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VwGH vom 28.04.1994, 93/16/0178

VwGH vom 28.04.1994, 93/16/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 16-7/93, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte mit Vertrag vom 30. Jänner bzw. von der Gemeinnützigen M-AG eine Anwartschaft betreffend die Wohnung Nr. 3 im Ausmaß von 87,38 m2 auf dem Grundstück 860/6, EZ 388, KG Stanz, erworben und dafür Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 geltend gemacht.

Da in der Folge eine Anfrage vom ergab, daß noch kein Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag errichtet wurde, schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz dem Beschwerdeführer mit vorläufigem Bescheid vom Grunderwerbsteuer im Ausmaß von S 77.555,-- gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. mit der Begründung vor, es sei innerhalb von 8 Jahren Wohnungseigentum nicht begründet worden.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, es sei bereits mit Bescheid vom für die Wohnung eine Benützungsbewilligung erteilt worden. Der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag sei deshalb noch nicht erstellt worden, weil noch keine endgültige Endabrechnung vorliege; es seien Meinungsverschiedenheiten zwischen den Wohnungseigentumsbewerbern und dem gemeinnützigen Bauträger aufgetreten. Der begünstigte Zweck sei aber innerhalb der 8-Jahres-Frist durch Errichtung der Wohnungen erfüllt worden.

Gegen die daraufhin ergangene, abweisliche Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Am erließ das Finanzamt auf Grund der vorgelegten Endabrechnung einen endgültigen Grunderwerbsteuerbescheid und setzte die Steuer mit S 92.422,-- fest.

Die belangte Behörde wies die Berufung (die gemäß § 274 Abs. 1 BAO auch als gegen den endgültigen Bescheid gerichtet anzusehen war) als unbegründet ab, wobei sie die Auffassung vertrat, der für den Befreiungstatbestand nach § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG essentielle Wohnungseigentumsvertrag sei nicht fristgerecht errichtet worden. Die 8-Jahres-Frist des § 4 Abs. 2 leg. cit. sei eine Fallfrist. Der Grund für die Fristversäumnis sei unmaßgeblich. Für eine Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gemäß 21 BAO sei im Beschwerdefall kein Raum.

Dagegen richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der

die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 lauten:

"§ 4. Besondere Ausnahmen von der Besteuerung:

(1) Von der Besteuerung sind ausgenommen: ...

3. beim Wohnungseigentum

...

b) der erste Erwerb eines Grundstückes, auf dem eine in lit. a genannte Vereinigung oder ein gemeinnütziger Bauträger ein Wohnhaus geschaffen oder zu schaffen hat, durch eine Person, die den Grundstücksanteil zur Begründung von Wohnungseigentum erwirbt

...

(2) Die im Abs. 1 Z. 1 lit. a und c, Z. 2 lit. a und b, Z. 3 lit. a und b, Z. 4 lit. b und Z. 7 lit. a und b bezeichneten Erwerbsvorgänge unterliegen mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist ..."

Der Beschwerdeführer räumt selbst ausdrücklich ein, daß die Frist von 8 Jahren "um wenige Wochen" überschritten worden sei, weil die Unterfertigung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages erst am erfolgt sei. Der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer versuchten Argumentation, der in einer "lediglich geringfügigen Fristüberschreitung" gelegene formale Verstoß habe bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gegenüber den erheblich nachteiligen Konsequenzen in den Hintergrund zu treten, ist folgendes entgegenzuhalten:

Nach ständiger hg. Judikatur knüpfen die Tatbestände des Grunderwerbsteuergesetzes in der Hauptsache an die äußere zivilrechtliche bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiten daraus abgabenrechtliche Folgen ab. Bei solchen Tatbeständen ist daher schon aus dem Tatbestandsmerkmal heraus bei der Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter eine Norm subsumiert werden kann, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßig vorbestimmten Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise (als Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte) Raum gegeben (vgl. die Erkenntnisse vom , Zlen. 92/16/0010, 0036 und vom , Zl. 91/16/0010). Der maßgebliche zivilrechtliche Anknüpfungstatbestand der hier in Rede stehenden Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955, dessen Anwendung der Beschwerdeführer anstrebt, wäre in der Begründung von Wohnungseigentum innerhalb der Frist des § 4 Abs. 2 leg. cit. gelegen. Da dafür nach der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0079) allein der fristgerechte Abschluß des Wohnungseigentumsvertrages als Tatbestandserfüllung anzusehen ist, besteht in diesem Zusammenhang angesichts des unstrittigen Fehlens eines solchen Vertragsabschlusses innerhalb der Frist des § 4 Abs. 2 leg. cit. für eine Anwendung der Regelung des § 21 BAO kein Raum. Das Sachverhaltsbeurteilungsinstrument des § 21 BAO ist kein geeignetes Mittel, eingetretene Fristversäumnisse ungeschehen zu machen. Nach der gerade zitierten Rechtsprechung vermögen andere Umstände als die Errichtung des Wohnungseigentumsvertrages wie z.B. der Bezug der errichteten Wohnungen, die Aufbringung der Grundkosten, die Herstellung eines Nutzwertschlüssels, die Konstituierung einer Wohnungseigentumsversammlung ebensowenig den Befreiungstatbestand zu erfüllen, wie die vom Beschwerdeführer behauptete, im Jahr 1986 erfolgte Fertigstellung der Wohnungen sowie die Erteilung der Benützungsbewilligung.

Da schließlich die im § 4 Abs. 2 GrEStG normierte 8-Jahres-Frist eine verschuldensunabhängige Fallfrist ist, bei der die Frage unmaßgeblich ist, aus welchen Gründen sie nicht wahrgenommen wurde (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , Zl. 90/16/0185, und vom , Zl. 90/16/0038) und weil mangels gesetzlicher Voraussetzungen eine Verlängerung dieser Frist nicht in Frage kommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/16/0039 und vom , Zl. 2407/77), erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Da der geltend gemachte Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in der Beschwerde nicht näher ausgeführt wird und sich Verfahrensfehler den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen ließen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die oben angeführte Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.