VwGH vom 18.10.1999, 98/17/0257

VwGH vom 18.10.1999, 98/17/0257

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

98/17/0297 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der T GmbH, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat V der Berufungskommission der Region Linz) vom , Zl. ZRV 8/1-L5/98, betreffend Ausfuhrerstattung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom gewährte das Zollamt Salzburg/Erstattungen auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom nach § 2 Ausfuhrerstattungsgesetz (AEG) iVm Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 eine Ausfuhrerstattung in der Höhe von S 30.671,--. In der Begründung führte die Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe für 736 kg Waren des Produktcodes 1602 42 10 210 die Ausfuhrerstattung zu Unrecht beantragt, da durch die Technische Untersuchungsanstalt (TUA) Wien festgestellt worden sei, dass es sich bei dieser Menge tatsächlich um Waren des Produktcodes 1602 49 30 100 gehandelt habe. Gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 sei eine Verminderung der Erstattung vorzunehmen gewesen. Im Übrigen werde dem Antrag auf Ausfuhrerstattung vollinhaltlich entsprochen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe von einem gleichen Erzeugnis "Toastblock" von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung (BALU) ein Gutachten erstellen lassen, welches attestiere, dass die Fleischstücke aus der Schultermuskulatur des Schweines stammten. Damit müsse die Ware aus Teilen im Sinne des Kapitels 16, nämlich zusammenhängenden Muskelgewebe bestehen, sodass für den Gutachter ersichtlich gewesen sei, aus welchem Teil des Schweines die Ware hergestellt worden sei. Offenbar seien allein bei der von der TUA untersuchten Ware die Fleischteile zu klein gewesen, sodass eine Zuordnung zum Schulterfleisch nicht mehr möglich gewesen sei. Grundsätzlich entspreche das Produkt aber - wie aus dem vorgelegten Gutachten hervorgehe - den Anforderungen des Produktcodes 1602 42 10 210 und es sei aus den einzelnen Teilen die Herkunft des Fleisches ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe auf Grund ihrer langjährigen Tätigkeit und vorliegender Gutachten keinen Zweifel, dass die Ware - wie schon bisher - unter den Produktcode 1602 42 10 210 einzuordnen gewesen wäre. Der Beschwerdeführerin sei nicht nur kein vorsätzliches, sondern nicht einmal fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Bei Einhaltung aller erdenklichen Sorgfalt sei eine Sanktion völlig unangebracht. Eine Sanktion für sorgfältiges Verhalten, das auf Grund nicht nachvollziehbarer, singulär auftretender Umstände objektiv sorgfaltswidrig erscheine, subjektiv aber nicht vorwerfbar sei, verstoße gegen den verfolgten Zweck, sorgfaltswidrig handelnde Personen zu mehr Sorgfalt anzuhalten. Eine Verminderung der Erstattung sei daher nicht vorzunehmen gewesen.

Mit Bescheid vom (Berufungsvorentscheidung) wies das Zollamt/Erstattungen die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, der bei der Entscheidung zugrunde gelegte REX-Vorschlag der TUA gründe sich im Wesentlichen darauf, dass die Teilebestimmung der zusätzlichen Anmerkung 2 zum Kapitel 16 von den im Toastblock eingesetzten Fleischstücken nicht erfüllt worden sei. Nach der zusätzlichen Anmerkung 2 zum Kapitel 16 bezöge sich der Begriff "Teile" im Sinne der Unterpositionen 1602 41 10, 1602 42 10 und 1602 49 11 bis 1602 49 15 nur auf zubereitetes oder haltbar gemachtes Fleisch, bei dem auf Grund der Größe und Beschaffenheit des zusammenhängenden Muskelgewebes ersichtlich sei, dass es von Schinken, Schultern, Kotelettsträngen oder Nacken von Hausschweinen stamme. Mit Untersuchung eines gleichen Erzeugnisses durch die BALU sei von der Beschwerdeführerin versucht worden, das vorliegende Untersuchungsergebnis der TUA zu widerlegen. Dazu sei auszuführen, dass lediglich ein gleiches Erzeugnis untersucht worden sei und nicht das anlässlich der Beschau aus der Ausfuhrsendung entnommene Gegenmuster. Das Gutachten treffe daher keine Aussage über die Beschaffenheit der konkreten Ausfuhrware und sei zur Untermauerung des Berufungsbegehrens nicht zielführend. Die Sanktion nach Art. 11 der genannten Verordnung sei auch bei einem objektiv unrichtigen Ausfuhrerstattungsantrag vorzuschreiben. Die Voraussetzungen für eine Abstandnahme von der Verhängung der Sanktion lägen nicht vor.

In der als Vorlageantrag bezeichneten Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, die Fachleute der BALU hätten festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Probe vor allem aus bindegewebsreichen, teilweise von Fett durchzogenen, dunkelroten, myoglobinreichen Fleischstücken zusammengesetzt sei und sich das Fleisch derartiger Beschaffenheit hauptsächlich in der Schultermuskulatur des Schweines befinde und nicht charakteristisch für Karree sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, mit Annahme der Ausfuhranmeldung am sei u.a. für 736 kg Toastblock die Ausfuhrerstattung für den Produktcode 1602 42 10 210 beantragt worden. Im Zuge der Beschau seien vom Abfertigungsorgan Muster und Gegenmuster entnommen worden und die Nämlichkeit des Gegenmusters mit dem zollamtlichen Verschluss gesichert worden. Aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten sei ersichtlich, dass die der BALU zur Untersuchung überbrachte Ware nicht amtlich verschlossen gewesen sei. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass das von der BALU untersuchte Muster nicht die Beschaffenheit der zur Ausfuhr gelangten Ware aufweise und somit durch diese Untersuchung keine Feststellung hinsichtlich der am Tag der Ausfuhr maßgebenden Eigenschaften der Ausfuhrware getroffen worden sei. Entscheidungsrelevant sei daher allein der Untersuchungsbefund der TUA. Da weder höhere Gewalt noch ein offensichtlicher Irrtum vorgelegen sei, sei die Sanktion nach Art. 11 Abs. 1 lit. a der bereits genannten Verordnung zu verhängen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Zuerkennung der beantragten Ausfuhrerstattung verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte die Versagung der beantragten Ausfuhrerstattung für 736 kg Toastblock auf das Untersuchungsergebnis der TUA. Danach ist die Ware in den Produktcode 1602 49 30 100 einzureihen.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte die Beweiswürdigung der belangten Behörde mit dem Argument, das vorgelegte amtliche Untersuchungszeugnis der BALU sei zu Unrecht nicht als entscheidungsrelevant angesehen worden. Sie zeigt aber damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Anlässlich der Abfertigung der Waren zur Ausfuhr wurden Muster und Gegenmuster gezogen und das Gegenmuster wurde mit zollamtlichem Verschluss gesichert. Die von der BALU untersuchte Ware wurde


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lt. Untersuchungsbefund - aus einem unverplombten Karton entnommen. Wenn dieser Karton auch mit der im Beschwerdefall maßgebenden Anmeldungsnummer und mit Kugelschreiberparaphen versehen war, konnte die belangte Behörde mit Recht schon wegen der nicht gesicherten Untersuchung des Gegenmusters das Untersuchungsergebnis der BALU als für die Entscheidung unmaßgeblich ansehen, ohne sich mit dem Inhalt des Gutachtens näher auseinander zu setzen. Das Untersuchungsergebnis über ein nicht aus der Ausfuhrsendung entnommenes Muster ist allein kein Nachweis der Zusammensetzung der ausgeführten Waren einer anderen Sendung.

Bereits in der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es seien allein bei der von der TUA untersuchten Ware die Fleischteile zu klein gewesen. In der Berufungsvorentscheidung vom wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Teilebestimmung der zusätzlichen Anmerkung 2 zum Kapitel 16 von den im Toastblock eingesetzten Fleischstücken nicht erfüllt worden sei. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführerin


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wie sie in der Beschwerde behauptet - keine Gelegenheit gegeben worden sei, von Beweisergebnissen Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. Die Beschwerdeführerin hatte im Verfahren Gelegenheit zur Stellungnahme über den entscheidungserheblichen Sachverhalt, ihr ist es allerdings nicht gelungen, die Feststellungen der TUA über die Einreihung der in der Ausfuhr abgefertigten Waren in dem Produktcode 1602 49 30 100 zu entkräften. Die Beschwerdeführerin hat mit der Berufung das Gutachten der BALU vom sowie eine Tarifierungsentscheidung der TUA zu einem Toastblock vom sowie in der Beschwerde den Befund und das Gutachten der BALU vom vorgelegt. Diese Beweismittel haben in die Beweiswürdigung der Behörde Eingang gefunden und wurden nicht
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wie die Beschwerdeführerin behauptet - in vorgreifender Beweiswürdigung für unerheblich gehalten. Die Tatsache, dass von der TUA untersuchte und mit dem Produktcode 1602 49 30 100 bestätigte Ausfuhren vor dem Anlassfall bereits erfolgt waren, ist kein Nachweis für den Inhalt der im Beschwerdefall zu beurteilenden Ausfuhrsendung. Eine unschlüssige und damit rechtswidrige Beweiswürdigung liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen die Verhängung einer Sanktion nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der Verordnung (EG) Nr. 2945/94, und vertritt die Ansicht, die Verhängung einer Sanktion sei bei Einhaltung aller erdenklichen Sorgfaltspflichten völlig unangebracht. Das Verhängen von Strafen unabhängig vom Vorliegen einer Schuld "widerspreche" dem österreichischen "ordre public".

Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 idF der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe

a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,

b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.

In den Erwägungen der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 wurde festgehalten:

"Nach der geltenden Gemeinschaftsregelung werden Ausfuhrerstattungen einzig und allein anhand objektiver Kriterien gewährt, die insbesondere Quantität, Art und Merkmale des Ausfuhrerzeugnisses sowie seine geographische Bestimmung betreffen. Da auf Grund der bisherigen Erfahrungen insbesondere zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts gehende Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle stärker bekämpft werden sollten, müssen zu Unrecht gezahlte Beträge zurückgefordert und Sanktionen vorgesehen werden, welche die Ausführer veranlassen, das Gemeinschaftsrecht einzuhalten. Damit die Ausfuhrerstattungen ordnungsgemäß gewährt werden, müssen Sanktionen unabhängig vom Anteil subjektiver Schuld verhängt werden. Von der Verhängung einer Sanktion sollte jedoch insbesondere dann abgesehen werden, wenn es sich um einen offensichtlichen, von der zuständigen Behörde anerkannten Irrtum handelt. Vorsatz ist jedoch stärker zu ahnden.

Die Angaben eines Ausführers könnten, sofern der wahre Sachverhalt nicht erkannt wird, unrechtmäßige Zahlungen zur Folge haben. Wird der wahre Sachverhalt festgestellt, so erscheint es angemessen, den Ausführer nach Maßgabe des Betrages zu bestrafen, den er sonst zu Unrecht erhalten hätte. Bewusst falsche Angaben sollten billigerweise noch schärfer geahndet werden."

Diese Sanktion nach Art. 11 der genannten Verordnung ist eine Leistung, die nach näherer Regelung in den Abgabenvorschriften erhoben wird. Gemäß § 1 Abs. 5 AEG sind auf die Erstattungen die für Zölle geltenden Rechtsvorschriften sinngemäß anzuwenden, soweit im gemeinschaftlichen Marktordnungsrecht oder in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.

Demnach sind auch auf die Sanktionen die für Zölle maßgebenden Rechtsvorschriften anzuwenden. Die Sanktionen sind daher in einem Abgabenverfahren zu erheben. Die beantragte Ausfuhrerstattung wird bei Verhängung einer Sanktion gekürzt oder es kommt allenfalls auch zu einer Zahlungsverpflichtung. Diese Sanktion ist der im nationalen Abgabenrecht bisher schon bekannten, in bestimmten Bereichen normierten Abgabenerhöhung ähnlich, und wie diese ist auch die Sanktion nach Art. 11 der genannten Verordnung keine nach dem Finanzstrafverfahren zu ahndende Strafe, sondern eine in der Verordnung vorgesehene näher begründete objektive Unrechtsfolge, die unter bestimmten Voraussetzungen entfallen kann (z.B. höhere Gewalt) und bei festgestelltem Vorsatz zu einer Erhöhung der Sanktion führt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag entgegen der unbegründet aufgestellten Behauptung der Beschwerdeführerin, eine solche Sanktionsregelung widerspreche den unverletzlichen Grundprinzipien der inländischen Rechtsordnung (ordre public), keine solche Rechtswidrigkeit zu ersehen (vgl. zB. die Rechtsprechung des VfGH zu den Gebührenerhöhungen VfSlg 10517/1985).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte auf Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil Sanktionen nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 dem Abgabenbereich zuzurechnen und Abgabenangelegenheiten nicht zu den civil rights im Sinn des Art. 6 MRK zu zählen sind.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am