VwGH vom 20.11.1990, 90/14/0131
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom , Zl. B 62-4/88, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für 1984 bis 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt seit Jahrzehnten eine Dachdeckerei. 1976 bis 1978 errichtete er in einem Fremdenverkehrsgebiet ein Haus, in dem er seit 1978 Appartements vermietete. Bis 1987 ergaben sich jährlich stets Werbungskostenüberschüsse, die sich auf das Zwei- bis Vierfache der Einnahmen beliefen und in ihrer Gesamtheit weit über eine Million Schilling betrugen. Ausschlaggebend hiefür war vor allem die Zinsenbelastung aus dem hohen Fremdmitteleinsatz - die Zinsen waren in neun von elf Jahren höher als die gesamten Einnahmen - und die normale Absetzung für Abnutzung, die nur in einem Jahr geringer war als die gesamten Einnahmen, diese aber auch bis zum Doppelten überwog.
Für den Streitzeitraum behandelten die Abgabenbehörden im Instanzenzug die Vermietung umsatz- und einkommensteuerrechtlich als Liebhaberei, weil bei der bis 1987 betriebenen Art der Bewirtschaftung ein Totalgewinn in diesem Jahrtausend völlig unmöglich sei und auch in keinem Jahr ein Überschuß erzielbar wäre. Hingegen decke die Steuerersparnis aus dem Ausgleich der Werbungskostenüberschüsse mit dem Gewinn aus der Dachdeckerei mehr als die Zinsen des Fremdkapitals ab, sodaß es für den Beschwerdeführer zu keinem Geldabfluß komme. Erst das Ergebnis der Betriebsprüfung, das die steuerliche Liebhaberei aufgezeigt habe, habe den Beschwerdeführer veranlaßt, eine Änderung der Wirtschaftsführung (Abbau des Fremdmitteleinsatzes durch Heranziehung einer abreifenden Lebensversicherung, Vermietung auch im Sommer, Verstärkung der Werbung) in Aussicht zu nehmen. Ab 1988 könne daher von einem neuen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden. Selbst ohne die Hindernisse, die der Wintersportentwicklung auf Grund des Naturschutzes (Schaffung eines Nationalparkes) entgegengestanden seien, hätte sich kein positives Ergebnis einstellen können, weil auch bei doppelter Frequenz und erheblich höheren Preisen keine Einnahmenüberschüsse zu erzielen gewesen wären. Wegen des Verzichts auf die Vermietung im Sommer und wegen der Beschränkung auf die Vermietung an Stammgäste habe auch das subjektive Ertragsstreben gefehlt. Der Beschwerdeführer habe versucht, Vermögen auf Kosten der Allgemeinheit zu bilden, die faktisch die Zinsenlast getragen habe.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Behandlung der Vermietung für den Streitzeitraum als Einkommensquelle verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Begründung inhaltlicher Rechtswidrigkeit mißt der Beschwerdeführer den Sachverhalt zu Unrecht an der Liebhabereiverordnung, BGBl. 1990/322. Diese wurde im Bundesgesetzblatt am kundgemacht. Sie ist im Beschwerdefall im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides durch Zustellung am an den Beschwerdeführer nicht präjudiziell. Eine Anwendung durch den Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall wäre offenkundig unrichtig und unvertretbar (denkunmöglich), weil für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in Bescheidbeschwerdesachen nur die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich ist, selbst wenn nachfolgende Änderungen der Rechtslage rückwirkend erfolgen sollten. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher im Beschwerdefall die Liebhabereiverordnung, und zwar auch deren Art. II, nicht auf allfällige Bedenken gegen die Übereinstimmung mit der Verfassung oder dem einfachen Gesetz zu untersuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0086).
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe nicht der Berichterstatter, sondern ein anderer Beamter den Sachverhalt vorgetragen. Eine Wesentlichkeit dieser Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zeigt der Beschwerdeführer aber nicht auf. Sie ist auch nicht erkennbar, weshalb eine allfällige Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zum Erfolg der Beschwerde führen kann.
Der Vorwurf, die belangte Behörde habe sich mit dem Berufungsvorbringen nicht vollständig und ausreichend befaßt, ist unrichtig.
Als Einkunftsquelle stellt sich eine Vermietung nur dar, wenn sie auf Dauer gesehen zu einem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten führen kann. Entscheidend ist die Überschußerzielungsmöglichkeit, wie sie sich aus der Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben während eines angemessenen Beobachtungszeitraumes ergibt (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom , 84/14/0048, ÖStZB 1985, 186, und vom , 87/13/0011, ÖStZB 1988, 131). Grundsätzlich genügt bei Vermietung und Verpachtung ein Beobachtungszeitraum von fünf bis acht Jahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0137, ÖStZB 1990, 34).
Im Beschwerdefall liegen keine Umstände vor, die einen längeren Beobachtungszeitraum erforderlich machten.
Für die Art der Wirtschaftsführung ist nicht der Plan entscheidend, sondern seine tatsächliche Handhabung. Ob der Beschwerdeführer daher die ab 1988 eintretenden Änderungen in der Wirtschaftsführung schon von Anbeginn geplant hatte, ist für Beginn und Ende eines Beobachtungszeitraumes nicht von Bedeutung. Die Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß mit der tatsächlichen Änderung der Wirtschaftsführung ab 1988 ein neuer Beobachtungszeitraum beginnt.
Daß die durch den Naturschutz dem Fremdenverkehr gezogenen Grenzen im Streitzeitraum nicht längst festgestanden wären, hat der Beschwerdeführer nie behauptet. Diese allgemeinen Bedingungen des Wirtschaftens waren nichts Außergewöhnliches. Sie waren daher der Prüfung der objektiven Ertragsfähigkeit zugrunde zu legen und machten keinen längeren Beobachtungszeitraum erforderlich.
Daß bei dem bis einschließlich 1987 bestandenen Fremdmitteleinsatz und der normalen Absetzung für Abnutzung ein Totalgewinn unmöglich zu erzielen gewesen wäre, widerlegt der Beschwerdeführer nicht. Im Hinblick auf diese Ertragsuntauglichkeit kam es auf ein subjektives Ertragsstreben nicht mehr an, weil bereits die Ertragsuntauglichkeit die Verneinung der Einkunftsquelleneigenschaft rechtfertigte.
Die belangte Behörde mußte daher nicht begründen, in welchem Ausmaß persönlicher Einsatz des Beschwerdeführers fehlte, der ein besseres Ergebnis ermöglicht hätte. Abgesehen davon sind die Feststellungen der belangten Behörde über das Fehlen ausreichenden wirtschaftlichen Engagements des Beschwerdeführers dessen eigenem Berufungsvorbringen entnommen (vgl. Seite 2 und Seite 3 des Berufungsschriftsatzes vom ).
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an, die den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt.
Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.