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VwGH vom 05.07.2004, 2002/14/0142

VwGH vom 05.07.2004, 2002/14/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der R Gen.m.b.H., vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , RV 1444/1-6/2002, betreffend Gewerbesteuermessbetrag für 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Bank in der Rechtsform einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft. Sie war im Jahr 1991 u. a. an der einen Gewerbebetrieb führenden H-OHG als Mitunternehmerin beteiligt. Für das Jahr 1991 betrug ihr Gewinnanteil aus dieser Beteiligung S 42,182.717,--. Von diesem Gewinnanteil entfielen S 3,028.652,-- auf den laufenden Gewerbebetrieb und S 39,154.065,-- auf die Veräußerung eines Teilbetriebes durch die Personengesellschaft.

Bei Ermittlung des Gewerbeertrages brachte die Beschwerdeführerin ihren gesamten in Rede stehenden Gewinnanteil aus der H-OHG gemäß § 8 Z 2 GewStG in Abzug.

Im Zuge einer auch das Jahr 1991 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der in Rede stehende Gewinnanteil unterliege insoweit nicht der Kürzung nach § 8 Abs. 2 GewStG, als er auf die Veräußerung des Teilbetriebes der H-OHG entfalle. Insoweit sei nämlich bei der H-OHG keine Gewerbesteuerpflicht entstanden.

In der Folge erließ das Finanzamt einen der Ansicht des Prüfers entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, Voraussetzung für die Kürzung nach § 8 Z 2 GewStG sei zwar, dass ein Gewinnanteil aus einer Beteiligung an einer solchen Personengesellschaft vorliege, welche eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Die Kürzung hänge allerdings nicht davon ab, dass jeglicher im Rahmen der Personengesellschaft erzielter Gewinn bei der Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Gewerbesteuer unterlägen Erträge aus einem bestehenden Gewerbebetrieb. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften unterlägen Veräußerungsgewinne im Sinn des § 24 EStG nicht der Gewerbesteuer. Bei Kapitalgesellschaften falle das Besteuerungsobjekt Gewerbebetrieb allerdings erst mit dem Fortfall der Rechtsform weg, weshalb bei solchen Rechtsgebilden die Veräußerung noch während des Bestehens des Besteuerungsobjektes erfolge und damit der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer zu unterziehen sei.

Der Zweck der Kürzungsvorschrift des § 8 Z 2 GewStG liege darin, eine doppelte gewerbesteuerliche Erfassung ein und desselben Betrages sowohl bei der Beteiligungsgesellschaft (Personengesellschaft) als auch beim beteiligten Unternehmen hintanzuhalten. Daher habe der Gesetzgeber die Regelung ausdrücklich auf Gewinne aus Beteiligungen an solchen Personengesellschaften beschränkt, welche Gewerbebetriebe führten.

Im gegenständlichen Fall sei es hinsichtlich des Gewinnes aus der Veräußerung eines Teilbetriebes der Personengesellschaft nicht zu einer doppelten gewerbesteuerlichen Belastung gekommen. Der Veräußerungsvorgang sei nämlich bei der Personengesellschaft selbst nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei der Gewinnanteil dennoch auch bei ihr selbst nicht gewerbesteuerpflichtig. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , 89/14/0059, ausgesprochen, dass die Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 8 Z 2 GewStG davon abhängig sei, dass die Personengesellschaft, an welcher die Beteiligung bestehe, einen Gewerbebetrieb führe. Das sei jedoch nur der Fall, wenn im Rahmen der Personengesellschaft irgendeine gewerbliche Tätigkeit entfaltet werde. Die Betriebsveräußerung liege allerdings bei der Personengesellschaft bereits außerhalb der als Gewerbebetrieb anzusehenden Tätigkeit. Nach Ansicht der belangten Behörde sei entscheidend, dass der Veräußerungstatbestand bei der Personengesellschaft selbst nicht der Gewerbebesteuerung zu unterziehen sei. Bei der beschwerdeführenden Genossenschaft falle er hingegen unzweifelhaft in einen Zeitraum, in dem diese durch Ausübung einer werbenden Tätigkeit als bestehender Gewerbebetrieb anzusehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 6 Abs. 1 GewStG geht bei Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage vom "Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach dem Einkommensteuergesetz 1988 ... zu ermitteln ist" aus. Obwohl Veräußerungsgewinne im Sinn des § 24 EStG 1988 gemäß § 23 Z 3 leg. cit. zu den Einkünften und damit zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gehören und obwohl das Gewerbesteuergesetz keine ausdrückliche Anordnung enthält, wonach Veräußerungsgewinne nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, stimmen Lehre und Rechtsprechung darin überein, dass Veräußerungsgewinne bei Ermittlung des Gewerbeertrages von Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften außer Ansatz zu bleiben haben. Dies mit der Begründung, dass gemäß § 1 Abs. 1 GewStG nur der stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer unterliegt und eine Betriebsveräußerung gedanklich erst nach Beendigung des stehenden Gewerbebetriebes anfallen kann (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/13/0105).

Gemäß § 8 Z 2 GewStG wird die Summe des Gewinnes und der Hinzurechnungen (§ 7 GewStG) um die Anteile am Gewinn einer OHG, einer KG oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen sind, gekürzt.

Bei dem im Beschwerdefall strittigen Betrag handelt es sich um einen Anteil der Beschwerdeführerin am Gewinn einer OHG, wobei die Beschwerdeführerin als Mitunternehmerin des Gewerbebetriebes anzusehen ist. Strittig ist, ob die Kürzung nach § 8 Z 2 GewStG auch insoweit vorzunehmen ist, als der Gewinnanteil auf die Veräußerung eines Teilbetriebes durch die OHG zurückzuführen ist.

Zu den Voraussetzungen der Kürzung nach § 8 Z 2 GewStG gehört es, dass der Betrieb, an dem die Beteiligung besteht, einen Gewerbebetrieb darstellt. Die Personengesellschaft muss also ein Besteuerungssubjekt iSd GewStG sein (Philipp, Tz 8-32 GewStG). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 1722/77, bei Beteiligungen an einer bereits nicht mehr aktiv tätigen ARGE und in den Erkenntnissen vom ¸ 85/13/0137,und 85/13/0138, bei Beteiligungen an einer bloß vermögensverwaltenden KG (diese hatte ihren Betrieb im gesamten Streitzeitraum verpachtet) die Voraussetzungen für die Kürzung als nicht erfüllt angesehen. Es handelte sich in diesen Fällen jeweils um Beteiligungen an Personengesellschaften, die im gesamten Streitjahr keinen Gewerbebetrieb (mehr) unterhalten hatten

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/14/0206, betraf die Rechtsnachfolgerin einer österreichischen GmbH, welche an einer ARGE beteiligt war, die in Ungarn im Rahmen einer Betriebsstätte gewerblich tätig (und somit nicht in Österreich gewerbesteuerpflichtig) war. Der Verwaltungsgerichtshof anerkannte die Kürzung nach § 8 Z 2 GewStG. Er führte aus, ein Gewerbebetrieb liege nicht nur vor, soweit er im Inland betrieben, also für ihn iSd § 1 Abs 1 dritter Satz GewStG im Inland eine Betriebsstätte unterhalten werde. Vielmehr sei nach dem zweiten Satz des § 1 Abs 1 GewStG unter Gewerbebetrieb - schlechthin - ein gewerbliches Unternehmen iSd EStG zu verstehen. Der Inlandsbezug sei kein Tatbestandselement des Gewerbebetriebes. Er sei lediglich Anknüpfungsmerkmal für die Gewerbebesteuerung: Da die ARGE im Streitjahr (wenn auch im Ausland) ein gewerbliches Unternehmen iSd EStG betrieben hat, sei -

unabhängig vom Unterbleiben einer Gewerbebesteuerung ihres Gewinnes - die Kürzung nach § 8 Z 2 GewStG vorzunehmen.

Das hg Erkenntnis vom , 89/14/0059, betraf eine GmbH, welche eine Beteiligung an einer KG hielt, die ihren Gewerbebetrieb als Ganzes veräußerte. Der Gerichtshof führte aus, bei Personengesellschaften höre das Besteuerungsobjekt mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit auf zu bestehen. Die nachfolgende Betriebsveräußerung liege außerhalb der Tätigkeit, die als Gewerbebetrieb anzusehen sei. Der Veräußerungsgewinn sei daher bei der GmbH als Gesellschafterin der KG gewerbesteuerlich zu erfassen. Die Anwendung der Kürzungsbestimmung nach § 8 Z 2 GewStG sei nämlich davon abhängig, dass die Personengesellschaft, an welcher die Beteiligung bestehe, ein Gewerbebetrieb sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn im Rahmen der Gesellschaft irgendeine und sei es auch die geringste gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde. Bei Personengesellschaften liege aber die Betriebsveräußerung außerhalb der als Gewerbebetrieb anzusehenden Tätigkeit.

Das hg Erkenntnis vom , 92/13/0105, betraf eine GmbH, welche als Komplementärin eine Beteiligung an der E-KG hielt. Strittig war der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles durch eine Kommanditistin. Dieser Gewinnanteil wurde der Komplementärin zugerechnet, weil ihr in der Vergangenheit iSd der hg Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom , 1661/79) abweichend von der handelsrechtlichen Ergebnisverteilung die über die Haftung der Kommanditisten hinausgehenden Verluste zugewiesen worden waren. Der Verwaltungsgerichtshof bejahte die Anwendbarkeit der Kürzungsbestimmung des § 8 Z 2 GewStG und führte aus, aus dieser Formulierung des § 8 Z 2 GewStG habe er in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, die Anwendung der Kürzungsbestimmung sei davon abhängig, dass die Personengesellschaft, an welcher die Beteiligung bestehe, einen Gewerbebetrieb bilde. Dies sei nur der Fall, wenn im Rahmen der Personengesellschaft irgendeine und sei es auch die geringste gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde. Im zu beurteilenden Fall liege eine Beteiligung der (seinerzeitigen) Beschwerdeführerin an der E-KG vor. Dass diese KG im Jahr 1981 einen stehenden Gewerbebetrieb unterhalten habe, sei unbestritten. Allerdings habe der Gerichtshof die dargestellte Rechtsauffassung auch auf Veräußerungsgewinne angewandt, die zusätzlich zu Gewinnanteilen aus einem stehenden Gewerbebetrieb angefallen seien, weil der gesondert zu betrachtende Veräußerungsgewinn nicht als Anteil am Gewinn einer Personengesellschaft angesehen worden sei. In jenen Fällen habe es sich aber um Veräußerungsgewinne gehandelt, die vom jeweiligen Abgabepflichtigen erzielt worden seien. An dieser Voraussetzung fehlt es im Beschwerdefall. Die Beschwerdeführerin habe selber weder einen Veräußerungstatbestand verwirklicht noch einen Veräußerungsgewinn erzielt.

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist entscheidend, dass die OHG - ungeachtet und neben der Veräußerung eines ihrer Teilbetriebe - im Streitjahr eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet hat und damit einen stehenden Gewerbebetrieb unterhalten hat. Streitgegenständlich ist auch nicht ein Gewinn, den die beschwerdeführende Genossenschaft durch die Veräußerung ihrer Beteiligung erzielt hat, sondern ein Anteil an einem im Schoße der Mitunternehmerschaft (des stehenden Gewerbebetriebes) erzielten Gewinn. Damit sind aber die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Kürzungsbestimmung des § 8 Z 2 GewStG erfüllt. Der Umstand, dass der Gewinnanteil an der im Streitjahr unbestritten einen stehenden Gewerbebetrieb führenden Mitunternehmerschaft auch eine Komponente enthält, die - als Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebes -

Lehre und Rechtsprechung zufolge bei der Mitunternehmerschaft nicht der Gewerbesteuer unterliegt, steht dem nicht entgegen.

Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 333/2003.

Wien, am