VwGH vom 25.04.1996, 93/16/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 14 - 2/Sch-187/1/3/92, betreffend Haftung für Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Frage der Ermittlung des Zollwertes für drei Personenkraftfahrzeuge strittig. Die belangte Behörde legte (nach abweislicher Berufungsvorentscheidung durch die Finanzbehörde erster Instanz) im angefochtenen Bescheid folgende Zollwerte (frei Grenze unverzollt), der Bemessung der Eingangsabgaben zugrunde, für welche der Beschwerdeführer haftet:
Porsche 911, BJ 1987, Bemessungszeitpunkt 10/87, S 401.060,--
Porsche 924, BJ 1983, Bemessungszeitpunkt 5/83, S 170.530,--
Porsche 911, BJ 1983, Bemessungszeitpunkt 4/83, S 282.000,--.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die einfuhrumsatzsteuerpflichtigen Fahrzeuge unterlägen keinem Wertzoll, weshalb Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr gemäß § 5 Abs. 2 UStG 1972 das dem Lieferer geschuldete Entgelt sei; da ein Entgelt und ein Kaufpreis i.S.d. § 3 Abs. 1 Wertzollgesetz 1980, BGBl. Nr. 221/1980 (im folgenden: WertZG) nicht vorlag, sei die Einfuhrumsatzsteuer nach dem Zollwert zu bemessen und der Zollwert gemäß § 2 Abs. 3 WertZG in der Reihenfolge der §§ 4 bis 7 WertZG zu ermitteln gewesen. Da es sich bei den zu bewertenden Waren um gebrauchte PKW gehandelt habe, sei ein Vergleich mit gleichen bzw. gleichartigen Waren i. S.d. § 4 und 5 WertZG nicht möglich gewesen, weil auf dem jeweiligen Gesamtzustand Bedacht zu nehmen gewesen sei. Ferner seien die Fahrzeuge nicht im Zeitpunkt der Abgabe einer Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes im Zollgebiet weiterverkauft worden, weshalb es auch nicht möglich gewesen sei, die deduktive Bewertungsmethode i.S.d. § 6 WertZG zur Zollwertermittlung heranzuziehen. Schließlich sei ein errechneter Wert gemäß § 7 WertZG nicht in Betracht gekommen, weil alle drei Kraftfahrzeuge bereits im gebrauchten Zustand gewesen seien. Sohin sei der Zollwert im Grunde des § 8 WertZG zu schätzen gewesen, wobei nicht die im § 8 Abs. 2 angeführten Punkte, sondern soweit wie möglich die in den §§ 3 bis 7 angeführten Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen seien. Innerhalb dieser normierten Maßstäbe sei der Zollwert unter Anwendung der deduktiven Bewertungsmethode (§ 6 WertZG) zu schätzen gewesen, wobei von der zum Bewertungszeitpunkt gültigen Eurotax-Händlerverkaufliste für KFZ ausgegangen worden sei.
Abgezogen wurden die inländischen Eingangsabgaben, aber kein Zoll, weil eine Warenverkehrsbescheinigung vorgelegt wurde, je S 3.800,-- für Typisierungskosten und Inlandsfracht sowie 20 % für Gebrauch und je einen Vorbesitzer bzw. 25 % für Gebrauch, Vorbesitzer und den Umstand, daß es sich beim Porsche 911/Baujahr 1983 um ein Vorjahresmodell gehandelt hat.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Abgabe einer Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes gemäß § 11 Abs. 6 WertZG sowie weiters durch rechtswidrige Handhabung des Ermessens durch die belangte Behörde in seinem Recht auf Schätzung des Zollwertes gemäß § 8 WertZG verletzt erachtet, insbesondere durch Heranziehung willkürlicher oder fiktiver Werte gemäß § 8 Abs. 2 Z. 5 WertZG.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer verweist zunächst auf die Bestimmung des § 11 Abs. 6 WertZG. Danach hat der Käufer bzw. Empfänger über Aufforderung des Zollamtes eine Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes nachzureichen, wenn hinsichtlich einer Ware erst nachträglich hervorkommt, daß sie einem Wertzoll unterliegt. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung schließt ein subjektives Recht des Käufers oder Empfängers auf "Abgabe einer Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes" aus; vielmehr ist die Partei gehalten, nach Aufforderung die Erklärung abzugeben. Eine Verfahrensordnung an die Behörde, die Partei zur Erklärung aufzufordern, ist dieser Bestimmung keineswegs zu entnehmen. Dazu kommt, wie die Gegenschrift aufzeigt, daß sich die Verpflichtung, der behördlichen Aufforderung nachzukommen, nur an den Käufer oder Empfänger, nicht aber an den Haftenden unmittelbar richtet. Das Gesetz bietet keine Handhabe dafür, daß der Käufer oder Empfänger oder auch der Haftende aus dieser Bestimmung irgendein subjektives Recht ableiten kann. Daß den Beschwerdeführer im Verfahren nicht hinreichend Gelegenheit geboten worden wäre, an der Wertermittlung mitzuwirken, behauptet er nicht.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß kein Kaufpreis vorlag und daß daher mit einer Schätzung des Zollwertes (vgl. VwSlg. 6230/F) gemäß § 8 WertZG vorzugehen war. § 8 Abs. 1 WertZG sieht aber vor, daß bei der Schätzung (vgl. VwSlg. 6538/F) soweit wie möglich die in den § 3 bis 7 genannten Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen seien; daß die Behörde das Verbot des § 8 Abs. 2 Z. 5 WertZG, willkürliche und fiktive Werte heranzuziehen verletzt hätte, ist aus folgenden Gründen nicht erkennbar:
Die deduktive Bewertungsmethode gemäß § 6 WertZG ist einer der vom § 8 Abs. 1 WertZG gebilligten Beurteilungsmaßstäbe. Ausgangspunkt waren für die Behörde die Händlerverkaufspreise für Neufahrzeuge, welche sie den Eurotaxlisten entnahm. Dem Beschwerdeführer wäre es wohl ein Leichtes gewesen, deren allfällige Unrichtigkeit unter Beweis zu stellen. Kosten der Typisierung und die Inlandfracht wurden im Gegensatz zu den Beschwerdebehauptungen sehr wohl berücksichtigt; daß der von der Behörde herangezogene Erfahrungswert zu gering angesetzt worden wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Kernpunkt der Schätzung hinsichtlich dieser Fahrzeuge, die alle noch im Baujahr eingangsabgabenpflichtig wurden, war die Abwertung um 20 % für den Gebrauch und den Umstand daß es jeweils einen Vorbesitzer gab bzw. 25 % unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es sich um ein Vorjahresmodell handelte.
Der Beschwerdeführer hält dieser Schätzung entgegen, ein Sachverständiger hätte zum konkreten Zustand der Fahrzeuge ein Gutachten abgeben müssen. Er hat aber weder im Abgabenverfahren noch in der Beschwerde Tatumstände behauptet, wonach der konkrete Umstand der einige Monate alten Fahrzeuge eine größere als die vorgenommene Abwertung vom Neupreis erfordert hätte. Die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde im allgemeinen frei (Stoll, BAO-Kommentar, Band 2, 1931, m.w.N.); warum die gewählte Methode durch Heranziehung leicht objektivierbarer Händlerneupreise und Abwertung um einen gewissen Prozentsatz für den mehrmonatigen Gebrauch, den Vorbesitz und in einem Fall für das Vorjahresmodell bei identen Fahrzeugen unterschiedliche Zollwerte ergeben soll, ist nicht verständlich. Daß die Behörde einen möglichst hohen Grad der sachlichen Richtigkeit des Ergebnisses (vgl. Stoll aaO 1946) erreicht hat, ergibt sich schon daraus, daß die ermittelten Werte frei Grenze (S 530.600,--/S 222.200,--/S 367.450,--) die Eurotaxpreise für Gebrauchtfahrzeuge nach einem Jahr Gebrauch
(S 516.000,--/S 225.000,--/S 365.000,--) nahezu erreichten bzw. in einem Fall sogar unterboten haben.
Der Beschwerdeführer vermag daher an der gewählten Schätzungsmethode und am ermittelten Schätzungsergebnis keine Bedenken hervorzurufen, sodaß sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.