VwGH vom 09.09.1993, 93/16/0101

VwGH vom 09.09.1993, 93/16/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der V Aktiengesellschaft in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. Jv 919-33/93, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte vor dem Handelsgericht Wien gegen zwei Beklagte am eine Klage auf Bezahlung von S 29,753.088,20 s.A. erhoben und dafür an Pauschalgebühren S 302.731,-- entrichtet. Mit Schriftsatz vom dehnte die Beschwerdeführerin ihre Klage um S 7.442,07 auf insgesamt S 29,760.530,27 aus. Daraufhin schrieb die Kostenbeamtin des Handelsgerichtes Wien der Beschwerdeführerin mit Zahlungsauftrag vom eine Pauschalgebühr von S 60.515,-- zuzüglich S 50,-- Einhebungsgebühr vor.

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag, worin die Beschwerdeführerin geltend machte, ihr hätte ausgehend vom Ausdehnungsbetrag an ergänzenden Pauschalgebühren nur eine Summe von S 90,-- vorgeschrieben werden dürfen, gab die belangte Behörde mit dem jetzt angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie vertrat dazu unter anderem die Rechtsauffassung, nach einer Klagsausdehnung sei gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu bemessen, was gemäß TP 1 und Artikel III der Novelle BGBl. 694/1991 zur Anwendung der erhöhten Sätze von 1,2 % bzw. S 6.120,-- führe. Von der sich daraus ergebenden Pauschalgebühr von S 363.246,-- sei der bereits entrichtete Betrag von S 302.731,-- in Abzug zu bringen, woraus sich der vorgeschriebene Rest von S 60.515,-- ergebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht darauf verletzt, für die Klagsausdehnung nur S 90,-- Pauschalgebühr entrichten zu müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 18 Abs. 2 Z. 2 GGG bestimmt: "Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen".

Gemäß § 2 Z. 1 lit. b, 1. Fall GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit nichts anderes bestimmt wird, für das zivilgerichtliche Verfahren, wenn das Klagebegehren erweitert wird, mit dem Zeitpunkt der Überreichung des Schriftsatzes begründet.

Mit der Novelle BGBl. 694/1991 wurde in der TP 1 die Pauschalgebühr für zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz bei einem Streitwert von über S 5 Millionen von 1 % des jeweiligen Streitwertes zuzüglich S 5.200,-- erhöht auf 1,2 % vom jeweiligen Streitwert zuzüglich S 6.120,--.

Artikel III der zitierten Novelle lautet: "Dieses Bundesgesetz tritt mit dem in Kraft. Es ist auf alle Schriften und Amtshandlungen anzuwenden, bezüglich deren der Anspruch auf die Gebühr nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begründet wird."

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, in welchem die Klage vor Inkrafttreten der Novelle 1991 eingebracht und das Klagebegehren in der Folge nach dem erweitert wurde, folgendes:

Anders als es die Beschwerdeführerin anstrebt, ist im Falle einer Klagserweiterung die Pauschalgebühr nicht nur "in Ansehung des die Klagsausdehnung betreffenden Betrages" (hier S 7.442,07) zu berechnen, sondern hat eine NEUberechnung der Pauschalgebühr zu erfolgen, wobei vom höheren Streitwert auszugehen ist. Dies ergibt sich nicht nur mit aller Klarheit aus den Materialien zum GGG 1985 (vgl. die EB zur RV, 366 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XVI GP 32, linke Spalte, letzter Absatz), sondern auch aus dem Gesetzestext selbst, in welchem der entsprechende Wille des Gesetzgebers insofern deutlich Ausdruck gefunden hat, als im letzten Halbsatz des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG normiert ist, daß bei der Berechnung der Pauschalgebühr nach Klagserweiterung die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen ist. Diese Bestimmung wäre völlig sinnlos, wenn nach einer Klagsausdehnung ohnehin nur von dem Betrag, um den ausgedehnt wurde, eine (zusätzliche) Pauschalgebühr zu entrichten wäre.

Da des weiteren Artikel III der Novelle 1991 u.a. normiert, daß die Novelle auf alle Schriften anzuwenden ist, bezüglich derer der Gebührenanspruch nach dem begründet wird, löste der Schriftsatz vom , mit dem die Beschwerdeführerin ihre Klage erweiterte (gemäß § 2 Z. 1 lit. b GGG mit seiner Überreichung) eine gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG vorzunehmende Neuberechnung der Pauschalgebühr ausgehend vom höheren Streitwert, also von S 29,760.530,27, aus. Dem Umstand, daß für die schon vor dem Inkrafttreten der Novelle 1991 erhobene Klage (damals allerdings unter Zugrundelegung der Fassung der TP 1 vor der Novelle) bereits Pauschalgebühr entrichtet worden war, konnte in diesem Zusammenhang angesichts der Gestaltung der Übergangsbestimmungen der Novelle i.V.m.

§ 18 Abs. 2 Z. 2 GGG nur insoweit Rechnung getragen werden, als die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen war. Für die von der Beschwerdeführerin gewünschte Auslegung des Artikel III der Novelle (nämlich die Anwendung des neuen Tarifes nur auf den Betrag, um den ausgedehnt wurde) bietet die zitierte Übergangsbestimmung keinerlei Grundlage.

Insoweit die Beschwerdeführerin mit dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG argumentiert, wo gesagt ist, daß nach einer Streitwertänderung gemäß § 7 RATG der "geänderte Streitwert" Bemessungsgrundlage ist, und meint, eine solche, in § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG eingeflossene Regelung zu vermissen, übersieht sie, daß auch die letztzitierte Gesetzesstelle im Wege der Worte "unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes" eine klare Anordnung gleichen Inhaltes enthält.

Da sich sohin der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.