VwGH vom 16.11.1993, 90/14/0083
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom , Zl. B 317-3/88, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 11.640 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt einen Würstelstand. Anläßlich einer Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 BAO für die Jahre 1985 bis 1987 stellte der Prüfer fest, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin als ihr (einziger) Dienstnehmer tätig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe ausgehend von monatlichen Bruttogehältern in Höhe von 21.268 S (im Jahre 1985), 21.168 S (im Jahre 1986) und 21.200 S (im Jahre 1987) Lohnaufwendungen (inklusive Sozialversicherungsbeitrag, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Lohnsummensteuer) von 409.163 S (im Jahre 1985), 402.503 S (im Jahre 1986) und 421.996 S (im Jahre 1987) als Betriebsausgaben geltend gemacht. Da weder nach dem Kollektivvertrag noch unter Fremden derart hohe Gehaltszahlungen üblich seien, sei der Lohnaufwand um zirka 50 %, das sind 204.000 S (im Jahre 1985), 201.000 S (im Jahre 1986) und 211.000 S (im Jahre 1987) zu kürzen.
Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die vom Finanzamt unter Zugrundelegung der Auffassung des Betriebsprüfers erlassenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide keine Folge. Sie führte aus, die Tätigkeit des Ehegatten der Beschwerdeführerin umfasse insbesondere den Verkauf und Ankauf am Würstelstand und überhaupt dessen Leitung. Anhaltspunkt dafür, mit welchem Betrag unter Fremden eine derartige Tätigkeit entlohnt werden würde, seien die Kollektivvertragslöhne für das Gaststättengewerbe, welche - ab dem 16. Dienstjahr - beispielsweise bei einem Alleinkoch monatlich 9.482 S (ab Mai 1986) und 9.804 S (im Jahre 1987) betrügen. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin seien bei Ausmessung der Lohnhöhe zirka 60 regelmäßig monatlich erbrachte Überstunden, eine jährliche Urlaubsablöse von vier bis fünf Wochen sowie die Anrechnung von Vordienstzeiten berücksichtigt worden. Der Anfall von 60 Überstunden pro Monat sei fraglich, weil keine Überstundenaufzeichnungen vorgelegt worden seien und auf den Lohnkonten solche auch nicht vermerkt seien. Zudem sei auch erklärt worden, daß der Würstelstand während der Sommermonate auf Grund geringerer Nachfrage früher geschlossen werde. Außerdem würde die Beschwerdeführerin einem fremden Dienstnehmer ohne Nachweis der Überstunden diese nicht lohnerhöhend berücksichtigen. Urlaubsablösen seien mit dem Zweck des Urlaubs unvereinbar und arbeitsrechtlich unzulässig, daher sei eine derartige Zahlung in erster Linie aus der familienhaften Beziehung der Vertragsparteien verständlich. Gleiches gelte für die Anrechnung von Vordienstzeiten, weil nicht erkennbar sei, welches besondere Branchenwissen der Ehegatte aus seiner früheren Tätigkeit einbringen hätte können. Damit lägen die kollektivvertraglichen Vergleichslöhne erheblich und ohne sachlich fundierte Begründung unter dem Ehegattenlohn von 21.000 S, welcher in allen Streitjahren zu Verlusten der Beschwerdeführerin geführt habe. Nachdem die erstinstanzlich mit S 14.600,-- (1985), S 14.400,-- (1986) und S 15.000,-- (1987) anerkannten Löhne sogar die Kollektivvertragssätze für einen Küchenchef mit Küchenkräften (1986 S 10.868,--; 1987 S 11.245,--) überschritten hätten, sei dem Prüferansatz auch der Höhe nach nicht entgegenzutreten gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, die sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dienstverträge zwischen nahen Angehörigen können - auch wenn sie zivilrechtlich gültig abgeschlossen worden sind - steuerlich nur insoweit anerkannt werden, als eine Entlohnung stattfindet, wie sie zwischen Fremden üblich ist. Andernfalls könnten wegen des zwischen nahen Angehörigen in der Regel fehlenden Interessengegensatzes zu Lasten einer gleichmäßigen Besteuerung alle steuerlichen Wirkungen willkürlich herbeigeführt werden (vgl hg Erkenntnis vom , 89/14/0155).
Bei Dienstverhältnissen unter Fremden richtet sich die Entlohnung nach Qualität und Quantität der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Als Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs 4 EStG 1972 kann daher bei Dienstverhältnissen zwischen nahen Angehörigen nur eine Entlohnung in der Höhe anerkannt werden, wie sie unter diesen Gesichtspunkten auch zwischen Fremden üblich ist.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, war es ihre Aufgabe, einen Fremdvergleich anzustellen. Dabei ist im Sachverhaltsbereich festzustellen, zu welcher Entlohnung die strittigen Dienstleistungen unter Fremden geführt hätten. Die belangte Behörde verweist zu Recht darauf, daß Kollektivverträge bloß einen Anhaltspunkt darstellen, maßgeblich ist die Entlohnung, die unter Fremden ÜBLICH ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid angeführt, daß Löhnen in Höhe von 14.600 S 1985), 14.400 S 1986) und 15.000 S 1987) nicht entgegenzutreten sei. Sie hat damit erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie im Sachverhaltsbereich Löhne dieser Höhe als unter Fremden üblich annimmt und deshalb die Lohnzahlung der Beschwerdeführerin in dieser Höhe als Betriebsausgabe anerkennt.
Die Beschwerdeführerin wendet nun ein, die belangte Behörde habe bei Berechnung der Betriebsausgaben die Löhne nicht einmal in Höhe von monatlich 14.600 S 14.400 S bzw. 15.000 S berücksichtigt. Ansonsten hätten sich unter Einbeziehung der Lohnnebenkosten (Sozialversicherung-Arbeitgeberanteil, Dienstgeberbeitrag nach dem Familienlastenausgleichsgesetz, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) deutlich höhere Lohnaufwendungen ergeben, als sie vom Betriebsprüfer angesetzt worden seien.
Mit diesem Vorwurf ist die Beschwerdeführerin im Recht. Der Berechnung des dem Spruch des angefochtenen Bescheides zugrundeliegenden Einkommens wurden Lohnaufwendungen auf der Basis wesentlich geringerer Monatsbezüge, als dies die Bescheidbegründung ausführt, als Betriebsausgaben in Abzug gebracht. Die belangte Behörde hat in der Bescheidbegründung dargelegt, daß Bezüge in bestimmter Höhe fremdüblich seien, tatsächlich aber bei der Einkommensberechnung nur geringere Bezüge zum Abzug gebracht. Das belastet den Spruch des angefochtenen Bescheides mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Darstellung in der Gegenschrift der belangten Behörde, sie habe mit den in der Bescheidbegründung angeführten Beträgen die Bezüge inklusive der Lohnnebenkosten gemeint, überzeugt nicht. Die belangte Behörde behauptet in der Gegenschrift, die Beträge seien dem Vorhalt des Finanzamtes (OZ 19/3) entnommen. Darin heißt es: "Das von der Bp. mit durchschnittlich S 14.600,-- für 1985, S 14.400,-- für 1986 und S 15.000,-- für 1987 brutto monatlich angesetzte Gehalt ...". Bereits dies schließt aus, daß in diesen Beträgen Lohnnebenkosten enthalten seien. Im übrigen umfaßt der in der Begründung verwendete Ausdruck "Löhne" schon begrifflich nicht die LohnNEBENkosten. Zudem wird im nämlichen Satz der Begründung ein Vergleich zu den Kollektivvertragsätzen für einen Küchenchef mit Küchenkräften hergestellt. Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß Kollektivvertragssätze Lohnnebenkosten nicht beinhalten.
Der angefochtene Bescheid ist deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf verwiesen, daß die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung die Qualität und insbesondere die Quantität der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (vgl hg Erkenntnis vom , 86/14/0143) und die für diese Arbeitsleistung unter Fremden übliche Entlohnung festzustellen hat. Beweisthema hat die Fremdüblichkeit von Bezügen, nicht deren Erlaubtheit zu sein. Die Höhe des unter Fremden üblichen Arbeitslohnes muß nicht mit der in Kollektivverträgen festgelegten Höhe übereinstimmen, sie wird bloß grundsätzlich nicht unter diesen liegen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.