VwGH vom 09.12.2004, 2002/14/0105
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der L AG in L, vertreten durch die Exinger GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Friedrichstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , GZ RV 166/1-5/2001, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum sowie zum , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der Beilage zur Erklärung betreffend Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum stellte die Beschwerdeführerin, eine in Österreich ansässige AG, dar, dass von den einheitswertmindernd berücksichtigten Verbindlichkeiten ein Betrag von 320.258.000 S für Umweltschutzanlagen ausgeschieden worden sei. Aus der Beilage zur Erklärung betreffend Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum ergibt sich, dass ein entsprechender Betrag von 193.741.000 S ausgeschieden worden ist.
Die Einheitswertbescheide des Finanzamtes zum und zum ergingen erklärungsgemäß.
Im Jahr 1990 wurde bei der Beschwerdeführerin eine abgabenbehördliche Prüfung betreffend den Zeitraum 1986 bis 1988 durchgeführt. Im Prüfungsbericht (Tz 61) stellte der Prüfer unter anderem fest, dass Schulden für gem § 62 Abs 1 Z 3 BewG nicht zum Betriebsvermögen gehörende Umweltschutzanlagen (zum 400.315.000 S, zum 361.495.000 S) in voller Höhe beim Einheitswert nicht abzugsfähig seien. Die Beschwerdeführerin habe in ihren Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes diese Schulden nur bis zum Betrag des Buchwertes der Umweltschutzanlagen ausgeschieden. Der Buchwert der Anlagen sei jedoch unmaßgeblich. Die bei Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens abzugsfähigen Schulden seien daher zum um weitere 80.057.000 S und zum um weitere 167.754.000 S zu mindern.
Das Finanzamt erließ - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - den Prüfungsfeststellungen entsprechende Bescheide betreffend die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum sowie zum .
Gegen die Einheitswertbescheide brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein. Die Verbindlichkeiten seien insoweit abzusetzen, als sie die errechneten Teilwerte der Umweltschutzanlagen überstiegen. Der Prüfer sei den Vermögensteuerrichtlinien gefolgt, wonach Schulden, die mit gem § 62 BewG nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern wirtschaftlich zusammenhingen, nicht abzugsfähig seien. § 62 BewG normiere, dass bestimmte Wirtschaftsgüter nicht zum Betriebsvermögen gehörten, um dadurch dem Steuerpflichtigen eine vermögenssteuerliche Begünstigung zu verschaffen. Zweck des § 62 Abs 1 Z 3 BewG sei es, eine steuerliche Begünstigung bei der Anschaffung von Umweltschutzanlagen zu bewirken. Die Rechtsmeinung der Vermögensteuerrichtlinien hätte im Beschwerdefall das Gegenteil zur Folge, nämlich eine Umkehr einer Steuerbegünstigung in eine Steuerbelastung. Im Übrigen bleibe es dahingestellt, ob die Schuld, die mit gem § 62 BewG nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zusammenhänge, nicht mit der Gesamtheit des gewerblichen Betriebes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehe; in diesem Fall wäre die Berücksichtigung der mit den Umweltschutzanlagen zusammenhängenden Verbindlichkeiten in voller Höhe zu bejahen.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab.
Die Beschwerdeführerin erhob sodann Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Rechtssache mit Beschluss vom , B 1093/99, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid mit Erkenntnis vom , 2000/14/0005, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.
Im fortgesetzten Verfahren wies die belangte Behörde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich als unbegründet ab. Es sei unbestritten, dass das den beschwerdegegenständlichen Schulden gegenüber stehende Aktivvermögen (Umweltschutzanlagen) nicht beim Einheitswert des Betriebsvermögens berücksichtigt (und deshalb auch nicht bei der Bemessung der einheitswertabhängigen Steuern, wie Vermögensteuer und Erbschaftsteueräquivalent zugrundegelegt) werde. Die Umweltschutzanlagen seien also wie Privatvermögen behandelt worden. Wie die Wirtschaftsgüter selbst würden auch die dazu gehörigen Schulden beim Einheitswert des Betriebsvermögens unberücksichtigt bleiben. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe sich nicht, dass der Ausschluss aus dem Betriebsvermögen in jedem Fall eine steuerliche Begünstigung sein solle und sich nicht in das Gegenteil verkehren dürfe, wenn im Einzelfall die in Zusammenhang mit den begünstigten Wirtschaftsgütern stehenden Schulden den Wert dieser Wirtschaftsgüter überstiegen. Die Höhe der mit den Umweltschutzanlagen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden zu den jeweiligen Stichtagen beruhe auf den Angaben der Beschwerdeführerin. Es bestehe kein Grund, die entsprechenden Angaben in den Beilagen zu den betreffenden Einheitswerterklärungen in Zweifel zu ziehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gem § 62 Abs 1 Z 3 BewG gehören nicht zum Betriebsvermögen:
"Wirtschaftsgüter und Rechte an Wirtschaftsgütern, soweit sie dazu dienen, Umweltbelastungen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, die durch den eigenen Betrieb verursacht werden oder diesen beeinträchtigen, und deren Anschaffung oder Herstellung gesetzlich vorgeschrieben oder im öffentlichen Interesse erforderlich war".
§ 64 Abs 1 BewG lautet:
"Zur Ermittlung des Einheitswertes des gewerblichen Betriebes sind vom Rohvermögen diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 64 Abs 1 BewG bereits im hg Erkenntnis vom , 89/15/0136, ausgesprochen:
"Nach § 64 Abs 1 BewG sind nur diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im Zusammenhang stehen. Alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dient, gehören nach § 57 Abs 1 BewG zum Betriebsvermögen. Das aus § 64 Abs 1 BewG zweiter Halbsatz ersichtliche Begriffsmerkmal trifft somit nur auf solche Schulden zu, die mit dem Betriebsvermögen im Zusammenhang stehen; Schulden, die mit Wirtschaftsgütern im Zusammenhang stehen, die nicht zum Betriebsvermögen gehören, stehen daher auch nicht (im Sinne des § 64 Abs 1 BewG) mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im Zusammenhang. Der von § 64 Abs 1 BewG geforderte Zusammenhang liegt somit nur dann vor, wenn die Entstehung der Schulden ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die das Betriebsvermögen betreffen (vgl Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar15 1117 mit weiteren Nachweisen).
Dies trifft auch zu, wenn die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes vom Betriebsvermögen ausgenommen sind. Die Abzugsfähigkeit ist daher ( auch bei den in § 59 Abs 1 BewG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ( nicht gegeben, wenn die Schuld mit Wirtschaftsgütern im Zusammenhang steht, die ( etwa nach den §§ 62, 63 BewG ( vom Betriebsvermögen ausgenommen sind (vgl Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz2 348 f; Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens 171); dies gilt auch, wenn die Schulden höher sind als der Wert dieser Wirtschaftsgüter (vgl. Thormann aaO)."
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch den Beschwerdefall nicht zu einem Abgehen von seiner Rechtsprechung veranlasst.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1297/93, VfSlg 13724/1994, ergebe sich, dass der Abzug der streitgegenständlichen Schulden geboten sei, um eine verfassungswidrige Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, welche die Anschaffung von Wirtschaftsgütern aus Eigenmitteln finanzieren, mit jenen Steuerpflichtigen, die dazu Fremdkapital aufnehmen, zu vermeiden. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass das betreffende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu einer anderen Abgabe (Einkommensteuer) ergangen ist, betrifft es den Zusammenhang von Schulden mit steuerpflichtigen Vorgängen. Demgegenüber handelt es sich bei den streitgegenständlichen Verbindlichkeiten um solche, die Wirtschaftsgütern zuzuordnen sind, die vom steuerpflichtigen Bereich (Betriebsvermögen) ausgenommen sind.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es sei bedenklich, wenn die Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung von "begünstigten" Wirtschaftsgütern dazu führen würde, dass der Steuerpflichtige schlechter gestellt wäre, als ohne Begünstigung. Sollte der Betrag der Verbindlichkeit den Wert des Wirtschaftsgutes übersteigen, würde die Befreiungsvorschrift des § 62 Abs 1 Z 3 BewG in das Gegenteil umschlagen.
Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht dartut, dass im gegenständlichen Fall der tatsächliche Wert der Umweltschutzanlagen unter dem Betrag der korrespondierenden Verbindlichkeiten gelegen wäre, bestehen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs keine Bedenken gegen die Sachlichkeit einer Regelung, nach welcher, wenn Teile des Aktivvermögens ausgeschieden werden, auch die damit zusammen hängenden Schulden ausgeschieden werden. Nach der dem Gesetzgeber zuzugestehenden Durchschnittsbetrachtung übersteigt der Wert eines Vermögensgegenstandes den Betrag seiner Finanzierungsschuld; dies zumindest während des Großteils der Lebensdauer des Vermögensgegenstandes.
In der Beschwerde wird schließlich eingewendet, Verbindlichkeiten seien zuordnungsindifferent, weshalb ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Wirtschaftsgütern, die nicht dem Betriebsvermögen angehören, und Verbindlichkeiten nicht gefunden werden könne. Diesem Einwand ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entgegen zu halten, wonach zwischen den Verbindlichkeiten, die für die Anschaffung bzw Herstellung eines Wirtschaftsgutes aufgewendet worden sind, und eben diesem Wirtschaftsgut ein enger Zusammenhang besteht. Fremdmittel sind zwingend den aktiven Wirtschaftsgütern zuzuordnen, deren Anschaffungs- bzw Herstellungskosten sie finanziert haben (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom , 99/15/0106, und vom , 95/14/0150).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, und war daher gem § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am