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VwGH vom 28.11.2001, 98/17/0259

VwGH vom 28.11.2001, 98/17/0259

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des J S und der M S, beide in P und vertreten durch Dr. Rudolf Rabl und Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Wohlmayrgasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-012207/1-1998/LA, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Pramet, 4925 Pramet), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- (EUR 331,75) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde ihnen die Baubewilligung für den Neubau einer "Remise mit Hackschnitzelheizung und Hofmauer; Abbruch Stall, Scheune und Garage" erteilt.

Mit dem (weiteren) Bescheid des erwähnten Bürgermeisters (als Abgabenbehörde erster Instanz) vom wurde den Beschwerdeführern unter Hinweis auf die erteilte Baubewilligung ein Verkehrsflächenbeitrag in der Höhe von S 28.800,-- vorgeschrieben.

1.2. In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, das Grundstück sei bereits durch eine näher bezeichnete Landesstraße aufgeschlossen. Überdies äußerten sie verfassungsrechtliche Bedenken dahin, dass nur jene Bauwerber Aufschließungskosten auf Grund der Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche zu bezahlen hätten, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des § 8 Abs. 2 des Oberösterreichischen Straßengesetzes 1991 "aufgeschlossen" würden. Bauwerber, die durch eine andere öffentliche Verkehrsfläche, wie z.B. eine Landesstraße "aufgeschlossen" würden, hätten keine Beiträge zu zahlen; dies erscheine eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung.

Weiters sei § 20 Abs. 8 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 zu beachten. Danach seien sonstige, insbesondere auch auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung geleistete Beiträge zu berücksichtigen. Die Behörde erster Instanz habe außer Acht gelassen, dass die Berufungswerber zur Errichtung des Gehsteiges der "Ringstraße" eine Teilfläche ihres Grundstückes kostenlos abgetreten hätten. Gehe man davon aus, dass rund 75 m2 hiebei abgetreten worden seien und setze man einen angemessenen Quadratmeterpreis von S 400,-- an, so zeige sich, dass bei rechtsrichtiger Betrachtung die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages nicht hätte erfolgen dürfen, da sich der Beitrag der Berufungswerber mit rund S 30.000,-- im Sinne des § 20 Abs. 8 leg. cit. berechne.

1.3. Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führte der Gemeinderat unter anderem aus, dass die Oberösterreichische Bauordnung 1994 mehrere Anliegerleistungen kenne und ausdrücklich zwischen der Verpflichtung zur Grundabtretung nach § 16 einerseits und der Beitragspflicht nach den §§ 19 bis 21 andererseits differenziere. Schon daraus folge, dass es sich bei der Abtretung von für eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde benötigten Grundflächen und bei der Beitragsleistung zu den Kosten der Herstellung einer solchen Verkehrsfläche um zwei voneinander unabhängige Anliegerleistungen handle, die nicht gegenverrechnet werden dürften. Eine Anrechnung der für die Errichtung des Gehsteiges entlang der "Ringstraße" abgetretenen Grundfläche auf den Beitrag zu den Kosten der Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche sei daher nicht möglich.

1.4. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer aus wie in ihrer Berufung. Sie rügten in diesem Zusammenhang noch, dass die Abgabenbehörden keinerlei Erhebungen über den Wert der abgetretenen Flächen gepflogen hätten, obwohl dies nach der Sachlage "zweckdienlich und notwendig gewesen wäre".

1.5. Die belangte Behörde gab mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom der Vorstellung keine Folge und sprach aus, dass die Vorstellungswerber durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt würden.

Soweit die Vorstellungswerber vorbrächten, dass ihr Grundstück bereits durch die Landesstraße aufgeschlossen werde, sei ihnen zu entgegnen, dass ihr Grundstück (auch) direkt an die "Ringstraße" grenze. Diese Straße sei eine öffentliche Verkehrsfläche der mitbeteiligten Gemeinde. Infolge des rechtskräftigen Baubewilligungsbescheides vom sei der Abgabentatbestand des § 19 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 erfüllt, wobei die Berufungsbehörde richtig in diesem Zusammenhang erkannt habe, dass ein Gebäude dann als (verkehrsmäßig) aufgeschlossen gelte, wenn die Verkehrsfläche direkt bzw. unmittelbar an das betreffende Grundstück angrenze. Dass das "Gebäude" gleichermaßen von der Landesstraße aufgeschlossen werde, hindere nicht die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages.

Der Landesgesetzgeber sei im Hinblick auf die Aufschließung eines Grundstückes durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde davon ausgegangen, dass die Gemeinde, die als Straßenerhalter bei der Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Verkehrsflächen erwachsenen Kosten zumindest zum Teil dem Bauwerber, dem durch die Aufschließungen ein Vorteil entstünde, auferlegen könne. Diese "Konstruktion" sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich (Hinweis auf VfSlg 3475/1958 sowie auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0107).

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Abtretung von für eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde benötigten Grundflächen und bei der Leistung des Verkehrsflächenbeitrages um zwei voneinander unabhängige Anliegerleistungen handle, die nicht "gegenverrechnungsfähig" seien. Die "eingewendete Grundabtretung" stünde somit einer Beitragsvorschreibung nicht entgegen.

1.6. Die Beschwerdeführer bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachten sich "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, dass entsprechend den Bestimmungen der §§ 19 ff Oberösterreichischen Bauordnung nur Beiträge zu den der Gemeinde erwachsenen Kosten der Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche der Gemeinde vorgeschrieben werden und nicht auch dann Beiträge zu zahlen sind, wenn der Gemeinde überhaupt keine Kosten entstanden sind bzw. diese öffentliche Verkehrsfläche von der Gemeinde gar nicht errichtet worden ist" verletzt; des Weiteren verletze der genannte Bescheid die Beschwerdeführer in dem "gesetzlich gewährleisteten Recht, dass die auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung ... geleisteten Beiträge gemäß § 20 Abs. 8 Oberösterreichischen Bauordnung zu berücksichtigen" seien.

1.7. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei hat am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht teilgenommen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 19 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 (in der Folge: O.ö. BauO), lautet nach der Überschrift "Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde" wie folgt (auszugsweise):

"(1) Wurde von der Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 8 Abs. 2 O.ö. Straßengesetz 1991) errichtet, hat sie anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.

(2) Wird ein Gebäude durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen und hat die Gemeinde bereits mehr als eine dieser Verkehrsflächen errichtet, ist der Beitrag nur zu den Kosten der Herstellung jener öffentlichen Verkehrsfläche zu leisten, für die sich bei der Berechnung der höchste Beitrag ergibt. Ergeben sich nach dieser Berechnung für zwei oder mehrere öffentliche Verkehrsflächen gleich hohe Beträge, ist der Beitrag nur einmal zu entrichten.

(3) ..."

§ 20 O.ö. BauO regelt die Berechnung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde; sein - im Rahmen des Beschwerdepunktes bezogener - Abs. 8 lautet wie folgt:

"(8) Sonstige, insbesondere auch auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung geleistete Beiträge sind zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Beiträge, die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen geleistet wurden."

§ 16 O.ö. BauO regelt als Anliegerleistung die Grundabtretung. Nach dessen Abs. 1 erster Satz sind anlässlich der Bewilligung von Bauplätzen und der Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken die nach Maßgabe der Straßenfluchtlinie des Bebauungsplanes zu den öffentlichen Verkehrsflächen fallenden, an einen Bauplatz oder an den von der Änderung betroffenen Teil des Bauplatzes oder des bebauten Grundstückes angrenzenden Grundflächen, und zwar bei beiderseitiger Bebaubarkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebaubarkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen im rechten Winkel auf die Straßenfluchtlinie, abzutreten.

2.2. Die Abgabenbehörden erachteten die gesetzlichen Voraussetzungen für den vorgeschriebenen Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde als erfüllt. Die Beschwerdeführer haben weder im gemeindebehördlichen Abgabenverfahren noch vor der Vorstellungsbehörde vorgebracht, dass eine dieser von den Abgabenbehörden zu Grunde gelegten Voraussetzungen, nämlich die Errichtung und Kostentragung der Verkehrsfläche durch die Gemeinde, nicht gegeben sein soll. Soweit sie diesbezüglich ein Tatsachenvorbringen nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatten, handelt es sich dabei - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend verweist - um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu berücksichtigende Neuerung, weshalb auf die in diesem Zusammenhang erstatteten Beschwerdeausführungen nicht weiter einzugehen war.

2.3. Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die belangte Behörde (und die Abgabenbehörden) hätten die (vertragliche) Grundabtretung durch die Beschwerdeführer nicht als anrechenbare Leistung berücksichtigt. Die Behörden haben diesem Vorbringen die gesetzliche Verpflichtung zur Grundabtretung im Sinne des § 16 O.ö. BauO entgegengehalten. Zwar ist eine bescheidmäßige Verpflichtung zur Grundabtretung - offenbar gerade wegen der behaupteten privatrechtlichen Vereinbarung - nicht erfolgt, so verweisen die Behörden doch zutreffend auf den diesbezüglichen - im öffentlichen Recht wurzelnden - Anspruch. Dieser Anspruch ist von dem in den §§ 19 ff O.ö. BauO geregelten Anspruch auf Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde zu unterscheiden. Schon auf Grund des systematischen Zusammenhanges folgt, dass die in Abs. 8 des § 20 leg. cit. genannten auch auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung geleisteten Beiträge sich (nur) auf solche zu den Kosten der Herstellung der erwähnten Verkehrsflächen beziehen; dies gilt auch für "Beiträge, die nach anderen gesetzlichen Bestimmungen geleistet wurden". Auch solche Beiträge müssen sich auf die Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde beziehen.

2.4. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden, aber auch vor dem Verwaltungsgerichtshof kann nur entnommen werden, dass sie auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung eine Teilfläche ihres Grundstückes zur Errichtung des Gehsteiges der "Ringstraße" abgetreten haben. Damit aber haben sie - wie auch die Verwaltungsbehörden im Ergebnis zutreffend erkannt haben - nur vorgebracht, eine Grundabtretung vorgenommen zu haben, die allenfalls, was hier aber nicht zu beurteilen ist, den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Grundabtretung insoweit zum Erlöschen gebracht hätte. Dass durch diese privatrechtliche Grundabtretung auch ein Beitrag zur Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen (mit mittelschwerer Befestigung einschließlich der Niveauherstellung und der Oberflächenentwässerung) geleistet werden sollte, ist den diesbezüglichen Ausführungen nicht zu entnehmen.

2.5. Auf die im Abgabenverfahren geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommen die Beschwerdeführer - zu Recht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0107) - nicht mehr zurück.

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

2.7. Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, sowie auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

2.9. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am