VwGH vom 22.10.2002, 2002/14/0109
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der D Gesellschaft m. b.H. in L, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr, Dr. Michael Krüger ua., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Marienstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , GZ. RV 1019/1-6/2001, betreffend Körperschaftsteuer 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH machte für das Streitjahr 1998 (Wirtschaftsjahr bis ) eine Firmenwertabschreibung in Höhe von 40,187.894 S - resultierend aus einer zum erfolgten Verschmelzung gemäß Art. I UmgrStG - gewinnmindernd geltend. In einer Beilage zu der am beim Finanzamt eingereichten Körperschaftsteuererklärung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der gegenständliche Firmenwert nach § 3 Abs. 2 Z. 2 UmgrStG bis einschließlich 1996 abschreibbar, durch Änderung der Rechtslage auf Grund des Strukturanpassungsgesetzes 1996 für Wirtschaftsjahre, die nach dem enden, jedoch nicht mehr absetzbar sei, - eine rückwirkend in Kraft getretene gesetzliche Regelung gegen die die Beschwerdeführerin verfassungsrechtliche Bedenken hege.
Mit Körperschaftsteuerbescheid vom berücksichtigte das Finanzamt die Firmenwertabschreibung unter Hinweis auf die der Beschwerdeführerin bekannte Gesetzeslage nicht als Betriebsausgabe.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie sich auf das inzwischen ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (vom , G 172/99) bezog und die ihrer Ansicht nach verspätete Körperschaftsteuerfestsetzung rügte, wodurch der Rechtsmittelweg nicht früher habe beschritten werden können.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Verfassungsgerichtshof habe die (die Firmenwertabschreibung gegenständlich ausschließende) lit. a der Ziffer 4 des 3. Teiles des Umgründungssteuergesetzes idF BGBl. Nr. 201/1996 zwar als verfassungswidrig aufgehoben, jedoch zugleich ausgesprochen, dass die Aufhebung (erst) mit Ablauf des in Kraft trete. Da der vorliegende Fall kein Anlassfall im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei, habe das Finanzamt der von der Beschwerdeführerin beantragten Absetzung des Firmenwertes im Grunde der für das Jahr 1998 geltenden Fassung des § 3 Abs. 2 UmgrStG - ungeachtet des Umstandes, dass die Veranlagung infolge Aktenabtretung nicht umgehend erfolgt sei - zu Recht die Anerkennung versagt.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 971/01, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit der Neufassung des § 3 Abs. 2 und 3 UmgrStG durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, entfiel die Möglichkeit der Firmenwertabschreibung beim vorbereitenden Anteilserwerb. Die Neufassung war gemäß Z. 4 lit. d des 3. Teiles des UmgrStG idF BGBl. Nr. 201/1996 erstmalig auf Umgründungen anzuwenden, denen ein Stichtag nach dem zu Grunde lag. Hinsichtlich der Firmenwertabschreibung aus früher vorgenommenen Umgründungen (wie im Beschwerdefall zum Verschmelzungsstichtag ) ordnete Z. 4 lit. a des 3. Teiles des UmgrStG in der angeführten Fassung an:
"a) Die Abschreibung eines nach § 3 Abs. 2 Z. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 699/1991 ermittelten Firmenwertes gemäß § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 kann letztmalig im letzten vor dem endenden Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden."
Mit Erkenntnis vom , G 172/99, hat der Verfassungsgerichtshof die lit. a leg. cit. als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft trete. Durch die Fristsetzung gemäß Art. 140 Abs. 5, dritter Satz, B-VG solle es dem Gesetzgeber ermöglicht werden, eine verfassungskonforme Übergangsbestimmung für die so genannten "Altfälle" zu schaffen. Verzichte der Gesetzgeber auf eine legistische Maßnahme dieser Art, müsse es nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ab dem Jahr 2001 wieder möglich sein, die Abschreibung eines nach § 3 Abs. 2 Z. 2 UmgrStG idF BGBl. Nr. 699/1991 ermittelten Firmenwertes gemäß § 8 Abs. 3 des EStG 1988 für den jeweils im Einzelfall verbleibenden Abschreibungszeitraum vorzunehmen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die angeführte Bestimmung im gegenständlichen Fall der beantragten Firmenwertabschreibung für das Jahr 1998 entgegen stand, meint jedoch sinngemäß, dass es ihr bei umgehender Abgabenfestsetzung durch die Abgabenbehörde erster Instanz möglich gewesen wäre, selbst "rechtzeitig" den Verfassungsgerichtshof anzurufen und solcherart als Anlassfall in den Genuss der Gesetzesaufhebung zu kommen. Die Abgabenbehörde erster Instanz habe - wie näher ausgeführt - gegen die Bestimmung des § 311 Abs. 1 BAO verstoßen und damit relevante Verfahrensvorschriften verletzt.
Abgesehen davon, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht die erstinstanzliche Abgabenfestsetzung sondern der angefochtene Bescheid der belangten Behörde auf seine Gesetzmäßigkeit zu prüfen ist, übersieht die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, dass die (mögliche) Verletzung einer Verfahrensvorschrift nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt, wenn die belangte Behörde bei deren Einhaltung zu einem anders lautenden Bescheid hätte gelangen können. Dies trifft im Beschwerdefall nicht zu. Zu welchem (früheren) Zeitpunkt auch immer die Abgabenbehörden (erster oder zweiter Instanz) die Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Jahr 1998 vorgenommen hätten, wäre die angeführte Norm der beantragten Firmenwertabschreibung jedenfalls entgegen gestanden.
Auf Grund der Fristsetzung gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof war die in Rede stehende Bestimmung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG noch auf alle bis zum verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Die normative, die Verwaltungsbehörden bindende Fristsetzung durch den Verfassungsgerichtshof erlaubt die von der Beschwerdeführerin angestrebte Ausdehnung der Anlassfallwirkung auf Fälle, in denen ein Verfahren vor den Verwaltungsbehörden anhängig und die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes beabsichtigt war, selbst dann nicht, wenn die Abgabenbehörde erster Instanz die Abgabenfestsetzung nicht "ohne unnötigen Aufschub" im Sinne des § 311 Abs. 1 BAO vorgenommen haben sollte. Das sich (ausschließlich) auf die Verletzung des § 311 Abs. 1 BAO stützende Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am