VwGH vom 18.08.1994, 93/16/0131

VwGH vom 18.08.1994, 93/16/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei F in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 11-747/93, betreffend Haftung für Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In Punkt 1) einer zwischen L. Ltd, Großbritannien, einerseits und der K + L OHG sowie dem Beschwerdeführer (Gesellschafter dieser OHG) andererseits am in Wien abgeschlossenen Vereinbarung wurde vom Beschwerdeführer und der OHG anerkannt, L. einen Betrag von 271.051 Pfund zu schulden.

Punkt 4) der Vereinbarung lautet:

"Zur Besicherung der Forderung von L. stimmt Herr H zu, daß ein Pfandrecht für die Forderung von S 5,000.000,-- (Schilling fünf Millionen) samt 10 % Zinsen p.a. seit auf den in seinem Alleineigentum oder Miteigentum stehenden Liegenschaften ... einverleibt wird."

Eine sowohl von einem Vertreter der L. Ltd als auch vom Beschwerdeführer unterfertigte Aufsandungsurkunde vom 25. Jänner bzw. hatte im wesentlichen folgenden Inhalt:

"Zur Sicherstellung der Forderung der L. für

Warenlieferungen von S 5,000.000,-- (Schilling fünf Millionen)

samt zehn Prozent Zinsen, aufgrund der Vereinbarung vom

, verpfändet Herr H die ihm alleingehörige und

grundbücherlich zugeschriebene Liegenschaft ... und die ihm

alleingehörigen und grundbücherlich zugeschriebenen

444/12000-Anteile der Liegenschaft ... und erteilt seine

ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung des

Simultanpfandrechtes für die vorbezeichnete Forderung der

L. Ltd. von S 5,000.000,-- (Schilling fünf Millionen) samt zehn

Prozent Zinsen, ob der vorbezeichneten Liegenschaft ... als

Haupt- und den vorbezeichneten 444/12000-Anteilen der

Liegenschaft ... als Nebeneinlage für L. Ltd. ..."

Das Finanzamt erließ am an die K + L OHG einen Gebührenbescheid und schrieb damit für die Vereinbarung vom eine Vergleichsgebühr im Sinne des § 33 TP 20 GebG vor. Gleichzeitig richtete das Finanzamt unter Bezugnahme auf die Aufsandungserklärung vom 25. Jänner bzw. an den Beschwerdeführer einen Bescheid betreffend Haftung für eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 18 GebG.

Nach Einbringung von Rechtsmitteln gegen beide Bescheide wurden diese mit Berufungsvorentscheidungen je vom aufgehoben. Hinsichtlich des Haftungsbescheides wurde dies vom Finanzamt damit begründet, daß es sich bei der "Aufsandungsurkunde nur um eine Einverleibungsbewilligung und nicht um eine Hypothekarverschreibung" handle.

Am machte das Finanzamt gegenüber dem Beschwerdeführer aus Anlaß der Vereinbarung vom die Haftung für eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 18 GebG geltend.

In der gegen diesen Haftungsbescheid eingebrachten Berufung wurde im Hinblick auf die bereits erfolgte Vorschreibung vom Rechtswidrigkeit wegen entschiedener Sache eingewendet. Weiters wurde vorgebracht, der Bescheid sei nicht rechtswirksam erlassen worden, weil er dem Beschwerdeführer persönlich und nicht seinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden sei. Ferner sei die Beurteilung der Vereinbarung vom als Hypothekarverschreibung unrichtig. Es sei vom Beschwerdeführer nur die einseitige Erklärung abgegeben worden, der Pfandrechtseinverleibung zuzustimmen. Gemäß § 1368 letzter Satz ABGB sei dies kein Vertrag. Es sei von L. auch nicht die Erklärung abgegeben worden, ein Pfand übernehmen zu wollen. Die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen der Pfandrechtsbegründung seien durch die vorliegende Vereinbarung nicht gegeben.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde sei dabei davon auszugehen, daß die L. der Vereinbarung über die Abstattung der anerkannten Forderung in Raten nur zugestimmt habe, weil die Forderung durch das vom Beschwerdeführer eingeräumte Pfandrecht besichert werde. Die Zustimmung umfasse daher auch die Zustimmung zur Pfandrechtsbestellung. Dem Einwand der entschiedenen Sache hielt die belangte Behörde entgegen, mit der Aufsandungsurkunde sei ein anderes Rechtsgeschäft, nämlich das Verfügungsgeschäft beurkundet worden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unzuständigkeit der belangten Behörde

Eine allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung beinhaltet auch die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 ZustellG. Die Schriftstücke sind bei sonstiger Unwirksamkeit des Bescheides an den bevollmächtigten Vertreter zuzustellen, wobei gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz ZustellG eine Heilung dieses Zustellmangels dann eintritt, wenn das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/10/0035, Slg. Nr. 13221/A).

Der Willensentschluß der Partei, sich vertreten zu lassen, erlangt erst durch Erklärung der Partei gegenüber der Behörde Bedeutung. Diese Erklärung umgrenzt die Ausübung des Rechtes der Partei, sich vertreten zu lassen. Die Behörde ist daher nicht berechtigt, außerhalb der von der Partei geübten Disposition mit Wirksamkeit für die Partei gegenüber einem Machthaber der Partei Verfahrenshandlungen zu setzen, der der Behörde von der Partei nicht für das betreffende Verfahren als Machthaber bezeichnet wurde (vgl. das Erkenntnis vom , 93/14/0140). Ausgenommen sind dabei lediglich Fälle, in denen die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat (vgl. neuerlich das Erkenntnis Slg. Nr. 13221/A).

In der namens des Beschwerdeführers eingebrachten Berufung gegen den Gebührenbescheid vom , GZ 92/822.771-8, haben sich die einschreitenden Rechtsanwälte unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 RAO idgF auf die ihnen erteilte Vollmacht berufen. Gegenstand dieses Berufungsverfahrens war die Urkunde vom bzw. über ein - von den Abgabenbehörden letztendlich zutreffend als Einverleibungsbewilligung (vgl. § 33 TP 12 GebG) gewertetes - Rechtsgeschäft. Demgegenüber war Gegenstand des Haftungsbescheides vom die Urkunde vom über die Bestellung bestimmter Liegenschaften zum Pfand. Beide Rechtsgeschäfte unterliegen verschiedenen Tarifposten des § 33 GebG. Dabei handelt es sich bei den in den einzelnen Tatbeständen des § 33 GebG vorgesehenen Gebühren nicht um eine einzige, einheitliche Abgabe, sondern entsprechend den einzelnen Tatbeständen um jeweils verschiedene Abgaben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 92/16/0174). Daraus folgt, daß zwischen dem Abgabenverfahren über das Rechtsgeschäft vom einerseits und jenem Verfahren über das Verfügungsgeschäft vom 25. Jänner bzw. kein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, daß von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Daraus folgt weiters, daß die Berufung auf die erteilte Vollmacht in der Rechtsmittelschrift vom das Finanzamt nicht berechtigte, den auf § 33 TP 18 GebG gestützten Haftungsbescheid vom an die im Verfahren über das Rechtsgeschäft vom 25. Jänner bzw. als Bevollmächtigte aufgetretenen Rechtsanwälte zuzustellen.

Die belangte Behörde ging daher im angefochtenen Bescheid zutreffenderweise davon aus, daß der mit Berufung bekämpfte Bescheid wirksam zugestellt worden ist.

Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des die Berufung abweisenden Bescheides liegt daher nicht vor.


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2.
Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Nach § 33 TP 12 Abs. 1 GebG unterliegen Einverleibungsbewilligungen der Verpflichteten in abgesonderten Ausfertigungen vom ersten Bogen der festen Gebühr von S 400,--. Ist die Einverleibungsbewilligung zugleich als Hypothekarvertrag zu betrachten, weil in der Urkunde über das Hauptgeschäft eine Hypothek nicht eingeräumt wurde, so unterliegt sie nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle der Gebühr für Hypothekarverträge.

Nach § 33 TP 18 Abs. 1 GebG unterliegen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt ist.

Für den rechtsgeschäftlichen Pfandrechtserwerb ist das Vorliegen folgender Voraussetzungen erforderlich: Gültiges Titelgeschäft (Pfandbestellungsvertrag), gültige dingliche Einigung (Verfügungsgeschäft = Pfandvertrag gemäß § 1368 ABGB) und gültiger Modus (wozu bei verbücherten Liegenschaften die Intabulierung der Hypothek erforderlich ist). Die dingliche Einigung ist dabei in der Regel bereits im Titelgeschäft enthalten (vgl. das Erkenntnis vom , 91/15/0087). Bereits der durch die Einigung über den Pfandrechtserwerb zustande gekommene Konsensualvertrag stellt den Pfandrechtstitel dar (vgl. das Erkenntnis vom , 90/15/0026).

Die streitgegenständliche Urkunde enthält neben dem Anerkenntnis einer Schuldforderung Vereinbarungen über die Abstattung dieser Forderung sowie diverse Sicherungsgeschäfte. Im Punkt 4. der Urkunde ist die in Rede stehende Bestimmung enthalten, wonach der Beschwerdeführer der Einverleibung eines Pfandrechtes auf den ihm gehörigen Liegenschaften zustimmt. Die Vereinbarung stellt sich insgesamt als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft dar, das auch von beiden Vertragsseiten - L. Ltd einerseits und K + L OHG und Beschwerdeführer andererseits - unterfertigt worden ist. Bei verständiger Würdigung dieses Vereinbarungstextes kann dieser nur so verstanden werden, daß damit zwischen den Vertragsparteien - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - beurkundet wurde, daß zwischen den Vertragsparteien die Einigung über die Pfandbestellung zustande gekommen ist. Wird wie im Beschwerdefall eine Vereinbarung über mehrere Haupt- und Nebengeschäfte getroffen, so kann nämlich davon ausgegangen werden, daß sich die Willenseinigung auf sämtliche Punkte der Vereinbarung erstreckt, ohne daß in jedem einzelnen Vertragspunkt die Willenseinigung gesondert festgehalten werden muß.

Mit der weiteren als "Aufsandungsurkunde" bezeichneten Schrift wurde ein anderes Rechtsgeschäft beurkundet, das mit der Vereinbarung vom nicht ident ist. Davon, daß Einverleibung und Pfandvertrag verschiedenartige Vorgänge sind, ist auch der Gesetzgeber ausgegangen, weil im § 33 TP 12 Abs. 2 GebG lediglich für den Fall, daß in der Urkunde über das Hauptgeschäft eine Hypothek nicht eingeräumt wurde, die Einverleibungsbewilligung als Hypothekarvertrag fingiert wird. Jedes Rechtsgeschäft unterliegt aber für sich einer der in den einzelnen Tarifposten des § 33 GebG aufgezählten Gebühren. Die Berufungsvorentscheidung, mit der der Gebührenbescheid betreffend eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 18 GebG aufgehoben wurde, betraf nicht die in der Schrift vom beurkundete Vereinbarung, sondern vielmehr die Erklärung vom . Der Einwand der entschiedenen Sache ist daher unberechtigt. Dem Umstand, daß das Finanzamt im Betreff des sodann aufgehobenen Gebührenbescheides statt richtig "Ergänzung vom zur Vereinbarung angezeigt unter

ERFNR 305.065/91" mißverständlich "Ergänzung zur Vereinbarung vom angezeigt unter ERFNR 305.065/91" ausgeführt hatte, kommt als nicht tragendes Begründungselement des Gebührenbescheides schon deswegen keinerlei Bedeutung zu, weil durch die Anführung der Erfassungsnummer der Aufsandungsurkunde (333706) kein Zweifel daran bestehen konnte, welches Rechtsgeschäft der Gebühr unterzogen wurde; auch seitens des Beschwerdeführers bestanden keine solchen Zweifel, weil in der Berufungsschrift die Erfassungsnummer 333706/91 richtig wiedergegeben worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.