VwGH vom 21.06.1999, 98/17/0228

VwGH vom 21.06.1999, 98/17/0228

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des O, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in U, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR - 012161/2 - 1998/LA, betreffend Verkehrsflächenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde dem Beschwerdeführer für ein näher bezeichnetes Grundstück eine Bauplatzbewilligung gemäß § 4 der Oberösterreichischen Bauordnung (1976) erteilt. Mit dem weiteren Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung betreffend die Aufstockung sowie Umbauarbeiten für Wohnzwecke auf dem erwähnten Grundstück erteilt. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass in der Sitzung des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom die Straßensanierung unter anderem der das erwähnte Grundstück aufschließenden öffentlichen Verkehrsfläche beschlossen wurde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde dem Beschwerdeführer ein Verkehrsflächenbeitrag in der Höhe von S 30.399,60 vorgeschrieben. Der Spruch dieses Bescheides stützt sich ausdrücklich auf § 19 Abs. 3 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem:

"Der Verkehrsflächenbeitrag ist anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche zu entrichten, wenn dadurch das Gebäude, für welches eine Baubewilligung bereits erteilt wurde, aufgeschlossen wird."

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid - anwaltlich vertreten - Berufung. In dieser machte er unrichtige rechtliche Beurteilung geltend; gemäß § 19 Abs. 3 der Oö. BauO 1994 entstehe die Beitragspflicht - im zeitlich umgekehrten Fall zu Abs. 1 leg. cit. - dann, wenn die Verkehrsfläche erst nach einer entsprechenden Bewilligung errichtet werde. Die angrenzende öffentliche Verkehrsfläche sei zum Zeitpunkt der Erteilung der maßgeblichen Baubewilligung bereits errichtet gewesen, ein entsprechender Straßenneubau liege nicht vor, ein Aus- bzw. Umbau ebenfalls nicht.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei die Berufung ab und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom "vollinhaltlich". Die Behörde erachtete die Voraussetzung des § 19 Abs. 3 der Oö. BauO 1994 für gegeben, da im Zuge des Ausbaues der S-Gasse eine mindestens mittelschwere Befestigung einschließlich Niveauherstellung samt Oberflächenentwässerung erfolgt sei (entsprechender Unterbau mit anschließender Pflasterung) und daher straßenbautechnisch und wirtschaftlich dies einer Errichtung gleichgehalten werden könne; die Arbeiten seien im Zeitraum von September bis Dezember 1996 durchgeführt worden.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der - gleichfalls wieder rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens vor, dass der (erstinstanzliche) Bescheid vom inhaltlich unrichtig sei und sich die wesentlichen Bestandteile des Bescheides, nämlich der Spruch und die angeschlossene Begründung, im Widerspruch befänden. Ausgelöst werde eine entsprechende Beitragsvorschreibung gemäß § 19 Abs. 3 der Oö. BauO 1994 (erst) durch die Straßenerrichtung. Der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung nur auf den im Bescheid vom zugrunde gelegten Sachverhalt bezogen und auf dieser Basis die Ausführungen seines Rechtsmittels gestaltet; die weiteren Ausführungen in der Begründung des mit Vorstellung angefochtenen Bescheides vom müssten als gegenstandslos betrachtet werden. Das Stadtamt (!) der mitbeteiligten Partei hätte in dem mit Vorstellung angefochtenen Bescheid (nur) zu beurteilen gehabt, ob die vom Einschreiter in seiner Berufung aufgezeigte unrichtige rechtliche Beurteilung im Hinblick auf den damit bekämpften Bescheid berechtigt gewesen sei oder nicht; es könne nicht angehen, "dass eine Berufung durch Beifügung bzw. Anfügung eines neuen Vorbringens verworfen" werde.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in "seinem subjektiven Recht auf richtiger Anwendung des § 59 Abs. 1 AVG" sowie in seinem Recht auf richtige Anwendung der §§ 19 und 20 der Oö. BauO verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt; sie und die mitbeteiligte Stadtgemeinde haben Gegenschriften erstattet, in denen sie übereinstimmend beantragen, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Beschwerdeausführungen zur Verletzung des "subjektiven Recht auf richtiger Anwendung des § 59 Abs. 1 AVG" kann entnommen werden, dass sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt erachtet, dass der Verfahrensvorschrift des § 59 AVG durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht Genüge getan worden sei. Auch sei die geforderte Deutlichkeit des Spruches der Abgabenbehörde zweiter Instanz entgegen der Ansicht der belangten Behörde wiederum nicht gegeben, weil sich die Behörde auch hier auf die Abgabentatbestände des Abs. 1 und 3 des § 19 der Oö. BauO stütze.

Es trifft zwar zu, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz in ihrem Bescheid als eine der Rechtsquellen, auf die sich dieser stütze, § 66 Abs. 4 AVG zitiert hat. In diesem Zusammenhang hat allerdings bereits die belangte Behörde im bekämpften Bescheid klargestellt, dass der Bescheid der Berufungsbehörde auch unter Heranziehung der Kriterien des - richtigerweise - anzuwendenden § 212 Abs. 2 der Oö. LAO 1996 den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten beeinträchtigt hat. Ebenso wie nach der offensichtlich irrtümlich zitierten Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG ist nämlich auch nach der erwähnten Bestimmung der Oö. LAO die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Wenn die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Darlegung ihrer Rechtsansicht im Hinblick auf die in der Berufung aufgeworfene Rechtsfrage Feststellungen trifft, die in dieser Form im erstinstanzlichen Bescheid nicht enthalten waren (und die vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten werden), so liegt darin keine Rechtswidrigkeit des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides der Vorstellungsbehörde.

Auch die Zitierung des § 19 Abs. 1 in den Rechtsgrundlagen des Bescheides der Berufungsbehörde begründet schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des Bescheides der Vorstellungsbehörde, weil bereits im Bescheid der Berufungsbehörde, nämlich in seiner Begründung, mit kaum zu überbietender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, dass sich dieser auf § 19 Abs. 3 der Oö. BauO 1994 stützt.

Der Beschwerdeführer verweist weiters auf eine angeblich anders lautende Entscheidung der Vorstellungsbehörde in einem Parallelverfahren. Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof nur die Rechtmäßigkeit des vor ihm bekämpften Bescheides zu beurteilen hat; eine Bindungswirkung an einen eine andere Rechtsansicht in einem anderen Verfahren vertretenden Bescheid der Vorstellungsbehörde besteht - jedenfalls im gegebenen Zusammenhang - weder für den Verwaltungsgerichtshof noch für die belangte Behörde selbst.

Soweit der Beschwerdeführer überdies noch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend macht, führt er nur aus, dass bei richtiger rechtlicher Beurteilung die belangte Behörde "feststellen" hätte müssen, dass die Vorschreibung den §§ 19 und 20 der Oö. BauO widerspreche. Nähere Ausführungen dazu erstattet der Beschwerdeführer nicht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides zu entnehmen (vgl. zur Frage der "Errichtung" einer Verkehrsfläche etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0107).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand war abzuweisen, da diese bei der Einbringung der Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0243).

Wien, am