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VwGH vom 12.08.2002, 98/17/0292

VwGH vom 12.08.2002, 98/17/0292

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Republik Österreich - Bund (Bundesstraßenverwaltung), bei Beschwerdeeinbringung vertreten durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in Wien, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 15/04- 100/47541/295-1998, betreffend Verspätungszuschläge zu den Beiträgen nach dem Salzburger Fremdenverkehrsgesetz für die Jahre 1995 und 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom verhielt die belangte Behörde als Landesabgabenbehörde zweiter Instanz die beschwerdeführende Partei zur Leistung von Beiträgen samt Verspätungszuschlägen (Fremdenverkehrsbeitrag gemäß § 43 Abs. 1 des Salzburger Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 94/1985 idgF - in der Folge: Sbg. FVG, sowie Verbandsbeiträge zu näher angeführten Fremdenverkehrsverbänden) für die Jahre 1995 und 1996. (Beitragsvorschreibungen und darauf bezogene Verspätungszuschläge für die Jahre 1994 und 1997 wurden ersatzlos aufgehoben.) Die bescheidmäßige Beitragsfestsetzung sei gemäß § 148 Abs. 2 der Salzburger Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 58/1963, idgF (in der Folge: Sbg. LAO), erfolgt, weil die beschwerdeführende Partei die Einreichung der nach § 40 Abs. 4 Sbg. FVG, vorgeschriebenen Beitragserklärungen unterlassen gehabt habe. An der grundsätzlichen Beitragspflicht der beschwerdeführenden Partei für die auf der A 10 - Tauernautobahn erzielten Mauteinnahmen bzw. ihrer Einstufung in Beitragsgruppe 4 nach der Beitragsgruppenverordnung, LGBl. Nr. 24/1986 idgF, sei - "insbesondere im Hinblick auf die eben diese Beitragspflicht ausdrücklich bestätigenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes 96/17/0443 (betreffend die Beitragsjahre 1991 und 1992) bzw 94/17/0001 (Beitragsjahr 1993)" - nicht zu zweifeln.

Zur Abklärung konkreter Details - so die Begründung im angefochtenen Bescheid weiter - habe am eine Besprechung zwischen einem näher genannten Prüforgan des Landesabgabenamtes und einem Vertreter der Österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen AG - diese sei als steuerrechtliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei tätig gewesen - stattgefunden. Die auf Grund dieser Besprechung angefertigten Aktenvermerke des Prüforgans würden für die Jahre 1994 bis 1997 exakt beziffert die für die Bemessung der Abgabe maßgeblichen Umsätze unter Zugrundelegung des anzuwendenden Aufteilungsschlüssels auf die Sitzgemeinde Salzburg-Stadt und die Verbandsgemeinden der Autobahnstrecke ergeben.

In der Folge gelangte die belangte Behörde zum Bestehen einer Beitragspflicht und einer offenen Beitragsschuld der beschwerdeführenden Partei für die Jahre 1995 und 1996.

Hinsichtlich des Verspätungszuschlages führte die belangte Behörde aus, dass die beschwerdeführende Partei die Beitragserklärungen für die Jahre 1994 bis 1997 nicht - wie gemäß § 40 Abs. 1 Sbg. FVG erforderlich - bis jeweils 31. Mai eines jeden Jahres, sondern überhaupt nicht (somit "verspätet" im Sinne des § 104 Sbg. LAO) abgegeben habe. In der gegen die erstinstanzlichen Bescheide gerichteten Berufung werde als Entschuldigungsgrund - nach § 104 Abs. 1 Sbg. LAO könne ein Verspätungszuschlag bis zu 10 % der selbst berechneten oder festgesetzten Abgabe dann auferlegt werden, wenn die Verspätung nicht entschuldbar sei - geltend gemacht, es sei der beschwerdeführenden Partei nicht möglich gewesen, die auf die einzelnen Betriebsstätten entfallenden Umsätze festzustellen. Davon habe man das Landesabgabenamt in Kenntnis gesetzt und die übermittelten Erklärungsformulare zugleich an die Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG weitergeleitet. Diese habe jedoch - so die belangte Behörde im Zuge der von ihr getroffenen Feststellungen - keinerlei Beitragserklärungen abgegeben und sich erst im Zuge "eines Besuches" durch das Prüforgan des Landesabgabenamtes am bereit erklärt, die erforderlichen Daten bekannt zu geben. Für das Beitragsjahr 1995 habe somit die Verspätung mehr als 25 Monate und für das Beitragsjahr 1996 über 13 Monate betragen. Davon ausgehend verneinte die belangte Behörde die Entschuldbarkeit des Verhaltens der beschwerdeführenden Partei; diese müsse sich auch das Verhalten ihres bevollmächtigten Vertreters zurechnen lassen und hätte sich in diesem Zusammenhang vergewissern müssen, dass ihr Vertreter die erforderlichen Schritte setze.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof nur hinsichtlich der Auferlegung von Verspätungszuschlägen für die Beitragsjahre 1995 und 1996; sie erachtet sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, derartige Verspätungszuschläge infolge Vorliegens von Entschuldigungsgründen nicht oder nicht in der vorgeschriebenen Höhe bezahlen zu müssen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu den öffentlichen Abgaben gehört nach § 2 Abs. 1 lit. b Sbg. LAO der Verspätungszuschlag. Diesen regelt näher § 104 leg. cit. (idF durch die Novelle LGBl. Nr. 54/1983):

"(1) Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 v.H. der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.

(2) Die Anforderung eines Säumniszuschlages (§§ 162 ff) schließt die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht aus."

Strittig ist vor dem Verwaltungsgerichtshof nur mehr, ob die "Verspätung" entschuldbar ist oder nicht.

Die Streitteile des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen dabei ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof selbst davon aus, dass bei einer Selbstbemessungsabgabe - wie sie die vorliegende Abgabe nach dem Sbg. FVG ist - eine "Verspätung" im Sinne des § 104 Abs. 1 Sbg. LAO vorliegt, wenn die Selbstbemessungsabgabe nicht rechtzeitig erklärt wird. Diesbezüglich bestimmte jedoch § 40 Sbg. FVG übereinstimmend in den Fassungen durch die Novelle LGBl. Nr. 66/1994 bzw LGBl. Nr. 14/1996 hinsichtlich der hier in Betracht kommenden Jahre 1995 und 1996, dass jedes Pflichtmitglied bis 31. Mai eines jeden Jahres dem Landesabgabenamt eine Erklärung über den für die Beitragsbemessung maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Verbandsbeitrag abzugeben hat (§ 40 Abs. 1 erster Satz); der Beitragspflichtige hat weiters (Abs. 2 leg. cit.) den Verbandsbeitrag entsprechend seiner Beitragserklärung zu entrichten. Der Verbandsbeitrag ist am 15. Juni des jeweiligen Jahres fällig. Unbestritten ist, dass weder eine Beitragserklärung zu den gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkten abgegeben wurde, noch jeweils der Verbandsbeitrag zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wurde.

Fremdenverkehrsverbandsbeiträge für die hier in Betracht kommenden Jahre 1995 und 1996 wurden erst mit den erstinstanzlichen Bescheiden vom festgesetzt, sodass jedenfalls eine Verspätung im Sinne des § 104 Abs. 1 Sbg. LAO vorliegt. Gleiches gilt für die Fremdenverkehrsbeiträge nach § 43 Abs. 1 Sbg. FVG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der mit § 104 Sbg. LAO gleichartigen Norm des § 135 Abs. 1 BAO (sowie zu vergleichbaren Regelungen in anderen Landesabgabenordnungen) ist im Sinne dieser Gesetzesstelle eine Verspätung dann entschuldbar, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht angelastet werden kann, d.h., wenn er die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Unter Fahrlässigkeit ist hier auch leichte Fahrlässigkeit zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0286, mwN).

Die beschwerdeführende Partei bringt vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit vor, sie habe erst durch die erstinstanzlichen Bescheide vom erfahren, dass das "Abgabenamt nicht im Besitz der entsprechenden Umsatzmitteilungen" gewesen sei; der beschwerdeführenden Partei seien die Umsätze der einzelnen Betriebsstätten, die für die Berechnung und Zuordnung der Pflichtbeiträge an die einzelnen Fremdenverkehrsverbände maßgeblich seien, nicht bekannt. Sie habe daher die hiefür zuständige Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG "jeweils nach Erhalt der Beitragserklärungen beauftragt und ermächtigt, die für das Abgabenamt je Betriebsjahr erforderlichen Angaben fristgerecht zur Verfügung zu stellen". Das Landesabgabenamt sei jeweils von der Beauftragung verständigt und gebeten worden, das Einvernehmen mit der genannten Gesellschaft herzustellen. Dies habe auch bis 1993 "gut funktioniert". Die beschwerdeführende Partei habe keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass dies auch in den Folgejahren möglich sein werde, und sei daher bis zur Zustellung der erstinstanzlichen Bescheide "guten Glaubens" gewesen, dass das "Zusammenspiel" zwischen dem Abgabenamt und der genannten Gesellschaft "reibungslos" verlaufe. Gegenteilige "Indizien" seien nicht bekannt geworden. Der "Vorhalt" der belangten Behörde, die beschwerdeführende Partei hätte sich zu vergewissern gehabt, dass ihre Vertretung die erforderlichen Schritte setze, möge "aus formaler Sicht" verständlich sein, werde aber der tatsächlichen, "durch Übung bewährten Konstellation" keineswegs gerecht. Die beschwerdeführende Partei stelle überdies "keineswegs in Abrede", dass das Verhalten der genannten Aktiengesellschaft ihr zuzurechnen sei, vermeine aber, Entschuldigungsgründe für die eingetretene Verspätung darin erblicken zu können, dass einerseits ihr selbst der Unrechtsgehalt des eigenen Verhaltens aus den gegebenen Umständen nicht vorzuwerfen sei und andererseits die objektiv aufgetretene Verspätung auch dadurch mitverursacht sei, dass das Abgabenamt die von der Beschwerdeführerin erbetene "Mithilfe" unterlassen habe.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass ein förmliches Vollmachtsverhältnis gegenüber der Abgabenbehörde nicht offen gelegt wurde. Selbst dann, wenn die Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dahingehend zu deuten wären, es läge ein Vollmachtsverhältnis zwischen der beschwerdeführenden Partei und der genannten AG vor, müsste sich die beschwerdeführende Partei als Vertretene unmittelbar das Verschulden des Vertreters zurechnen lassen. Im Falle des Nichtvorliegens eines Vollmachtsverhältnisses läge ein Überwachungsverschulden vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Entschuldbarkeit einer Verspätung gleichfalls bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. nur das bereits zitierte Erkenntnis vom mwN), kann ein Rechtsirrtum bzw. das Handeln auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht die Annahme eines Verschuldens ausschließen. Allerdings gilt, dass Rechtsunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen nur dann entschuldbar und als fahrlässig nicht zuzurechnen sind, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde. In der Unterlassung einer entsprechenden, den Umständen und persönlichen Verhältnissen nach gebotenen oder zumindest zumutbaren Erkundigung liegt ein Verschulden; dies gilt insbesondere bei selbstständiger Erwerbstätigkeit und bei Tätigkeiten, die typischerweise mit Abgabenpflichten und damit mit Erklärungspflichten verbunden sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgesprochen hat (vgl. zu § 104 Sbg. LAO das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0265) steht der Abgabenbehörde sowohl bei der Frage der Zuschlagsfestsetzung dem Grunde nach als auch bei der Festlegung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages Ermessen zu. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Bescheiden, die im Ermessen der Verwaltungsbehörde liegen, gilt dem fehlerhaften Gebrauch der das Ermessen einräumenden Verwaltungsvorschrift. Ein solcher liegt dann vor, wenn das der Ermessensübung durch die Behörde zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren mangelhaft ist oder wenn von der Verwaltungsbehörde bei der Ermessensübung der Sinn des Gesetzes nicht beachtet wurde. Im letzteren Fall wird von einem (materiellen) Ermessensfehler gesprochen. Vorliegendenfalls behauptet die beschwerdeführende Partei (allenfalls) einen materiellen Ermessensfehler, weil die belangte Behörde die in der Beschwerde näher dargelegten Umstände nicht im Sinne des Gesetzes gewürdigt habe. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu wieder das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN) ist aber der Gesetzeszweck des Verspätungszuschlages darin zu erblicken, dass der Abgabepflichtige zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung von Abgabenerklärungen angehalten werden soll. Bei der Ermessensübung ist demnach die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der unbestreitbaren objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen nicht außer Betracht zu lassen; ein Ermessensfehler bei der Festsetzung dem Grunde nach ist deshalb im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Wenn die belangte Behörde bei der Festsetzung des Ausmaßes des Verspätungszuschlages vor allem der beschwerdeführenden Partei lang andauernde Untätigkeit in Kenntnis der Rechtslage (vgl. die oben auf Seite 2 zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) in der die beschwerdeführende Partei selbst betreffenden Angelegenheiten vorhielt, kann das von der belangten Behörde geübte Ermessen im Rahmen des dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Prüfungsrahmens nicht beanstandet werden.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus Eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am