VwGH vom 25.06.1996, 96/11/0059

VwGH vom 25.06.1996, 96/11/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des E in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-240107/13/Gf/Km, betreffend Übertretungen des Fleischuntersuchungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als Betriebsinhaber dafür verantwortlich zu sein, daß am in seinem Schlachtbetrieb sechs näher umschriebene Mißstände geherrscht hätten. Er habe dadurch sechs Übertretungen nach § 50 Z. 15 des Fleischuntersuchungsgesetzes (jeweils in Verbindung mit einer näher genannten Bestimmung der Fleischhygieneverordnung BGBl. Nr. 280/1983 in der Fassung BGBl. Nr. 705/1988 und Nr. 185/1992 bzw. der Frischfleisch-Hygieneverordnung BGBl. Nr. 396/1994) begangen. Über ihn wurden sechs Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Dieser Bescheid ist der Ersatzbescheid nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/11/0210.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Abänderung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die Beschwerde trotz des fehlerhaft formulierten Beschwerdeantrages nicht mangelhaft ist. Vor dem Hintergrund der gesetzlich geregelten Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes im Falle einer eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers bewirkenden Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - gemäß § 42 Abs. 2 VwGG ist dies die Aufhebung des angefochtenen Bescheides - geht die beantragte Änderung des angefochtenen Bescheides in eine Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu weit; sie schließt aber die gesetzliche Möglichkeit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Folge einer allfälligen Änderung des Straferkenntnisses durch die belangte Berufungsbehörde in sich und ermöglicht es dem Verwaltungsgerichtshof, eine dem Gesetz entsprechende Entscheidung zu fällen.

Grund für die Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Vorbescheides vom betreffend dieselben Übertretungen vom war, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren behauptet hatte, der Betrieb sei zur Tatzeit auf Grund behördlicher Maßnahmen stillgelegt gewesen, sodaß der Betrieb - bei Zutreffen dieser Behauptung - den rechtlichen Anforderungen an einen Schlachtbetrieb nach dem Fleischuntersuchungsgesetz und seinen Durchführungsverordnungen nicht mehr hätte entsprechen müssen. Die hiefür erforderlichen Feststellungen seien aber nicht getroffen worden.

Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren Beschlüsse (Beschlagnahmebefehle) des zuständigen Gerichtes beigeschafft, aus denen sich ergibt, daß die Beschlagnahme lediglich einen Teil der Buchhaltung sowie die in einem Sperrlager und im Betrieb selbst eingelagerte Kühlware betroffen hat. Sie stellte im übrigen fest, daß der Betrieb auch nach der Verhängung der gerichtlichen Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer am vom Sohn des Beschwerdeführers als dessen Vertreter fortgeführt wurde, wobei sie auf die "Verhandlungsschrift" vom verwies.

Aus dieser "Verhandlungsschrift" ergibt sich zunächst, daß an der Begehung des Betriebes durch die Behördenorgane der Sohn des Beschwerdeführers "als Vertreter des Betriebsinhabers" teilgenommen hat. Dieser sei von der "Überprüfungskommission" vor dem Betriebsgelände angetroffen worden, habe nach der Eröffnung, daß eine Überprüfung des Betriebes stattfinden solle, erklärt, ein Telefongespräch führen zu wollen; danach habe er erklärt, daß die Überprüfung stattfinden könne; auf eine weitere Stellungnahme habe er verzichtet.

Aus diesem Inhalt der "Verhandlungsschrift" ergibt sich nicht, ob die vom Beschwerdeführer in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgestellte Behauptung, der Betrieb sei zum Tatzeitpunkt nicht mehr benutzt worden, sondern sei bereits stillgestanden, zutrifft oder nicht. Wenn sich auch aus dem Ergebnis der ergänzenden Ermittlungen zu ergeben scheint, daß es nicht behördliche Verfügungen waren, die die - gänzliche - Stillegung des Betriebes nach sich gezogen haben, so ist die Behauptung, der Betrieb sei stillgelegt gewesen, dadurch nicht widerlegt. Die Tatsache, daß ein Vertreter des Beschwerdeführers bei der Überprüfung der Betriebsräume anwesend war, läßt nicht zwingend darauf schließen, daß der Betrieb aufrechterhalten war. Auch aus dem übrigen Inhalt der "Verhandlungsschrift", insbesondere dem nach Durchführung des Ortsaugenscheines erstatteten Befund, ergibt sich kein Anhaltspunkt für aktuelle Betriebstätigkeiten, vielmehr werden lediglich bauliche und einrichtungsmäßige Zustände aufgelistet, aus denen abschließend der Schluß gezogen wird, daß der Betrieb den rechtlichen Voraussetzungen nicht entspreche. Der Satz "Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß aufgrund der Mängel in der Gewinnung des Fleisches eine besondere Gesundheitsgefährdung des Konsumenten vorliegt." läßt ebenfalls nicht zwingend den Schluß zu, daß von einer zur Tatzeit (noch) stattfindenen Gewinnung des Fleisches die Rede ist, oder ob nicht - der Behauptung des Beschwerdeführers entsprechend - damit gesagt wurde, daß in den zuvor beschriebenen Räumlichkeiten die hygienisch einwandfreie Gewinnung von Fleisch nicht möglich wäre.

Der Sachverhalt ist somit nach wie vor nicht ausreichend festgestellt, um beurteilen zu können, ob der Schlachtbetrieb des Beschwerdeführers zur Tatzeit stillgelegt war oder ob die Annahme der Behörde, der Betrieb sei auch in haftbedingter Abwesenheit des Beschwerdeführers fortgeführt worden, zutrifft.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung bedurft hätte, ob die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für den in seiner Abwesenheit fortgeführten Betrieb noch bestanden hat, weil ihm auch aus der Untersuchungshaft Dispositionen zur Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes möglich gewesen wären. Es kann auch dahinstehen, welche Auswirkungen es gehabt hätte, wenn dem erstinstanzlichen Straferkenntnis die (nicht zur Umschreibung des Tatortes, sondern der beanstandeten Mängel dienende, laut Spruch des Straferkenntnisses einen integrierenden Bestandteil des Straferkenntnisses bildende) Plandarstellung, auf welche sich der Spruch bezieht, nicht angeschlossen war, sondern dem Beschwerdeführer der Aktenlage nach nur aus der Aufforderung zur Rechtfertigung (seiner Behauptung nach nur unvollständig) bekannt war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebührenersatz nur im Ausmaß von S 720,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen, S 180,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und S 180,-- für die Beilage) zugesprochen werden konnte.