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VwGH vom 26.06.2000, 98/17/0200

VwGH vom 26.06.2000, 98/17/0200

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, vertreten durch Dr. P und Dr. S, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zlen. MD-VfR - M 62/97 und M 64/97, betreffend Verspätungszuschlag zur Ortstaxe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Ortstaxe wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin gemäß § 104 WAO wegen verspäteter Einreichung der Ortstaxenerklärung für das Jahr 1996 ausgehend vom Erklärungsbetrag von S 3,370.108,35 einen Verspätungszuschlag von S 168.505,-- vor. Dies mit der Begründung, da die Abgabenerklärung nicht termingerecht eingereicht worden sei und keine entschuldbare Verspätung vorliege, erfolge die Auferlegung des Verspätungszuschlages nach § 104 WAO.

In der Berufung rügte die Beschwerdeführerin, der Begründung des Bescheides lasse sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen der Verspätungszuschlag verhängt worden sei. Insbesondere werde keine Aussage zur Ermessensübung getroffen. Die Vorschreibung eines 5 %igen Säumniszuschlages (richtig wohl: Verspätungszuschlages) sei nicht gerechtfertigt. Es wären das "Ausmaß der Fristüberschreitung", die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Erklärung erzielten finanziellen Vorteils und das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen gewesen.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab und führte aus, da die Ortstaxenerklärung 1996 erst nach Aufforderung und Verhängung von zwei Zwangsstrafen am , also mehr als vier Monate nach dem Erklärungstermin eingereicht worden sei, sei der erwähnte Verspätungszuschlag vorgeschrieben worden. Angesichts der langen Dauer der Verspätung und den mehrmaligen Aufforderungen zur Erklärungslegung, könnten die Erklärungsversuche in der Berufung die Verspätung auch nicht annähernd in den Bereich der Entschuldbarkeit rücken. Die Höhe des verhängten Verspätungszuschlages werde im Hinblick darauf, dass die Erklärung erst am gelegt worden sei, als gerechtfertigt angesehen.

Im Vorlageantrag bekämpfte die Beschwerdeführerin unter Aufrechterhaltung der bisherigen Einwendungen insbesondere die Ermessensübung der Abgabenbehörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid, mit dem der Verspätungszuschlag sowohl für die Ortstaxe als auch für die Getränkesteuer (hg. Zl. 98/16/0163) vorgeschrieben wurde, änderte die belangte Behörde die Festsetzung des Verspätungszuschlages für die Ortstaxe auf S 101.103,-- und wies die Berufung gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Ortstaxe im Übrigen als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Beschwerdeführerin habe es trotz mehrfacher Gelegenheit unterlassen, die Gründe darzulegen, die zur verspäteten Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 1996 geführt hätte. Die belangte Behörde komme daher zu der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Wahrung der Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 1996 die notwendige Sorgfalt außer Acht gelassen habe und ihr daher zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei. Bei gegebenem Verschulden lägen die Auferlegung des Verspätungszuschlages und die Festsetzung der Höhe im Ermessen der Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien bei der Ermessensübung durch die Behörde der Grad des Verschuldens des Abgabepflichtigen bei Verletzung der Erklärungspflicht, das Ausmaß und die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung erreichten finanziellen Vorteiles, ausnahmsweise oder mehrfache Säumigkeit und das Gesamtverhalten des Steuerpflichtigen bei der Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten maßgeblich. Unter Abwägung all dieser Kriterien erscheine die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nicht unbillig, da durch die an die Beschwerdeführerin auf Grund der verspäteten Einreichung ergangenen Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung sowie der nachfolgenden Verhängung von zwei Zwangsstrafen der Abgabenbehörde jedenfalls ein nicht unbeträchtlicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden sei. Der bisherigen pünktlichen Abrechnung und Zahlung der Ortstaxe sowie der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin keine finanziellen Vorteile aus der Verspätung gezogen habe, werde durch die belangte Behörde insoweit Rechnung getragen, als der Verspätungszuschlag auf nur 3 % der in der Erklärung ausgewiesenen Abgabenbeträge herabgesetzt und somit am unteren Ende des gesetzlichen Rahmens festgesetzt worden sei. Insbesondere sei bei der Auferlegung des Verspätungszuschlages die Dauer der Fristüberschreitung (mehr als vier Monate) zu berücksichtigen gewesen, die nicht mehr als geringfügig angesehen werden könne. Ein gänzlicher Verzicht auf die Auferlegung des Verspätungszuschlages sei somit nicht in Betracht gekommen. Entgegen dem Berufungsvorbringen sei es nämlich keineswegs Voraussetzung für die Auferlegung eines Verspätungszuschlages, dass der Abgabenschuldner finanzielle Vorteile aus der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung gezogen habe. Dieser Umstand sei vielmehr lediglich bei der Ermessensübung zu berücksichtigen gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst an ihn erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 961/98-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung des Verspätungszuschlages und in ihrem Recht auf Entscheidung durch ein zuständiges Organ verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde nach § 104 Abs. 1 erster Satz WAO einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Diese Bestimmung normiert anders als § 135 BAO (ab der Novellenfassung BGBl. Nr. 151/1980) nur die im Ermessen der Abgabenbehörde stehende Auferlegung des Verspätungszuschlages im Fall von festgesetzten Abgaben. Kommt es nach der Selbstbemessung zu keiner Festsetzung der Abgaben, dann liegen nach dem Wortlaut des § 104 Abs. 1 erster Satz WAO die Voraussetzungen für die Erhebung eines Verspätungszuschlages nicht vor (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1536 f).

Im Beschwerdefall wurde die Ortstaxenjahreserklärung zwar nicht termingerecht eingereicht, es unterblieb aber in der Folge eine Abgabenfestsetzung durch die Abgabenbehörde. Die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages nach § 104 Abs. 1 erster Satz WAO war daher mangels einer solchen Festsetzung der Ortstaxe rechtswidrig (vgl. im Übrigen hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens die Begründung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 98/16/0163-13, mit dem der angefochtene Bescheid betreffend die Vorschreibung des Verspätungszuschlages für die Getränkesteuer wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wurde).

Der angefochtene Bescheid war somit auch hinsichtlich der Vorschreibung des Verspätungszuschlages betreffend Ortstaxe wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung erging bereits mit dem genannten Erkenntnis vom .

Wien, am