VwGH 28.03.1996, 93/16/0113
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | ZollG 1988 §174 Abs3 lita; |
RS 1 | Der erste Tatbestand des § 174 Abs 3 lit a ZollG 1988 enthält im Gegensatz zum Strafrecht insofern keine subjektiven Tatbestandsmerkmale, als die Zollschuld ohne Rücksicht darauf entsteht, ob der Zollschuldner die Folgen seines Handelns - nämlich die Entstehung der Zollschuld - in seine Vorstellung aufgenommen hat: Es ist der rein tatsächliche Vorgang des vorschriftswidrigen Verfügens über die einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware, der die Zollschuld zum Entstehen bringt (Hinweis E , 82/16/0095, 0096, VwSlg 5716 F/1982). Dies, weil sich der letzte Halbsatz dieser Gesetzesstelle nach seiner syntaktischen Stellung nur auf den zweiten Tatbestand (Ansichbringen einer zollhängigen Ware) bezieht (Hinweis E , 85/16/0038). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des J Müllner in T, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 13 - 7/M-444/1/92, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , GZ 6b Vr 9364/89, Hv 5464/89, wurde der Beschwerdeführer u.a. schuldig erkannt, er habe eingangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen, indem er (u.a. und gemeinsam mit einer Mittäterin)
Mitte März 1987 8 kg Heroin aus Jugoslawien nach Österreich einführte und
im Mai 1987 4,5 kg Heroin aus Jugoslawien nach Österreich einführte. Er habe hiedurch das Vergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG begangen.
Im selben Urteil wurde der Beschwerdeführer von der wider ihn erhobenen Anklage, er hätte das Verbrechen nach § 12 Abs. 1, Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz dadurch begangen, daß er
Mitte März 1987 8 kg Heroin aus Jugoslawien aus- und nach Österreich eingeführt sowie nach einer kurzen Zwischenlagerung in Wien jene 8 kg Heroin wieder aus Österreich aus- und in die Bundesrepublik Deutschland bzw. Dänemark ausgeführt habe sowie
im Mai 1987 2,5 kg Heroin aus Jugoslawien aus- und nach Österreich eingeführt habe, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Das Gericht folgte der Verantwortung des Beschwerdeführers, er hätte bis Mai 1987 geglaubt, nicht Heroin, sondern Gold transportiert zu haben. Er verantworte aber das Vergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich aller nach Österreich eingeführter Mengen, also auch für den Zeitpunkt, wo er noch der Meinung gewesen sei, Gold zu schmuggeln. Er habe bei seiner Fahrt das Vergehen nach § 35 Abs. 1 FinStrG durchaus in Kauf genommen, wobei es keine Rolle spielen könne, ob das von ihm geschmuggelte Gut Gold oder Suchtgift sei, zumal auch beim Schmuggel von Gold Eingangsabgaben in beträchtlicher Höhe erwachsen wären.
Mit Bescheid vom setzte das Zollamt Wien gemäß § 174 Abs. 3 lit. a im Zusammenhalt mit § 3 Abs. 2 ZollG 1955 Abgaben in der Gesamthöhe von S 3,341.775,-- fest, weil der Beschwerdeführer zwischen März 1987 und Mai 1987 über insgesamt 12,5 kg Heroin als einfuhrzollpflichtige, zollhängige Ware erstmalig vorschriftswidrig so verfügt habe, als wäre diese im freien Verkehr.
Seine dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer auf den erfolgten Freispruch verwies, wies das Zollamt mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Hinsichtlich der Anklagepunkte, von denen der Beschwerdeführer freigesprochen worden sei, sei auch keine Abgabenvorschreibung erfolgt.
In seinem Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz machte der Beschwerdeführer neuerlich geltend, daß ein Freispruch ergangen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde hinsichtlich der Mitte März 1987 aus Jugoslawien in das Zollgebiet eingeführten 8 kg Heroin Folge, weil das Rauschgift nicht in Österreich verblieben ist, sondern zur Gänze nach Dänemark ausgeführt wurde, sodaß der Tatbestand des § 182 Abs. 2 ZollG erfüllt sei. Die Berufungsbehörde legte daher für die 4,5 kg Heroin, die im Mai ins Zollgebiet gebracht wurden, die Abgaben mit S 1,203.066,-- neu fest. Zu dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Freispruch wurde festgestellt, daß sich dieser auf die wider ihn erhobene Anklage, er hätte AUCH das Verbrechen nach § 12 Abs. 1, Abs. 3 Z. 3 Suchtgiftgesetz begangen, bezogen habe. Zu diesem Freispruch sei es gekommen, weil die Tatbestandsmerkmale des § 12 Suchtgiftgesetz aufgrund der vom Gericht nicht widerlegten Aussage des Beschwerdeführers, er hätte geglaubt, anstatt des in Rede stehenden Suchtgiftes Gold zu schmuggeln, nicht erfüllt waren. An dem Schuldspruch des Gerichtes, der Beschwerdeführer hätte hinsichtlich der streitverfangenen 12,5 kg Heroin den Tatbestand des § 35 Abs. 1 FinStrG verwirklicht, vermochte der eine Norm des Suchtgiftgesetzes betreffende Freispruch nichts zu ändern.
Mit Bescheid vom berichtigte die belangte Behöde den angefochtenen Bescheid dahingehend, daß der Name des Berufungswerbers von "Müller" auf "Müllner" korrigiert wurde.
Gegen den Berufungsbescheid vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt erachtet, nicht der Zollschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. a "schuldig erkannt und bestraft" zu werden.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten
und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, im Mai 1987 4,5 kg Heroin aus Jugoslawien nach Österreich eingeführt zu haben. Sein subjektiver Vorsatz sei aber nicht auf den Schmuggel von Suchtgift gerichtet gewesen, weil er der Meinung gewesen sei, Gold zu transportieren und nicht gewußt habe, daß er Suchtgift befördere.
Gemäß § 174 Abs. 3 lit. a ZollG 1988 entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der über eine zollpflichtige zollhängige Ware erstmals vorschriftswidrig so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr, oder der eine solche Ware an sich bringt, obwohl ihm die Zollhängigkeit bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war.
Der erste Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG enthält im Gegensatz zum Strafrecht insofern keine subjektiven Tatbestandsmerkmale, als die Zollschuld ohne Rücksicht darauf entsteht, ob der Zollschuldner die Folgen seines Handelns - nämlich die Entstehung der Zollschuld - in seine Vorstellung aufgenommen hat: Es ist der rein tatsächliche Vorgang des vorschriftswidrigen Verfügens über die einfuhrzollpflichtige zollhängige Ware, der die Zollschuld zum Entstehen bringt (hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr 5716/F). Für die Entstehung der Zollschuld nach dem ersten Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG ist das subjektive Bewußtsein der Vorschriftswidrigkeit der Verfügung oder eine grob fahrlässige Unkenntnis der Zollhängigkeit nicht erforderlich, weil sich der letzte Halbsatz dieser Gesetzesstelle nach seiner syntaktischen Stellung nur auf den zweiten Tatbestand (Ansichbringen einer zollhängigen Ware) bezieht (hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/16/0038, m.w.N.).
Es spielt daher im vorliegenden Fall keine Rolle, ob dem Beschwerdeführer anläßlich der Verbringung der Ware bewußt war, ob er Heroin oder Gold schmuggelt; er hat jedenfalls über die Ware verfügt, d.h. sich bezüglich einer einfuhrzollpflichtigen, zollhängigen Ware so verhalten, als ob den zollrechtlichen Vorschriften entsprochen worden wäre (vgl. abermals das Erkenntnis vom , m.w.N.).
Der Beschwerdeführer berief sich im Administrativverfahren und beruft sich auch in der Beschwerde noch darauf, daß er im Strafverfahren freigesprochen worden wäre; er verkennt aber, daß dieser Freispruch nur das Delikt nach dem Suchtgiftgesetz betraf und hinsichtlich des Schmuggels von 4,5 kg Heroin im Mai 1987 von Jugoslawien nach Österreich ein Schuldspruch gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG erfolgte. Er übersieht weiters, daß im vorliegenden Verfahren allein über die Abgabenverbindlichkeit abgesprochen wurde und der Zollschuldtatbestand des § 174 Abs. 3 lit. a ZollG unabhängig von der Bestrafung wegen Schmuggels verwirklicht wurde.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Im Hinblick auf die zitierte Vorjudikatur konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Zusatzinformationen
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Norm | ZollG 1988 §174 Abs3 lita; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1996:1993160113.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAE-51283