VwGH vom 26.04.1999, 98/17/0168

VwGH vom 26.04.1999, 98/17/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-322-5/4-97, betreffend Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Rabensburg, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in Z), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz i.V.m. der Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde für eine näher bezeichnete Liegenschaft die Kanaleinmündungsabgabe von S 651.497,-- (inklusive USt) vor.

Die Abgabe wurde wie folgt bemessen:

"Gebäude verbaute Flächenhälfte mal angeschl.Geschosse Fläche

Fläche

Fläche I 448 m2 224 m2 x 2+1 672 m2

Fläche II 138 m2 69 m2 x 2+1 207 m2

Fläche III 922 m2 461 m2 x 3+1 1844 m2

Fläche IV 304 m2 152 m2 x 2+1 456 m2

Fläche V 651 m2 325,5 m2 x 2+1 976,5 m2

Anteil der verbauten Fläche 4155,5 m2

Anteil der unverbauten Fläche 15 v.H. von 500 m2 75 m2

(maximal von 500 m2 = 75 m2)

ergibt eine Berechnungsfläche von 4230,5 m2

Der Einheitssatz beträgt gemäß § 1 der Kanalabgabenordnung S 140,--

Berechnungsfläche mal Einsatz ergibt die Kanaleinmündungsabgabe 4230,5 m2 x S 140,-- = S 592.270,--

+ 10 % Ust S 59.227,--

Gesamtbetrag S 651.497,--"

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, bei dem Gebäude (Schloss) handle es sich um ein landwirtschaftlich genutztes Objekt. In diesem Gebäude seien lediglich 396 m2 bewohnt. Sämtliche anderen Gebäudeteile seien nicht bewohnt bzw. auch nicht bewohnbar, weil sie keine funktionierenden Kanalanschlüsse bzw. Wasserversorgungsanlagen besäßen und auch baulich keine Voraussetzungen erfüllten, um als Wohnräume zu gelten. Diese Gebäudeteile würden zu einem kleinen Teil als landwirtschaftliche Lagerräume, der Rest überhaupt nicht genutzt werden.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung als unbegründet ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer sein Berufungsvorbringen.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde. Dies mit der Begründung, der Spruch des angefochtenen Bescheides decke sich nicht mit dem zugrundeliegenden Gemeinderatsbeschluss. Aus diesem Grund sei der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, bei dem Gebäude (Schloss) handle es sich um ein als Wohnobjekt gewidmetes Gebäude, wobei die gesamte bebaute Fläche des Anwesens laut Unterlagen 2.463 m2 betrage. Ein als Wohnobjekt gewidmetes Gebäude sei an den Kanal anzuschließen. Demzufolge sei die Kanaleinmündungsabgabe von der Abgabenbehörde erster Instanz rechtmäßig vorgeschrieben worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer sein Berufungsvorbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, am habe eine "Ortsaugenscheinverhandlung" stattgefunden. Vom bautechnischen Amtssachverständigen sei dabei eine bebaute Fläche von 2.561,23 m2 errechnet worden. Ferner sei festgestellt worden, dass im Gebäude drei Geschoße, nämlich das Erdgeschoß, das erste Obergeschoß und das zweite Obergeschoß an die Kanalanlage angeschlossen seien. Bei der Besichtigung des Schlosses am habe keine wie immer geartete landwirtschaftliche Nutzung festgestellt werden können. Insbesondere seien in keinem der besichtigten Räumlichkeiten landwirtschaftliche Geräte, Maschinen oder Erzeugnisse gelagert gewesen. Die Frage des Leiters der Verhandlung, welche Räume nach Ansicht des Beschwerdeführers landwirtschaftlich genutzt würden, habe dieser dahingehend beantwortet, dass er dies nicht wisse, weil die Räume nicht zugängig seien, und er keine Schlüssel mit habe und daher die Räume auch nicht besichtigt werden könnten. Die Berechnungsfläche zur Ermittlung der Kanaleinmündungsabgabe ergebe sich somit aus der Hälfte der bebauten Fläche von 2561,23 m2, nämlich 1280,615 m2 x der Zahl der angeschlossenen Geschoße + 1, somit x 4. Dies ergebe 5122,46 m2. Hiezu würden noch 75 m2 gemäß § 3 Abs. 2 NÖ KanalG i.V.m. § 1a Z. 11 NÖ KanalG hinzugerechnet. Die Berechnungsfläche betrage somit insgesamt 2197,46 m2 (richtig wohl: 5197,46 m2). Dem mit Bescheid vom vorgeschriebenen Kanaleinmündungsabgabebetrag in Höhe von S 592.270,-- zuzüglich Umsatzsteuer sei aber lediglich eine Berechnungsfläche von 4230,5 m2 zugrunde gelegt worden. Es liege somit eine objektive Rechtsverletzung vor. Durch diese objektive Rechtsverletzung sei der Beschwerdeführer aber nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt, weshalb die Vorstellung als unbegründet abzuweisen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben ungerechtfertigter und überhöhter Abgabenvorschreibungen verletzt.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230-0 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. 8230-4, lautet auszugsweise wie folgt:

"Kanalgebühren

§ 1

Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben

(2) (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.

(3) ...

(3) Die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren sind in einer Kanalabgabenordnung (§ 6) näher auszuführen.

(4) ...

§ 1a

Begriffe

Im Sinne dieses gelten als

...


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7.
Gebäudeteil:
8.
ein Gebäudeteil im Sinn des § 3 Abs. 2 ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke;
9. ...
§ 2
Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe

(1) Für den Anschluss an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten.

(2) ...

§ 3

(1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

(2) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche.

(3) Der Einheitssatz (Abs. 1) ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 6) festzusetzen; er darf 3 v.H. jenes Betrages nicht übersteigen, der unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses für die gesamte Kanalanlage einschließlich der Nebenanlagen erforderlichen Baukosten auf den laufenden Meter der Kanalanlage durchschnittlich entfällt. Die vom Gemeinderat der Ermittlung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes sind in die Kanalabgabenordnung aufzunehmen."

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde hat in seiner Sitzung vom nach den Bestimmungen des NÖ Kanalgesetzes, LGBl. 8230, die Verordnung über die Einhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren beschlossen. Gemäß § 1 dieser Verordnung werden im gesamten Gemeindegebiet der Marktgemeinde Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der geltenden Kanalabgabenordnung eingehoben.

Gemäß § 1 Abs. 1 Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde in der Fassung des Beschlusses vom wird der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgaben für die Einmündung in den öffentlichen Mischwasserkanal gemäß § 3 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 mit 3 v.H. der auf einen Längenmeter entfallenden Baukosten (4.666), das ist mit S 140,--, festgesetzt.

Mit dem Abgabenbescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde auf Grund der Bekanntgabe der Fertigstellung des Anschlusses des Gebäudes an das öffentliche Kanalnetz ausgehend von einer Berechnungsfläche von 4.230,5 m2 die Kanaleinmündungsabgabe vor. Nach durchgeführtem Ortsaugenschein wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt, die auf Grund der Anzahl der Geschoße und des Ausmaßes der bebauten Fläche sich ergebende Berechnungsfläche betrage tatsächlich 5197,46 m2. Die Ausmaße der bebauten Fläche und die Anzahl der Geschoße wurden in der Beschwerde nicht bestritten. Die im Abgabenbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde angenommene Berechnungsfläche ist kleiner als die nach dem Ortsaugenschein festgestellte. Die daraus erfolgte geringere Abgabenfestsetzung im genannten Abgabenbescheid als die nach den Berechnungen der belangten Behörde einzuhebende Kanaleinmündungsabgabe verletzt den Beschwerdeführer - wie im angefochtenen Bescheid festgehalten - jedoch nicht in seinen subjektiven Rechten.

Die belangte Behörde hat - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung - im angefochtenen Bescheid auch festgestellt, dass es sich bei dem angeschlossenen Objekt um ein einziges Gebäude handelt und das Erd-, das erste und das zweite Obergeschoß jeweils an die Kanalanlage angeschlossen seien. Der Bausachverständige hat bei der Ermittlung der Berechnungsfläche anlässlich des Ortsaugenscheins - wie niederschriftlich festgehalten - den gesamten "Baukörper" aus Gründen der leichteren Berechnungsmöglichkeit in drei "Bauabschnitte" unterteilt und für jeden "Bauteil" die bebaute Fläche gesondert errechnet. Aus der Niederschrift über den durchgeführten Ortsaugenschein ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Bausachverständige von einem aus mehreren "Gebäudeteilen" bestehenden Gebäude ausgegangen ist. Somit konnten "Gebäudeteile" aus der Berechnungsfläche auch nicht ausgenommen werden.

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren die Feststellungen der Abgabenbehörde und im Beschwerdeverfahren die Feststellungen der belangten Behörde weder konkret und substantiiert bestritten noch vorgebracht, aus welchen Gründen bei der Ermittlung der Berechnungsfläche von mehreren Gebäudeteilen im Sinne des § 1a Z. 7 NÖ Kanalgesetz in der genannten Fassung auszugehen gewesen wäre. Auf Grund der vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung vom wurde von der belangten Behörde eine "mündliche Verhandlung" anberaumt, zu der der Beschwerdeführer und ein bautechnischer Sachverständiger geladen waren. Als Gegenstand der Verhandlung wurde in der Verhandlungsausschreibung die "Überprüfung der Berechnungsflächen für die Ermittlung der Kanaleinmündungsabgabe für den Anschluss der gegenständlichen Liegenschaft an den Mischwasserkanal" und als Ort der Verhandlung das Gemeindeamt der mitbeteiligten Marktgemeinde angegeben. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde ein Ortsaugenschein im Schloss vorgenommen, um - wie in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung festgehalten - die der Kanaleinmündungsabgabe zugrundeliegende bebaute Fläche, die Zahl der an den Kanal angeschlossenen Geschoße und das Vorhandensein eventueller Gebäudeteile festzustellen. Anlässlich dieses Ortsaugenscheines waren einige Räume der Besichtigung nicht zugänglich und der Beschwerdeführer konnte einige Fragen über die tatsächliche Nutzung bestimmter Räume nicht beantworten.

Der Beschwerdeführer rügt nun, die Behörde wäre verpflichtet gewesen, ihn vom geplanten "Ortsaugenschein" vorher zu verständigen, um ihm die Möglichkeit zu geben, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde mittels RSb nachweislich zugestellt und der Beschwerdeführer war bei der mündlichen Verhandlung persönlich anwesend. Auf die Durchführung eines "Ortsaugenscheines" wurde bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung zwar nicht ausdrücklich hingewiesen, als Gegenstand der mündlichen Verhandlung wurde aber ausdrücklich die Überprüfung der Berechnungsflächen für die Ermittlung der Kanaleinmündungsabgabe für den Anschluss der gegenständlichen Liegenschaft an den Mischwasserkanal angeführt. Die belangte Behörde war im Verfahren der Erhebung der Kanaleinmündungsabgabe zur Durchführung weder einer mündlichen Verhandlung noch eines Ortsaugenscheins verpflichtet. Sie gab dem Beschwerdeführer jedoch mit dieser mündlichen Verhandlung Gelegenheit, unmittelbar bei dem Gebäude Beweise gegen das im Abgabenbescheid angeführte Ausmaß der Berechnungsfläche sowie die Anzahl der Geschoße und für die von der Abgabenbehörde verneinte landwirtschaftliche Nutzung des Gebäudes zu erbringen. Substantiierte Beweisanträge wurden aber weder anlässlich des Ortsaugenscheins noch nachfolgend erstattet. Die belangte Behörde konnte daher mit Recht von der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde ausgehen.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am