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VwGH vom 16.04.1991, 90/14/0012

VwGH vom 16.04.1991, 90/14/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 188-3/86, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren 1980 bis 1982 auf Provisionsbasis eine Tankstelle und daneben - im eigenen Namen und auf eigene Rechnung - einen Kfz-Handel.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden unter anderem folgende Feststellungen getroffen:

1. Zuschätzungen

Die Aufzeichnungen sowie die Kassaführung des Beschwerdeführers seien äußerst mangelhaft gewesen. Auch Zubehör wie Öle, Fette, Reifen etc. sei auf Kredit verkauft worden. Die Zahlungseingänge seien größtenteils über ein Girokonto bei einer Sparkasse erfolgt. Als Erlöse für das Zubehör seien jedoch nur die auf den täglichen Zählstreifen aufscheinenden Beträge als Bareingänge erfaßt worden. Die unbaren Eingänge seien somit unerfaßt geblieben. Eine stichprobenweise Überprüfung der Einkaufsrechnungen bei den Kraftfahrzeugen habe ergebe, daß in einigen Fällen die angeführten Verkäufer gar kein Auto besessen hätten, weiters wären laut Aussage einiger Verkäufer die Verkaufspreise wesentlich niedriger gewesen als in den Kaufverträgen eingetragen. Autoradioverkäufe seien nicht erklärt worden. Bei der Verprobung des Heizölverkaufes seien Differenzen festgestellt worden. Die Treibstoffverkäufe hätten in der Buchhaltung keinen Niederschlag gefunden, obwohl die Treibstoffzahlungen ebenfalls über das erwähnte, auch für den Eigenhandel verwendete Girokonto abgewickelt worden seien. Die aus den täglichen Kassastreifen ermittelten Treibstofferlöse seien nun den laut Kontoauszügen eingelegten Beträgen gegenübergestellt worden, wobei sich in den Jahren 1980 bis 1982 Mehreinlagen von insgesamt S 2,728.000,-- ergeben hätten. Die Herkunft dieser Mittel sei ungeklärt geblieben und könne nur teilweise mit überhöhten Kassaständen sowie der (vom Steuerberater zum nachgetragenen) Entnahme von S 1 Mio erklärt werden. Bei der Ermittlung der Zuschätzungsbeträge sei von den ungeklärten Einlagendifferenzen in Höhe von insgesamt S 1,193.184,-- ausgegangen worden. Die Zurechnung sei mit S 1,100.000,-- vorgenommen worden.

2. Aufbereitungskosten für Gebrauchtfahrzeuge (Anwendung des § 4 Abs. 3 UStG 1972)

Bei einer Reihe von Fahrzeugeinkäufen seien am selben Tag, an dem das Kraftfahrzeug gekauft worden sei, für das Fahrzeug sogenannte Aufbereitungskosten verrechnet worden. In diesen Fällen würden die durchlaufenden Posten nicht anerkannt.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen bei der Erlassung der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1980 bis 1982.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid in den noch strittigen Punkten nicht Folge.

Die Argumentation des Beschwerdeführers mit Treibstoffsollumsätzen in Berufung und Vorlageantrag sei widersprüchlich. Es sei ihm nicht gelungen, die Mehreinlagen auch nur teilweise aufzuklären. Die laut Betriebsprüfung festgestellten Beträge und die laut "Erdölfirma" erzielten Treibstoffsollumsätze seien nahezu identisch. Die ungeklärten Mehreinnahmen stünden offensichtlich zur Gänze mit den Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung und Kassaführung im unmittelbaren Zusammenhang.

Ein Kraftfahrzeughändler könne in den Fällen, in denen er ein gebrauchtes Kraftfahrzeug von einem anderen Händler erwerbe, bei dem der Vorgang der Umsatzsteuer unterliege, nicht damit rechnen, den Erwerbspreis als durchlaufenden Posten behandeln zu können. Nach der Verwaltungsübung werde lediglich die Inanspruchnahme der Begünstigung des § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG auch in jenen Fällen zugelassen, in denen ein Gebrauchtwagenhändler ein gebrauchtes Fahrzeug von einem anderen Händler erworben habe, sofern dieser in Anwendung der Gesetzesbestimmung den Erwerbspreis als durchlaufenden Posten behandeln habe können und das Kraftfahrzeug zum Einstandspreis (oder darunter) weiterveräußert habe. Die Aufspaltung des Verkaufspreises in Einstandspreis und Aufbereitungskosten finde im Gesetz jedoch keine Deckung. Im gegenständlichen Falle habe das Finanzamt daher zu Recht die Veräußerung der Kraftfahrzeuge als einheitlichen Vorgang betrachtet und die Aufbereitungskosten ebenso wie den weiterverrechneten Einstandspreis der Kraftfahrzeuge als Teil des Verkaufspreises angesehen.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf gesetzmäßige Besteuerung in bezug auf die Zuschätzung und die Behandlung der Aufbereitungskosten (§ 4 Abs. 3 UStG) verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. ZUSCHÄTZUNGEN

Der Beschwerdeführer bestreitet - angesichts der festgestellten schwerwiegenden Buchführungsmängel - nicht die Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung im Streitzeitraum. Er wendet sich aber gegen die Höhe der Zuschätzung von insgesamt S 1,100.000,--, die seiner Ansicht nach auf S 450.000,-- zu reduzieren wäre.

Der Betriebsprüfer hatte ermittelt, daß Einlagen von fast S 1,200.000,-- ihrer Herkunft nach ungeklärt geblieben seien; an dieser Summe orientierte sich (abrundend) die vorgenommene Zuschätzung. Der Beschwerdeführer bringt nun vor, ein Betrag von ca. S 650.000,-- an Treibstofferlösen sei in der Buchhaltung nicht erfaßt worden; er zieht hieraus den Schluß, daß die Zuschätzung lediglich in Höhe der Differenz auf den Betrag von S 1,100.000,--, daher eben in Höhe von S 450.000,-- zu erfolgen habe.

Diese Argumentation überzeugt nicht: Die Beschwerdeausführungen lassen nicht erkennen, warum das Zugeständnis, Erlöse in der Buchhaltung nicht erfaßt zu haben, dazu führen soll, solche Erlöse auch weiterhin der Besteuerung nicht zu unterwerfen. Die vom Beschwerdeführer genannten Gründe sprechen nicht dagegen, sondern gerade dafür, den strittigen Betrag ebenso in die Zuschätzung einzubeziehen wie den vom Beschwerdeführer genannten Betrag von S 450.000,--, zu welchem er überhaupt keine Aufklärung bieten konnte. Im übrigen wird der ziffernmäßigen Darstellung im angefochtenen Bescheid, wonach der behauptete "Überhang" im Treibstoffbereich gar nicht besteht, in der Beschwerde im einzelnen nicht entgegengetreten.

Der Gerichtshof kann daher darin, daß die belangte Behörde als Basis für die Zuschätzung die Gesamthöhe der "Mehreinlagen" heranzog, eine Rechtswidrigkeit nicht erblicken.

2. AUFBEREITUNGSKOSTEN FÜR GEBRAUCHTFAHRZEUGE - ANWENDUNG DES § 4 ABS. 3 UStG 1972

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, seine Aufträge an Wiener Autohäuser, von denen er Gebrauchtwagen gekauft hatte, die gebrauchten Fahrzeuge für den Weiterverkauf "aufzubereiten" (z.B. durch Lackausbesserungen und Fahrzeugreinigung) seien als von den Kaufverträgen gesonderte Rechtsgeschäfte - offenbar Werkverträge - zu beurteilen.

Geht man davon aus, daß diese (in einer Verkäuferbestätigung als "Make-up" bezeichneten) Arbeiten tatsächlich von den Verkäufern durchgeführt wurden und die gesonderte Verrechnung von Aufbereitungskosten neben der Weiterverrechnung der Einstandspreise nicht etwa nur der Verschleierung der Verkäuferspanne diente (nach den Angaben des Betriebsprüfers sind die Räumlichkeiten des Beschwerdeführers mit einigen für Reparaturarbeiten geeigneten Geräten ausgerüstet und es wurden Autobestandteile in erheblichem Umfang zugekauft), so ist für den Beschwerdeführer dennoch nichts gewonnen:

Gehören Leistungen wirtschaftlich zusammen und bilden sie eine Einheit, folgt auch das Umsatzsteuerrecht dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 21 BAO) und behandelt die wirtschaftliche Einheit mehrerer Leistungen als eine Leistung. Der Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung besagt, daß ein bestimmter Wirtschaftsvorgang nach seiner überwiegenden Bedeutung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung einheitlich zu beurteilen ist; er darf daher nicht etwa zum Zwecke einer günstigeren Umsatzbesteuerung in seine Bestandteile zerlegt werden. Die Beurteilung der Frage, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere zusammengehörige Einzelleistungen vorliegen, hat nur nach dem Vorgang der Leistung zu erfolgen. Es kommt nicht darauf an, ob die Leistungen auf ein und demselben Vertrag beruhen und ob das Entgelt für jede einzelne Leistung oder als Gesamtentgelt berechnet wurde (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 1 Anm. 53 f).

Nach Ansicht des Gerichtshofes handelt es sich beim Ankauf eines Pkws, den der Verkäufer noch "aufbereiten" soll, um einen solchen einheitlichen Wirtschaftvorgang - selbst wenn zivilrechtlich neben dem Kaufvertrag ein Werkvertrag abgeschlossen und nicht bloß eine Nebenabrede zum Kaufvertrag getroffen worden sein sollte. Maßgebend ist daher der jeweilige Gesamtpreis für die eine wirtschaftliche Einheit bildenden Leistungen. Die vorgenommene Aufteilung dieses Preises in weiterverrechneten Einstandspreis und "Aufbereitungskosten" ist abzulehnen.

Damit kommt eine Behandlung des (Gesamt)Preises als durchlaufender Posten gemäß § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 für die Streitjahre nicht in Frage: Im Hinblick auf den als Aufbereitungskosten bezeichneten Preisteil waren die Verkäufer zur Rechnungsausstellung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis berechtigt; der Beschwerdeführer war vom Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen; auf das (im Beschwerdefall offensichtlich geringe) Ausmaß der jeweils anfallenden Vorsteuern kam es hiebei nicht an. Hiezu genügt es, im einzelnen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0086, zu verweisen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend mit der Begünstigungsregel des § 4 Abs. 3 dritter Satz UStG 1972 in den für die Streitjahre geltenden Fassungen auseinandergesetzt hat (vgl. auch die Beispiele von Kolacny-Scheiner, ÖStZ 1990, Seite 43 f, sowie Kranich-Siegl-Waba a.a.O., § 4 Tz 201a). Daß die sich daraus ergebende Rechtslage für den Beschwerdeführer unbefriedigend sein mag, ändert nichts daran, daß es zu einer - ihn zufriedenstellenden - Gesetzesänderung erst durch das Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660, für nach dem ausgeführte Umsätze gekommen ist.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.