VwGH vom 15.12.1995, 93/17/0039
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8-K-146/1992-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem Beschwerdeführer die Lustbarkeitsabgabe (nach dem Einleitungssatz: für eine "Peepshow mit Vorführung von Videofilmen") für den Zeitraum bis ausgehend von einem Gesamtnettoumsatz von S 606.484,09 mit 25 % hievon, somit mit S 151.621,02 fest. Für den nicht entrichteten Teilbetrag von S 76.427,19 wurde dem Beschwerdeführer ein Säumniszuschlag von S 1.529,-- vorgeschrieben.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde dem Beschwerdeführer die Lustbarkeitsabgabe für den Zeitraum bis ausgehend von einem Nettoumsatz von S 99.290,15 mit 25 % hievon, somit mit S 24.822,53 vorgeschrieben. Für den nicht entrichteten Teilbetrag von S 11.320,45 wurde ein Säumniszuschlag von S 226,-- festgesetzt.
Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufungen wurden mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es unter anderem, Videovorführungen, die den Kunden von Sexshows, Peepshows und "Video-Peep-Shows" vorgeführt werden, seien unter die Bestimmung des § 5 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 zu subsumieren und mit dem dort bestimmten Abgabensatz vorzuschreiben. Videovorführungen in Einzelkabinen mögen unter § 10 Abs. 2 Z. 16 UStG 1972 fallen, seien jedoch keine "Filmvorführungen in Kinobetrieben" im Sinne des § 9 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987.
Selbst wenn die Subsumtion unter § 5 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 bestritten werde, ergäbe dies keine Änderung in der Höhe der Abgabe. Gemäß § 3 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 sei, wenn ein Veranstalter am gleichen Ort gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander mehrere verschiedenartige Veranstaltungen darbiete, die nach der Art ihrer Zusammenstellung, Aufeinanderfolge und Ankündigung nach der Verkehrsanschauung als ein Ganzes anzusehen seien, der Berechnung der Abgabe diejenige Veranstaltung zugrundezulegen, die den höchsten Abgabesatz bedinge. Nachdem Videovorführungen abgabepflichtig seien und der Beschwerdeführer am bezeichneten Standort gleichzeitig mehrere Veranstaltungen, die nach der Verkehrsanschauung als ein Ganzes anzusehen seien, darbiete, wäre auch in diesem Fall die Abgabe vom Gesamtumsatz mit dem im § 5 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung ausgewiesenen Prozentsatz zu berechnen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom , B 1664/1992-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem subjektiven öffentlichen Recht auf Ausübung der Verwaltung aufgrund der Gesetze und in seinem subjektiven öffentlichen Recht darauf, nicht mehr Steuern und Abgaben zu bezahlen, als gesetzlich vorgeschrieben", verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, der mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0286, entschieden wurde. Auch hier vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Vorführung von Videofilmen in Einzelkabinen sei § 9 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 zu unterstellen und bestreitet die Anwendbarkeit des § 5 der genannten Verordnung auf derartige Veranstaltungen. Auch hier bekämpft der Beschwerdeführer die Eventualbegründung der belangten Behörde, wonach das Anbieten einer Peepshow und von Videofilmen in Einzelkabinen am gleichen Orte ein Anwendungsfall des § 3 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 sei.
Aus den im zitierten Erkenntnis vom , auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegten Gründen, stellen die vom Beschwerdeführer angebotenen Filmvorführungen in Videokabinen - und zwar von sogenannten Sex-Videos - keine Filmvorführungen in Kinobetrieben im Sinne des § 9 Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 dar. Sie sind aufgrund ihrer Wesensverwandtschaft mit Peep-Shows dem Tatbestand des § 5 dieser Verordnung zu unterstellen. Aus diesem Grund kann es dahingestellt bleiben, ob ein Zusammentreffen verschiedenartiger Veranstaltungen im Sinne des § 3 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 hier vorliegt oder nicht.
Dennoch ist der angefochtene Bescheid auch hier mit einer - in der Beschwerde nicht geltend gemachten - Rechtswidrigkeit belastet, weil mit ihm im Instanzenzug die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag festgesetzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Slg. Nr. 13651, das Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 38, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat gleichzeitig ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist. Damit ist seine Anwendung auch im Beschwerdefall ausgeschlossen, die diesbezüglichen Bestimmungen der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 haben durch die Aufhebung des Gesetzes jedenfalls ihre Anwendbarkeit verloren.
Da der Ausspruch über die Festsetzung des Zuschlages von jenem über die Festsetzung der Abgabe nicht trennbar ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren war nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.