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VwGH vom 06.10.1994, 93/16/0091

VwGH vom 06.10.1994, 93/16/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom , Zl. Jv 649 - 33a/93, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Vor dem Bezirksgericht Wels wurde am folgendes auszugsweise wiedergegebene Protokoll aufgenommen:

"Die Parteien erscheinen bei Gericht zum Vergleichsversuch bewerten gem. § 56 Abs. 2 JN und § 14 GGG den auf Feststellung gerichteten Streitgegenstand mit S 10.000,-- und bringen vor, daß sie mündlich, sohin ohne Einhaltung der vom GmbH-Gesetz geforderten Form, einen GmbH-Anteilsabtretungsvertrag abgeschlossen hätten. Zur Bereinigung von allfälligen Streitigkeiten über die Wirksamkeit dieses Vertrages schließen die Parteien sohin nachstehenden

Vergleich:

ABTRETUNGSVERTRAG

1. Herr A in W,

2. Frau J, Geschäftsfrau, ebendort wohnhaft,

als abtretende Parteien, einerseits, und --

Herr Dr. R, Rechtsanwalt, in K, als übernehmende Partei,

andererseits, --

§ 1 Vertragsgegenstand

Die Ehegatten A und J, im folgenden kurz abtretende

Gesellschafter genannt, sind jeweils mit einer zu

S 62.500,-- eingezahlten Stammeinlage im Betrage von

S 125.000,-- Gesellschafter der zu B n1 des Firmenbuches

des Kreisgerichtes Wels protokollierten

Firma L Gesellschaft m.b.H., deren Stammkapital

S 500.000,-- beträgt.

Diese Geschäftsanteile bildet nun den Gegenstand dieses

Vertrages.

S 2 Vertragsannahmeerklärung

Der abtretende Gesellschafter treten nun den in § 1 des

Vertrages beschriebenen Vertragsgegenstand sohin jeweils

einen Geschäftsanteil, der einer mit S 62.000,--

einbezahlten Stammeinlage von S 125.000,-- entspricht, an

Herrn Dr. R, Rechtsanwalt in K wohnhaft, im folgenden kurz

Erwerber genannt, ab und dieser erklärt sohin die

Vertragsannahme wie folgt:

§ 3 Abtretungspreis

Der Abtretungspreis beträgt für den von Herrn A verkauften Geschäftsanteil S 62.500,-- (Schilling zweiundsechsigtausendfünfhundert) und für den von Frau J verkauften Geschäftsanteil ebenfalls S 62.500,-- (Schilling zweiundsechsigtausendfünfhundert)

Diese Beträge werden bis bezahlt.

§ 4 Übergang von Rechten und Pflichten

Mit gehen die mit dem Vertragsgegenstand verbundenen Rechte und Pflichten auf den Erwerber über.

..."

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer (übernehmende Partei) ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 125.000,-- eine restliche Pauschalgebühr von S 2.850,-- (S 3.120,-- abzüglich S 270,-- geklebte Justizstempelmarken) zuzüglich der Einhebungsgebühr nach § 6 GEG in der Höhe von S 50,-- vor.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer in einem als "Einwendungen" bezeichneten Berichtigungsantrag vor, die Bewertung des Streitgegenstandes für "Feststellungsstreite" sei frei (§ 56 Abs. 2 JN). Nur bei einer übermäßigen, die Zuständigkeit verschiebenden Überbewertung (nicht aber bei einer Unterbewertung) könne das Gericht den Streitwert amtswegig neu festsetzen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Dies im wesentlichen mit der Begründung, gemäß § 14 GGG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 JN habe der Kläger in allen Fällen den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gelte insbesondere in Ansehung von Feststellungsklagen. Daraus ergebe sich, daß in allen anderen Fällen in denen ein bestimmter Geldbetrag den Gegenstand des Streites bilde - auch auf die §§ 54 bis 60 JN werde im § 14 GGG Bezug genommen - dieser zu Bewertungszwecken heranzuziehen sei. Auch für Vergleiche seien diese Vorschriften gültig. Nun hätten die Parteien der gegenständlichen Rechtssache im Vergleichstext bzw. im Protokoll vor der Niederschrift des eigentlichen Textes "den auf Feststellung gerichteten Streitgegenstand" mit S 10.000,-- bewertet. In der Folge werde dann der oben genannte Vergleich protokolliert und vom Gericht beurkundet. Aus dem Wortlaut dieses Vergleiches ergebe sich aber, ganz entgegen dieser Bewertung, daß es sich um einen Abtretungsvertrag handle, der Geschäftsanteile zum Gegenstand habe, die vom Beschwerdeführer um einen bestimmten im Wortlaut des Vergleiches genannten Abtretungspreis (insgesamt S 125.000,--) erworben würden. Auch die Fälligkeit und der Zahlungstermin dieser Beträge, seien ausdrücklich vereinbart. Dieser Betrag stelle im Hinblick auf die Bestimmung des § 14 GGG, die für die Bewertung des Streitgegenstandes im Zivilprozeß und somit auch für den Vergleich in solchen Verfahren Gültigkeit habe, jene Bemessungsgrundlage dar, die vom Kostenbeamten bei der Berechnung der Pauschalgebühr nach dem GGG heranzuziehen sei. Eine Bewertung durch die Parteien sei nur dann möglich bzw. notwendig, wenn kein bestimmter Geldbetrag genannt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich die Höhe der Bemessungsgrundlage. Während die belangte Behörde den im § 3 des Vergleiches angeführten Abtretungspreis als maßgebliche Bemessungsgrundlage ansieht, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß die gemäß § 56 Abs. 2 JN vorgenommene Bewertung des auf Feststellung gerichteten Streitwertes mit S 10.000,-- für die Vorschreibung der Pauschalgebühr heranzuziehen gewesen wäre.

Gemäß TP 1 des einen Bestandteil des GGG bildenden Tarifs bemessen sich die Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz nach dem Wert des Streitgegenstandes. Nach Anm. 1 unterliegen der Pauschalgebühr unter anderem alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtsachen. Nach Anm. 2 ist auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen außerhalb eines Zivilprozesses die Pauschalgebühr nach TP 1 zu entrichten. In diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Erbietet sich der Kläger anstelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, oder stellt er an alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist gemäß § 56 Abs. 1 JN die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat in allen anderen Fällen der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen. Unterläßt der Kläger eine Bewertung in einer Klage, so gilt der Betrag von S 30.000,-- als Streitwert.

Der Beschwerdeführer vertritt nun - der Anleitung von W. Brugger "Abgabensparende Modelle beim GmbH-Anteilserwerb" in ecolex 1991, 721 ff, folgend - die Ansicht, daß der nicht vollstreckbare Vergleich nur auf die Feststellung der Wirksamkeit des zwischen den Vergleichsparteien abgeschlossenen Abtretungsvertrages gerichtet ist, sodaß - wie bei Feststellungsklagen sonst auch - der Kläger den Wert des Streitgegenstandes anzusetzen habe.

Der vor dem Bezirksgericht am abgeschlossene Vergleich ist in der Formulierung, nicht aber dem Inhalt nach, so abgefaßt, daß festgestellt wird, daß ein (zu einem unbekannten Zeitpunkt bereits abgeschlossener, nunmehr ohne ersichtliche Begründung strittiger) Vertrag zwischen den Parteien rechtswirksam und verbindlich sein soll. Die vordergründige Absicht verbirgt sich hinter der Formulierung jedoch nur unzureichend. Aus dem gesamten Inhalt des Vertrages ist nämlich unschwer zu ersehen, daß mit diesem Vergleich nicht bloß eine Feststellung erfolgen sollte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der "prätorische Vergleich" strittige Ansprüche gütig regeln soll. Er dient aber an und für sich nicht dazu, zwischen den Parteien getroffene außergerichtliche Vereinbarungen zu beurkunden und vollstreckbar zu machen (Fasching, Lehrbuch des Österreichischen Zivilprozeßrechts, Rz. 1609).

Aber sogar die Ansicht des Beschwerdeführers, der Vergleich sei bloß auf nicht vollstreckbare Feststellung gerichtet gewesen, kann die Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Zum einen ist unmaßgeblich, ob der im Vergleich geschaffene Titel exekutionsfähig ist oder nicht (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0158), zum anderen übersieht der Beschwerdeführer nämlich, daß zu den nicht in Geldwert ausgedrückten Streitgegenständen zwar vor allem Feststellungsbegehren gehören, ausgenommen aber Klagen auf Feststellung des Bestehens einer ziffernmäßig bestimmten Forderung (Fasching, aaO, Rz. 265). Der Auffassung des Beschwerdeführers folgend ist im "Vergleich" jedenfalls das Bestehen einer ziffernmäßig bestimmten Forderung festgestellt worden. In einem solchen Fall aber ist für die Bemessung des Streitgegenstandes durch die Parteien kein Raum mehr. Die belangte Behörde hat daher mit Recht den im "Vergleich" genannten Abtretungspreis der Geschäftsanteile der abtretenden Parteien als Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr herangezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Zl. 844/79, Slg. Nr. 5537/F, u.a. auch ausgesprochen, "daß bei allen Feststellungsklagen gemäß § 56 Abs. 2 JN, gleichgültig ob der Gegenstand des Feststellungsbegehrens eine Geldforderung ist oder nicht, der Wert des Streitgegenstandes nur der ausdrücklichen Bewertungsangabe des Klägers entnommen werden darf". Dieser Entscheidung lag jedoch ein anderer als im Beschwerdefall maßgeblicher Sachverhalt zugrunde; insbesondere enthielt die Klage keine Angaben über den Wert des Interesses der Feststellung. Im übrigen war im damaligen Verfahren das GJGebG anzuwenden und nunmehr ist das GGG Rechtsgrundlage. Es bedarf daher keines verstärkten Senates im Grunde des § 13 Abs. 1 VwGG, weil das Erkenntnis in diesem Beschwerdefall auf Grund eines formell neuen Gesetzes ergeht (Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 162 letzter Absatz).

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß entgegen der Ansicht W. Bruggers (aaO) die Rechtsgebühr durch die Vorschreibung der Gerichtsgebühr nicht "absorbiert" wird (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0014).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.