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VwGH vom 03.10.1996, 93/16/0127

VwGH vom 03.10.1996, 93/16/0127

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der W in I, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 60720-6/92, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom verkaufte der "Tiroler Verein der Freunde des Wohnungseigentums" der beschwerdeführenden W-GesmbH 45 Eigentumswohnungen, zum Teil mit Autoabstellplätzen. Im Punkte III wurde als Kaufpreis ein barer Betrag von S 900.000,-- vereinbart. Die Punkte IV und V dieses Kaufvertages lauten wie folgt:

"Die Übergabe und Übernahme der Kaufliegenschaften erfolgt so, wie sie die Verkäuferin bisher selbst besessen und benützt hat bzw. zu besitzen und benützen berechtigt war, ohne Haftung für einen bestimmten Bauzustand oder ein bestimmtes Flächenausmaß.

Die Verkäuferin leistet dafür Gewähr, daß die vertragsgegenständlichen Liegenschaften nicht weiter belastet sind, als derzeit im Grundbuch ersichtlich.

Für die Pfandrechte zu Gunsten der ... liegen

Löschungsbewilligungen vor.

Hinsichtlich der auf den Vertragsliegenschaften pfandrechtlich sichergestellten Bauspardarlehen wird vereinbart:

Die Käuferin tritt an Stelle der Verkäuferin nur dann in die bestehenden Schuldverhältnisse ein, wenn dies von der betreffenden Bausparkasse verlangt werden kann. In allen übrigen Fällen bleibt das bestehende Pfandrecht ohne persönliche Haftung der Käuferin weiterhin bestehen.

Die Verkäuferin versichert, daß jedenfalls für alle Bauspardarlehen Hauptschuldner und im Innenverhältnis mit der Verkäuferin zahlungpflichtig jeweils eine dritte Person ist. Die Käuferin hält unter dieser Voraussetzung und im Rahmen ihrer Stellung als Realschuldnerin die Verkäuferin schad- und klaglos und tritt in dieses Rechtsverhältnis gegenüber dritten Personen anstelle der Verkäuferin hiemit ein.

V.

Auf einem Teil der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum haften langjährige Bestandsrechte. Hinsichtlich des anderen Teiles der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum wurden seinerzeit Kaufverträge abgeschlossen, die jedoch von der Grundverkehrsbehörde nicht genehmigt wurden und daher nichtig sind. Die Rückabwicklung dieser Verträge hat noch nicht stattgefunden.

Die Verkäuferin tritt hiemit der Käuferin alle ihre Rechte und Pflichten aus diesen Bestandsverträgen und hinsichtlich jener Kaufverträge, die wegen Versagung der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde nichtig sind, ab und die Käuferin übernimmt alle diese Rechte und Pflichten in jenem Umfange, in welchem sie ihr urkundlich bei Unterzeichnung dieses Vertrages von der Verkäuferin bekanntgegeben wurden. Insoweit tritt also die Käuferin in deren Rechte und Pflichten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum ein und gilt dies insbesonders für die im Zusammenhang mit der Rückabwicklung der ungültigen Kaufverträge verbundenen Rechte und Pflichten einschließlich der Verpflichtung zur Rückzahlung der Kaufpreise und der Forderung aus dem Titel der Benützung von Wohnungen. Hinsichtlich jener Urkunden, die die Verkäuferin übergibt, wird eine gesonderte Aufstellung aller dieser Urkunden von den Vertragsparteien unterfertigt und werden diese Urkunden in Original oder Ablichtung dieser Aufstellung angefügt."

Laut Abgabenerklärung vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Innsbruck (im folgendem: Finanzamt) die Grunderwerbsteuer mit 3,5 % von S 900.000,-- fest, allerdings vorläufig, weil nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiß sei.

Anläßlich einer Betriebsprüfung des Finanzamtes der Beschwerdeführerin wurde laut Bericht vom unter der Tz. 57 folgendes wahrgenommen:

"Kaufvertrag vom mit (Verkäuferin). Mit diesem Kaufvertrag wurden insgesamt 45 Wohnungen erworben. Der im Vertrag angegebene Barkaufpreis entspricht jedoch nicht der Gesamtgegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987. Die von der Veräußerin mitübernommenen Verbindlichkeiten gegenüber Kaufanwärtern in Höhe von insgesamt S 22.856.575,-- stellen nach Ansicht des Finanzamtes einen Teil der Gegenleistung dar und sind deshalb in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen."

Vorgefunden wurde damals ein Aktenvermerk des österreichischen Verbandes Gemeinnütziger Bauvereinigungen-Revisionsverband vom , welcher folgenden Wortlaut hat:

Betr.: ERWERB VON 45 WOHNUNGEN DES "TIROLER VEREINS DER FREUNDE

DES WOHNUNGSEIGENTUMES"

Der im Kaufvertrag vom 15./ vereinbarte Kaufpreis in Höhe der Barzahlung von S 900.000,-- wird dem Willen der Vertragspartner und den wirtschaftlichen Gegebenheiten insoferne nicht gerecht, als die mit dem Kauf verbundenen Verpflichtungen nicht einbezogen sind.

Auf mögliche steuerliche Konsequenzen (Grunderwerbsteuer) wird aufmerksam gemacht, zumal die buchmäßige Bewertung berechtigterweise vom kaufvertraglich angegebenen Kaufvertrag abweicht.

Die in die Bilanz aufgenommenen Vermögenswerte entsprechen den übernommenen Verpflichtungen (Verbindlichkeiten gegenüber Kaufanwärtern in Höhe von S 22.856.575,--). Die Bewertung zum Kaufpreis lt. Kaufvertrag hätte die verlustwirksame Einstellung dieser Verbindlichkeiten zur Folge gehabt.

Wien, am "

Mit Bescheid vom erfolgte die endgültige Festsetzung auf Basis von S 900.000,-- + S 22.856.575,--, weil die übernommenen Verpflichtungen Teil der Bemessungsgrundlage seien.

In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei in Rechte und Pflichten der Verkäuferin gegenüber Personen eingetreten, mit denen nichtige Kaufverträge geschlossen wurden. Der angefochtene Bescheid übersehe jedoch, daß sich jene Personen im wirtschaftlichen Eigentum der kaufgegenständlichen Liegenschaften befänden. Sollte die Rückabwicklung stattfinden, müßte zwar einerseits die Beschwerdeführerin eine Zahlung an diese Person leisten, erhielte aber andererseits das freie Eigentum an den betreffenden Wohnungen. Es handle sich somit nicht um eine einseitige Verbindlichkeit gegenüber diesen Peronen, deren keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstünde. Die Beschwerdeführerin habe keineswegs zusätzlich zum Kaufpreis von S 900.000,-- eine weitere Verbindlichkeit des Verkäufers übernommen.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, die bisherigen beim Voreigentümer in den Büchern ausgewiesenen Verbindlichkeiten gegenüber Kaufanwärtern in der Höhe von S 22.856.575,-- seien von der Beschwerdeführerin übernommen und ihrerseits in der Bilanz ausgewiesen worden. Es sei der Vermögenswert der erworbenen Wohneinheiten mit den Anschaffungskosten, Barkaufpreis und übernommenen Verbindlichkeiten in die Bilanz aufgenommen worden.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin über Vorhalt des oben wiedergegebenen Betriebsprüfungsergebnisses im Schreiben vom an:

"Die Bewertung der einzelnen Eigentumswohnungen erfolgte ausschießlich nach handelsrechtlichen Gesichtspunkten, d.h. daß (die Beschwerdeführerin) das gesamte übernommene Vermögen aktiviert hat und diesen Werten entsprechend den Bestimmungen des Höchstwertprinzipes auf der Passivseite die von den Wohnungswerbern bzw. Bestandnehmern geleisteten Zahlungen passiviert hat. Gemäß den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 1 Abs. 3 WGG 1979 bzw. § 5 GRV) habe ein gemeinnütziges Wohnbauunternehmen eine Handelsbilanz zu erstellen, jedoch ist ein Sachverhalt nicht davon abhängig, in welcher Weise ein Geschäftsfall in der Handelsbilanz dargestellt wird."

Weiters wurde angegeben, daß die Übernahme der Verbindlichkeiten gemäß Punkt IV des Kaufvertrages die Verpflichtung zur Rückabwicklung bzw. Anerkennung der Mietverträge betraf; dadurch hebe sich der Wert mit den übernommenen Verpflichtungen praktisch auf und verbleibe eben nur ein angemessener Kaufpreis in Höhe von S 900.000,--.

Aufgrund eines weiteren Vorhaltes legte die Beschwerdeführerin 30 Bestandverträge aus den Jahren 1973 bis 1974, drei Eigentumswohnungsverträge und einen Anwartschaftsvertrag aus 1976, jeweils abgeschlossen zwischen dem Verkäufer und deutschen Staatbürgern vor. Zwei der beiden vorgelegten Kaufverträge aus 1971 enthielten den Hinweis auf die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1966.

Wörtlich heißt es: "Sollte die Übertragung des grundbücherlichen Eigentums infolge Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht möglich sein, so werden die Vertragspartner eine den bestehenden Gesetzen angemessene Rechtsform vereinbaren, die dem Kaufanwärter den ruhigen Besitz und Genuß des Vertragsgegenstandes sichert. Weitergehende Ansprüche des Kaufanwärters werden ausgeschlossen."

Der dritte vorgelegte Kaufvertrag ohne (lesbarem) Datum enthält am Schluß den Zusatz: "Die Eintragung des 100jährigen Mietvertrages in das Grundbuch für Top 25 wird vom (Verkäufer) beantragt. Das Grundbuchblatt für Top 25 ist frei von Hypotheken"; diese Erklärung wurde 1975 unterschrieben. Der eine vorgelegte Anwartschaftsvertrag enthält die Erklärung des Verkäufers, nach Bezahlung der in diesem Vertrag vereinbarten Beträge jederzeit bereit zu sein, einen Kaufvertrag über die vertragsgegenständliche Wohnung abzuschließen, sobald die für die grundbücherliche Durchführung eines Kaufvertrages erforderlichen Genehmigungen tatsächliche erteilt werden.

Die dreißig vorgelegten Mietverträge enthalten im wesentlichen die Vereinbarung, daß die im einzelnen beschriebenen Bestandgegenstände auf die Dauer von 100 Jahren unter gegenseitigem Kündigungsverzicht und beidseitiger Überbindungsverpflichtung vermietet werden. Ausgewiesen ist jeweils ein als Baukostenbeitrag genannter Betrag, dessen Rückzahlung in der Weise erfolgt, daß jährlich 1/100 für die Überlassung der Wohnung als Bestandzins berechnet wird, sodaß mit dem Ende der Bestandzeit die Baukosten restlos getilgt erscheinen. Weiters wurde regelmäßig die Einverleibung dieser Mietverträge im Sinne des § 1095 ABGB vereinbart. Schließlich räumte der Verkäufer den Mietern auf die Dauer der Laufzeit des Mietvertrages das Recht ein, das Eigentum am Bestandgegenstand zu erwerben, wobei der Kaufpreis in Höhe des Baukostenbeitrages als bereits bezahlt ausgewiesen ist. Der Verkäufer verpflichtete sich, einen Kaufvertrag in einer einverleibungsfähigen Form zu unterfertigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Feststellung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes, insbesondere des Inhaltes des Aktenvermerkes vom , führte die Behörde begründend aus:

Sowohl in jenen Fällen, in denen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung verweigert wurde, als auch in jenen Fällen, in denen gar nicht darum angesucht wurde, seien die Verträge nicht wirksam und sei eine Steuerschuld nicht entstanden. Wird kein Übereignungsanspruch begründet, dann hat dies auch nicht den Erwerb einer wirtschaftlichen Verfügungsmacht im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG zur Folge. Ob eine Rückabwicklung stattfand, sei ohne Belang; Verträge, mit denen eine wirtschaftliche Verfügungsgewalt eingeräumt wurde, seien trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Auch ein Bestandvertrag mit 100-jähriger Bestanddauer sei kein Rechtsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG. Die Auffassung, die Wohnungen stünden im "wirtschaftlichen Eigentum" Dritter, sie nicht zutreffend.

Hinsichtlich der Bausparkassendarlehen sei der Verkäufer nicht Schuldner gewesen, weshalb Bausparkassenschulden nicht übernommen worden seien; daher seien in den herangezogenen Verbindlichkeiten (von S 22.856.575,--) keine Bausparverbindlichkeiten enthalten. Sowohl nach Handels- wie nach Steuerrecht würden nur jene Vermögensgegenstände bilanziert werden, die sich im wirtschaftlichen Eigentum des bilanzierenden Unternehmens befinden; damit zusammenhängende Verpflichtungen würden passiviert werden. Es wäre unzulässig, keine Verbindlichkeiten gegenüber den Mietern auszuweisen, wenn die Mieten für 100 Jahre vorausbezahlt sind und das Mietverhältnis zum Bewertungsstichtag erst 15 Jahre gedauert hat. Auch müßten bei nichtigen Kaufverträgen die nicht zurückerstatteten Kaufpreise passiviert werden. Die in der Handelsbilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten seien trotz Aufforderung nicht aufgegliedert worden. Unter diesen Verbindlichkeiten seien auf jeden Fall Beträge für nicht abgewohnte Mietzinsvorauszahlungen enthalten. Die Anfrage, ob andere Verbindlichkeiten enthalten seien, sei unbeantwortet geblieben. Ein Abzug der übernommenen Verbindlichkeiten von den übernommenen Rechten sei bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht zulässig.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtet war und deren Behandlung der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom ablehnte. Die Beschwerdeführerin erachtet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf richtige Bemessung der Grunderwerbsteuer, insbesondere in ihrem Recht auf Nichtannahme einer S 900.000,-- übersteigenden Bemessungsgrundlage verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor. Die Beschwerdeführerin replizierte und legte ein Schreiben des österreichischen Verbandes Gemeinnütziger Bauvereinigungen-Revisionsverband vom vor, mit welchem auf den Aktenvermerk vom Bezug genommen wird. Danach sei im Zuge der gesetzlichen Prüfung über das Geschäftsjahr 1987 die Frage, ob und in welcher Höhe tatsächlich GELDWERTE Verbindlichkeiten mit Kaufvertrag vom von der Beschwerdeführerin übernommen wurden, also welche Zahlungsverpflichtungen mit dem Ankauf für die Käuferin verbunden waren, unberücksichtigt geblieben. Es könne vom Vorliegen wirtschaftlichen Eigentums der Wohnungsinhaber bzw. mangelnder wirtschaftlicher Verfügungsgewalt der Beschwerdeführerin ausgegangen werden, was bilanziell Konsequenzen in der Form bedinge, daß die Aktivposten lediglich mit einem Erinnerungschilling in Ansatz zu bringen seien. Die belangte Behörde gab dazu eine Stellungnahme ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit es sich auf inländische Grundstücke bezieht. § 5 Abs. 1 GrEStG definiert die Gegenleistung bei einem Kauf als den Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren handelt es sich bei dem vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage aufgenommenen Betrag von S 22.856.575,-- um die Summe der von den Wohnungswerbern bzw. Bestandnehmern geleisteten Zahlungen. Aus den vorgelegten Mietverträgen ergibt sich, daß sich der Verkäufer verpflichtet hat, diese Zahlungen in der Form zurückzuerstatten, daß jährlich 1/100 als Bestandzins angerechnet werde. Der Verkäufer hat somit Mietzinsvorauszahlungen für 100 Jahre lukriert, wobei nach dem gegenständlichen Vertrag auch die noch nicht abgewohnten Anteile dem Verkäufer verbleiben sollen.

Als vorbehaltene Nutzung, die dem Verkäufer verbleibt und der Gegenleistung hinzuzurechnen ist, wurden bisher Fruchtgenußrechte, Geh- und Fahrtrechte und Wasserbezugsrechte genannt (Fellner, Grunderwerbsteuergesetz 1987 - Kommentar, Mai 1995, Rz 105 zu § 5 GrEStG). Czurda (Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 I, Rz 162 zu § 5 GrEStG) nennt weiters die Dienstbarkeit der Wohnung. An dieser Stelle findet sich auch der Hinweis auf die schon in der Berufungsschrift genannte Judikatur des Bundesfinanzhofes, wonach Mietzinsvorauszahlungen, die der Veräußerer vereinnahmt hat, vorbehaltene Nutzungen sind, wenn sie dem Veräußerer verbleiben. Boruttau-Egly-Sigloch (Grunderwerbssteuergesetz13, Randzahl 237 zu § 9 dGrEStG) nennen unter Zitierung derselben Belegstelle ausdrückliche die als BAUKOSTENZUSCHÜSSE geleisteten Mietvorauszahlungen, soweit sie der Veräußerer dem Erwerber nicht herauszugeben braucht.

In Punkt V des Kaufvertrages wurden die Pflichten aus den Bestandverträgen der Beschwerdeführerin überbunden; derartige Pflichten können etwa aus den §§ 1096 Abs. 1, allenfalls 1104 ABGB entstehen: Danach ist der Mieter von der Zinszahlung befreit, wenn die Sache zum bedungenen Gebrauch nicht taugt; ob durch die Vorauszahlung ein Verzicht auf die Rückforderung ausgesprochen wurde (vgl. Würth in Rummel ABGB I2 Randzahl 11 zu § 1096 ABGB), ist zumindest zweifelhaft, da die Bestandverträge auf die Untauglichkeit der Bestandsache oder deren gänzlichen Untergang nicht Bedacht nehmen. Darüber hinaus sind Ansprüche aus § 1112 ABGB denkbar, von denen gleichfalls der Verkäufer entbunden wurde.

Es bedarf aber keiner Untersuchung, ob dieser Überbindung als "sonstige Leistung" im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG anzusehen ist, weil in allen Fällen, in denen Bestandverträge abgeschlossen wurden, hinsichtlich der im Vertragszeitpunkt noch nicht amortisierten Baukostenanteile Nutzungen vorlagen, die dem Verkäufer vorbehalten blieben und schon deshalb der Gegenleistung zuzuschlagen waren.

Bei den drei aktenkundigen Kaufverträgen wurde in einem Fall eine Konversion in einen 100-jährigen Bestandvertrag vereinbart, sodaß im Erwerbszeitpunkt für die Beschwerdeführerin die gleiche Vertragslage gegegeben war, wie in den Fällen der anderen Bestandverträge.

Bei den beiden anderen Kaufverträgen war vereinbart, daß im Falle der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung die Vertragspartner eine den bestehenden Gesetzen angemessene Rechtsform vereinbaren, welche den Kaufanwärtern den ruhigen Besitz und Genuß des Vertragsgegenstandes sichert. Welche andere Vertragsform tatsächlich gewählt worden war, also insbesondere, ob auch eine Umwandlung in einen 100-jährigen Bestandvertrag erfolgte, blieb unaufgeklärt; dem letzten Vorhalt der Berufungsbehörde vom , mit welchem die Aufklärung hinsichtlich aller 45 Eigentumswohnungen moniert wurde, ließ die Beschwerdeführerin unbeantwortet. Allerdings wurde im Punkt V des gegenständlichen Kaufvertrages vereinbart, daß die Käuferin in die Rechte und Pflichten des Verkäufers im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum eintritt und daß dies insbesondere für die im Zusammenhang mit der Rückabwicklung der ungültigen Kaufverträge verbundenen Rechte und Pflichten einschließlich der Verpflichtung zur Rückzahlung der Kaufpreise und der Forderungen aus dem Titel der Benützung von Wohnungen gilt.

Vorgelegt wurde auch ein "Anwartschaftsvertrag"; diese Vertragstype ist zwar im Punkt V des gegenständlichen Kaufvertrages nicht genannt, aus dem Gesamtzusammenhang kann aber unschwer erschlossen werden, daß für diese Vertragstype nichts anderes gelten sollte.

Jedenfalls wurde der Verkäufer von der ihn treffenden Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises befreit, sodaß unabhängig von der Subsumtion unter "vorbehaltene Nutzung" oder "sonstige Leistung" jene Kaufpreise in die Gegenleistung einzubeziehen sind.

Zwischen den Partnern des hier beurteilten Rechtsgeschäftes wurde der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG jedenfalls erfüllt, es erübrigt sich; ein Eingehen darauf, ob der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG bei den mit den Wohnungsinhabern geschlossenen Verträgen verwirklicht wurde.

Die herangezogene Grundlage von S 22.856.575,-- entspricht der Summe aller Kaufpreise und Baukostenzuschüsse. Der Ansatz im vollem Unfang ist bei den Kaufverträgen gerechtfertigt, zumal die Beschwerdeführerin keine Behauptungen dahingehend aufgestellt hat, inwieweit sie einem solchen Rückforderungsanspruch aufgrund der tatsächlichen Benützung durch den seinerzeitigen Wohnungskäufer entgegnen würde.

Bei den vorgelegten (insgesamt) 31 Bestandverträgen hätte die belangte Behörde allerdings einen Abzug für die bereits verstrichene Bestanddauer und die darauf entfallenden Zinse vornehmen müssen. Nicht der Bestandzins für 100 Jahre, sondern nur der für die noch offene Bestanddauer war eine dem Verkäufer vorbehaltene Nutzung. Allein dadurch, daß die belangte Behörde dies bei den vorgelegten Bestandverträgen nicht berücksichtigte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Beschwerde war daher aus diesem Grunde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.