VwGH vom 25.01.1999, 98/17/0296
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/41/00380/98, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantwortete eine an eine GmbH, deren Geschäftsführer er war, gerichtete Lenkererhebung nach § 1a Wiener Parkometergesetz betreffend den mit der Bekanntgabe des Namens sowie der Adresse des Lenkers. Erhebungen der Behörde ergaben, daß diese Person an der angegebenen Adresse nicht gemeldet war.
Nach ergangener Strafverfügung rechtfertigte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom , er habe seinerzeit die gewünschte Auskunft rechtzeitig und richtig erteilt. Der von ihm angegebene Lenker sei sowohl zu dem in der Anfrage umschriebenen Tatzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage an der angegebenen Adresse wohnhaft gewesen; daß er nunmehr seinen Wohnort gewechselt habe, sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt geworden. Gleichzeitig gab der Beschwerdeführer noch eine frühere Anschrift des Lenkers bekannt.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, dem Auskunftsverlangen nicht entsprochen zu haben, weil die erteilte Auskunft unrichtig gewesen sei. Er habe dadurch § 1a des Wiener Parkometergesetzes verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde keine Folge. Dies mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe nicht vorgebracht, daß im konkreten Fall die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsnorm nicht möglich gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1a Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Die Verletzung der Auskunftspflicht nach § 1a des Wiener Parkometergesetzes ist ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt.
Damit wird aber nur eine Schuldvermutung (betreffend die subjektive Tatseite) begründet, nicht aber die Vermutung eines gesetzwidrigen Verhaltens (objektive Tatseite). Dieses ist von der Behörde nachzuweisen, den Beschwerdeführer trifft insoweit nur eine Mitwirkungspflicht.
Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Schuldlosigkeit (subjektive Tatseite) initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.
Auch bei Ungehorsamsdelikten ist nur der schuldhaft Handelnde verantwortlich.
Das zum Nachweis seiner Schuldlosigkeit erstattete Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers muß aber nicht bereits bis ins letzte Detail vollständig sein. Liegt ein solches Vorbringen vor, dann ist die Erörterung der Beweislage zur Schuldfrage nicht entbehrlich (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0129, mwN).
Der Beschwerdeführer hat in seinem Schreiben vom ausgeführt, daß der von ihm bekannt gegebene Lenker an der gleichfalls bekannt gegebenen Anschrift zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung und der Lenkerauskunft sehr wohl gewohnt habe, da er von dieser Anschrift mehrmals abgeholt worden sei. Ob er dort auch gemeldet gewesen sei, entziehe sich der Kenntnis des Beschwerdeführers. Überdies brachte der Beschwerdeführer vor, der von ihm bekannt gegebene Lenker sei nach Erteilen der Lenkerauskunft (offensichtlich) verzogen. Damit hat der Beschwerdeführer bereits die Verwirklichung der objektiven Seite der Tat schlüssig bestritten. Die Anschrift - dabei handelt es sich um die im Zeitpunkt der Tat des Lenkers - ist nämlich im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes auch dann der Behörde gesetzmäßig mitgeteilt, wenn der Lenker an ihr nicht gemeldet ist, aber tatsächlich an ihr wohnt. Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, nachzuweisen, daß die Anschrift in diesem Sinne unrichtig war. Durch Fehlen einer polizeilichen Meldung allein ist dies nicht erwiesen, handelt es sich bei der Meldung doch nur um ein Indiz.
Unbestritten ist, daß der als Lenker bekannt gegebene in Wien weder an der vom Beschwerdeführer mitgeteilten Anschrift noch sonst gemeldet war. Unbestritten bleibt in der Beschwerde auch, daß der Beschwerdeführer nie etwa Einsicht in einen Meldezettel des Lenkers nahm oder dies begehrte.
Die belangte Behörde ist - grundsätzlich zu Recht - davon ausgegangen, daß im Beschwerdefall eine Kontrolle der Anschrift durch die Vorlage eines Meldezettels dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen wäre; hätte der Lenker diesen nicht vorweisen können, wäre der Beschwerdeführer zu besonderer Sorgfalt und allenfalls weiteren (zumutbaren) Erhebungen gehalten gewesen. Dessen ungeachtet aber war der Beschwerdeführer verpflichtet, die ihm bekannte zutreffende Anschrift des Lenkers bekannt zu geben, gleichgültig, ob der Lenker an dieser gemeldet war oder - allenfalls unter Verstoß gegen die Vorschriften des Meldegesetzes - nicht. Der Beschwerdeführer bringt nun zu seiner Entlastung aber vor, daß er die ihm bekannte und auch zutreffende Anschrift des Lenkers mitgeteilt habe. Er verweist auf die Möglichkeit, daß der Lenker von dort - nach Erteilung der Auskunft durch den Beschwerdeführer - verzogen sei. Die belangte Behörde hat nun allein aus der Tatsache, daß ein Schreiben an den Lenker von der Post mit dem Postvermerk "unbekannt" und "Adresse ungenügend" zurückgestellt wurde und der Lenker auch sonst in Wien nicht aufrecht gemeldet war, geschlossen, daß die in der Lenkerauskunft getätigten Angaben zur Adresse des namhaft gemachten Lenkers unrichtig gewesen seien. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber nicht die Annahme der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall aus dem Hinweis, daß der Empfänger zum Zeitpunkt der versuchten Zustellung an ihn "unbekannt" war, im Hinblick auf die konkreten Behauptungen des Beschwerdeführers mit der für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit geschlossen werden durfte, daß sich der Empfänger nicht doch zu einem früheren Zeitpunkt an der angeführten Anschrift aufgehalten hat.
Eine Überprüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers - etwa durch eine Vernehmung des Lenkers und eine nähere Befragung des Postzustellers - wäre im Beschwerdefall erforderlich gewesen. Daß der Lenker mit den der Behörde zur Verfügung stehenden Mitteln nicht hätte ausgeforscht werden können, läßt sich der Aktenlage nicht entnehmen, war der Lenker doch in Draßmarkt an näher bezeichneter Anschrift bis 1/2 Jahr vor dem wohnhaft (und aufrecht gemeldet). Es bietet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß sein jetziger Aufenthalt nicht dort durch Ermittlungen, die über einen Telefonanruf beim Gemeindeamt hinausgehen, hätte festgestellt werden können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der vorgesehene Pauschalsatz für den Schriftsatzaufwand nur S 12.500,-- beträgt und in diesem überdies die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.
Wien, am