört auch der Ersatz einzelner unbrauchbar gewordener Teile eines Wirtschaftsgutes, und zwar auch dann, wenn besseres und längerlebiges Material eingesetzt wird (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Rz 78.1 zu § 6 und Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 4 Abs. 4 allgem Tz 34).).
In seinem (eine Wasserversorgungsleitung betreffenden) Erkenntnis vom , 2006/15/0333, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, die Aktivierung von Herstellungskosten dient dazu, den Herstellungsvorgang gewinnneutral zu halten. Herstellung liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut erstmals geschaffen wird. Herstellung liegt weiters vor, wenn durch auf Werterhöhung gerichtete Maßnahmen auf ein bestehendes Wirtschaftsgut dessen Wesensart geändert wird; das ist insbesondere gegeben, wenn die Maßnahme zur Erweiterung (zB. Aufstockung eines Gebäudes) oder zur über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führt. Zu beachten ist allerdings, so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis weiter, dass nach § 4 Abs. 7 (bzw § 28 Abs. 2) EStG 1988 auch Instandsetzungsaufwendungen, also Aufwendungen, die - bei Beibehaltung der Wesensart des Wirtschaftsgutes -"den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern" Erhaltungsaufwendungen sind und somit nicht zu den Herstellungskosten zählen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass im Geltungsbereich des EStG 1988 Aufwendungen auf ein Wirtschaftsgut nicht deshalb zu den Herstellungskosten zählen, weil sie den Nutzungswert des Wirtschaftsgutes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern.
Der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht, dass Instandsetzungsaufwand jedenfalls "verteilungspflichtig" wäre, kann somit nicht gefolgt werden, sodass sich der angefochtene Bescheid bereits insoweit als inhaltlich rechtswidrig erweist.
Umsatzsteuer 1996:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 19 UStG 1994 sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt von der Umsatzsteuer befreit. Gemäß § 29 Abs. 5 UStG 1994 ist § 6 Abs. 1 Z. 19 erst auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 steht der Vorsteuerabzug zu, wenn die Lieferung (für die der Vorsteuerabzug begehrt wird) an den Unternehmer ausgeführt worden ist. Lieferungen sind grundsätzlich in dem Zeitpunkt ausgeführt, in welchem dem Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft wird. Eine Regelung, wonach die "Inverwendungnahme" eines Wirtschaftsgutes für den Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges maßgeblich sei, enthält das Gesetz nicht.
In seinem Erkenntnis vom , 2001/14/0153, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass ein im Jahr 1996 entstandenes Recht auf Vorsteuerabzug nicht dadurch verloren geht, dass die ärztlichen Leistungen, zu deren Ausführung die Gegenstände dienen, ab dem 1. Jänner des Folgejahres von der Umsatzsteuer befreit sind. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird verwiesen.
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass nicht die Lieferung eines Gegenstandes und die entsprechende Rechnungslegung, sondern der Umstand, dass das Wirtschaftsgut noch im Jahr 1996 in Verwendung genommen worden wäre, eine entscheidende Voraussetzung für den Vorsteuerabzug im Jahr 1996 dargestellt hätte.
Es ergibt sich daher schon aus dem angefochtenen Bescheid, dass die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit vorliegt. In einem Verfahren gemäß § 35 Abs. 2 VwGG wurde mitgeteilt, dass ein gegenteiliges Vorbringen nicht erstattet wird.
Der angefochtene Bescheid war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am