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VwGH vom 19.01.1994, 93/16/0159

VwGH vom 19.01.1994, 93/16/0159

Beachte

Besprechung in:

AnwBl 1994/9 S 731-732;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der R-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 154-6/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der HÖhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin schloß mit einer Vermieterin einen "Untermietvertrag", dessen § 7 Abs. 1 folgenden Wortlaut hat:

"§ 7 Vertragsdauer

Dieser Vertrag begann am und wird zunächst für die Dauer bis zum abgeschlossen. Die Vermieterin räumt der Mieterin eine 2-malige Option zur Vertragsverlängerung um je 5 Jahre ein. Die Option ist spätestens zum bzw. durch eingeschriebenen Brief auszuüben. Nach Ablauf der optierten Mietzeit verlängert sich dieser Vertrag jeweils um ein Jahr, falls er nicht unter Einhaltung einer jährlichen Kündigungsfrist zum Ende des jeweiligen Vertragszeitraumes gekündigt wird."

Dazu ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Frage der Vertragsdauer als Komponente der Gebührenbemessungsgrundlage strittig. Während die Beschwerdeführerin davon ausgeht, der Bestandvertrag sei auf 10 Jahre abgeschlossen worden und die Einräumung der Verlängerungsoption als unbeachtlich betrachtet, ging die belangte Behörde wie schon die Abgabenbehörde erster Instanz von einer maßgeblichen Gesamtdauer von 18 Jahren aus. Sie qualifizierte die von der Ausübung zweier Optionen abhängigen Verlängerungen um je 5 Jahre als Bedingung iS des § 26 GebG. Die Verlängerungszeit von insgesamt 10 Jahren sei deshalb als unbedingt vereinbart anzusehen und gemäß § 15 Abs. 1 BewG der Gesamtwert der zu erbringenden Leistungen mit der Höchstgrenze des Achtzehnfachen des Jahreswertes anzusetzen. Die belangte Behörde erachtete in diesem Zusammenhang den in Rede stehenden Passus des Vertrages wegen der Verlängerungsklausel nach Ablauf der optierten Mietzeit insgesamt als einen Vertrag, der "praktisch auf immerwährende Zeit" abgeschlossen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 33 TP 5 GebG dadurch verletzt, daß die Rechtsgebühr überhöht festgesetzt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bestandverträge unterliegen gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1

einer Gebühr von 1 v.H. nach ihrem Wert.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten.

§ 26 leg. cit. lautet:

"Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, daß bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und daß bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist."

Gemäß § 15 Abs. 1 BewG darf der Gesamtwert das Achtzehnfache des Jahreswertes nicht übersteigen.

Das Hauptgewicht der Beschwerdeausführungen liegt in der Behauptung, die der Bestandnehmerin in § 7 des Vertrages eingeräumte Option zur Vertragsverlängerung auf zweimal 5 Jahre sei unmaßgeblich, weil es - wie im Fall des von der Beschwerdeführerin als vergleichbar zitierten hg. Erkenntnisses vom , Zl. 15/2638/80 - nach Ablauf der ursprünglich bestimmten Vertragsdauer "einer neuerlichen Willenseinigung - in der Gestalt, daß die Mieterin von ihrem Optionsrecht durch Abgabe einer schriftlichen Optionserklärung Gebrauch gemacht hätte - in der Zukunft bedurft hätte". Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Der vorliegende Fall darf mit dem Sachverhalt, welcher dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 15/2638/80 zugrunde lag, nicht verglichen werden. Dort ging es nämlich um die Beurteilung einer Vereinbarung, die ein Bestandverhältnis zunächst mit einen bestimmten Termin befristete und hinsichtlich der Zeit danach festlegte: "Wird das

Bestandverhältnis nach Ablauf ... fortgesetzt, so verlängert es

sich jeweils um ein weiteres Jahr ...". Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis dazu ausdrücklich ausführte, war damit noch nicht eine Verlängerung des Bestandverhältnisses schlechthin vorgesehen, sondern hätte es zur Verlängerung noch einer neuerlichen Willenseinigung der Vertragspartner bedurft.

Anders hingegen stellt sich die Problematik im vorliegenden Fall dar. Unter einer Option ist - wie die Beschwerdeführerin an anderer Stelle selbst richtig betont - ein vertraglich eingeräumtes Gestaltungsrecht zu verstehen, das einer Partei, dem Optionsberechtigten, das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen (vgl. z.B. Koziol-Welser, Grundriß I9 118). Dies hat nicht nur für die Begründung eines Vertragsverhältnisses sondern in gleicher Weise auch für die Verlängerung eines ursprünglich zeitlich befristeten Vertrags zu gelten. Es spricht nämlich nichts dagegen, einer der Vertragsparteien das einseitig ausübbare Gestaltungsrecht zur Vertragsverlängerung einzuräumen. Einer "neuerlichen Willenseinigung" beider Vertragsparteien betreffend die Vertragsverlängerung bedarf es im Optionsfall nicht und bewirkt eine optionsweise herbeigeführte Vertragsverlängerung auch nicht den Abschluß eines neuerlichen Vertrages sondern eben nur die Verlängerung der ursprünglich befristeten Vertragsdauer.

Zu Fällen von Vertragsverlängerungen durch Optionsausübung hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, daß dies im Ergebnis nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung bedeutet, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert und daß eine solche Bedingung nach § 26 GebG zu behandeln ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1454/49, Slg. NF 559/F; , Zl. 1175/54; , Zl. 867/61 und , Zl. 37/67), sodaß die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfaßten Verlängerungszeiten entfällt (in diesem Sinn auch Warnung-Dorazil, Die Stempel- und Rechtsgebühren4, 280 letzter Absatz).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus eine Vertragsdauer von 20 Jahren und gemäß § 26 GebG iVm § 15 Abs. 1 BewG die Maximalgröße des 18-fachen Jahreswertes.

Mit Rücksicht darauf, daß die vorliegende Vereinbarung überdies vorsieht, daß sich nach Ablauf der optierten Mietzeit der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, falls er nicht gekündigt wird, liegt insgesamt ein Bestandvertrag vor, der zwei Komponenten der Vertragsdauer aufweist: Zunächst eine Begrenzung auf bestimmte Zeit, nämlich 20 Jahre, und danach - zufolge der unbestimmten Zahl der möglichen Vertragsverlängerungen - ein Element unbestimmter Vertragsdauer. Für solche Fälle vertritt der Verwaltungsgerichtshof seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 143/63, Slg. NF 3190/F (weitere Judikaturnachweise siehe bei Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren, Ergänzung L, 41 L und 42 L zu § 33 TP 5 GebG) die Auffassung, daß der Bemessung einerseits die Summe des Entgeltes für die bestimmte Vertragsdauer und andererseits gemäß der Spezialnorm des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG das Dreifache des Jahreswertes zugrunde zu legen ist. Die Beschwerdeführerin wurde daher im Ergebnis durch die Anwendung einer bloß 18-jährigen Vertragsdauer in ihren Rechten nicht verletzt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Ergebnis als frei von der behaupteten Rechtwidrigkeit seines Inhaltes weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 104/1991.