VwGH vom 05.07.1999, 98/16/0371
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde 1.) des Mag. V in W, vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, und 2.) des Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Wien vom , Zl. Jv 3751-33a/98, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer am beim LG für ZRS Wien eingelangten Klage begehrte der Erstbeschwerdeführer (damals als Zweitkläger neben seiner später verstorbenen und von ihm allein beerbten Mutter) von drei beklagten Parteien Zahlung diverser Beträge sowie Einwilligung in diverse grundbücherliche Löschungen, wobei der Gesamtstreitwert ursprünglich S 43,638.000,-- betrug.
Für den Erstbeschwerdeführer schritt ursprünglich RA Dr. Theodor Petter als vom LG für ZRS Wien zu 39aNc5/68 bestellter Armenvertreter ein.
Am trat zufolge Nichtbesuches der 1. Tagsatzung durch sämtliche Streitteile Ruhen des Verfahrens ein.
Mit Eingabe vom begehrte der Erstbeschwerdeführer schließlich die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens und stellte den Antrag, ihm dafür die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wozu er bekannt gab, dass der nunmehrige Zweitbeschwerdeführer bereit sei, seine Vertretung zu übernehmen.
Mit Beschluss vom bewilligte das LG für ZRS Wien dem Erstbeschwerdeführer die Verfahrenshilfe im vollen Umfang einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes, worauf der Zweitbeschwerdeführer mit Bescheid der Abt. III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien zum Vertreter des Erstbeschwerdeführers bestellt wurde.
Am langte beim Erstgericht ein Antrag der beklagten Parteien ein, die Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären. Des Weiteren gaben die beklagten Parteien am einen Rekurs gegen die mit Beschluss vom erfolgte Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Post.
Aus Anlass dieses Rekurses wurde der erstgerichtliche Beschluss vom mit Beschluss des OLG Wien vom , 12R151/89, als nichtig aufgehoben und der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zurückgewiesen.
Das Rekursgericht vertrat dazu die Auffassung, dem Erstbeschwerdeführer sei bereits mit Beschluss des Erstgerichtes vom , 39aNc5/68-1 das Armenrecht bewilligt worden. Zwar sei das Institut des Armenrechtes durch das Verfahrenshilfegesetz, BGBl. 1973/569, ersetzt worden, jedoch wirke das dem Erstbeschwerdeführer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bewilligte Armenrecht, ungeachtet des zwischenweiligen Ruhens des Verfahrens weiter. Dem anlässlich des Fortsetzungsantrages gestellten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe stehe daher der Grundsatz "ne bis in idem" entgegen.
Mit Bescheid der Abt. III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom , ZlVz591/88, wurde daraufhin der Zweitbeschwerdeführer als Vertreter des Erstbeschwerdeführers (im Rahmen der Verfahrenshilfe) einerseits enthoben, andererseits aber mit Bescheid derselben Behörde vom gleichen Tag, Zl. Vz 901/68, wieder zum unentgeltlichen Vertreter des Erstbeschwerdeführers (im Rahmen des Armenrechtes) auf Grund des Beschlusses des LG für ZRS Wien vom "39aCg5/68" (richtig: 39aNc5/68) bestellt.
Mit Schriftsatz vom nahm der Erstbeschwerdeführer eine Ausdehnung des Klagebegehrens auf S 108.138.000,-- vor.
Die beklagten Parteien rügten ihrerseits in einem vorbereitenden Schriftsatz vom , dass über ihren Antrag, die Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären, bislang noch nicht entschieden worden sei.
Daraufhin wies das Erstgericht mit Beschluss vom den Antrag der beklagten Parteien, die Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären, ab.
Dem dagegen von den beklagten Parteien erhobenen Rekurs gab das OLG Wien mit Beschluss vom 12R4/91 (ON 88 des Gerichtsaktes) Folge, wobei abändernd ausgesprochen wurde, dass dem Erstbeschwerdeführer (als Kläger) das mit Beschluss des Erstgerichtes vom , 39aNc5/68-1 bewilligte "Armenrecht (nunmehr: Verfahrenshilfe)" für erloschen erklärt wurde. Das Rekursgericht erachtete den Antrag der Rekurswerber eindeutig als einen solchen "die Verfahrenshilfe (das Armenrecht) für erloschen zu erklären (§ 68 ZPO)." In der Sache selbst gelangte das Rekursgericht zur Auffassung, dass der Rechtsverfolgung durch den Erstbeschwerdeführer keinerlei Erfolgsaussichten mehr zukamen.
Dieser Beschluss wurde den Beschwerdeführern am zugestellt.
Ein dagegen erhobener Revisionsrekurs wurde vom Erstgericht unter Hinweis auf § 528 Abs. 2 Z. 4 ZPO mit Beschluss vom als unzulässig zurückgewiesen. Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das OLG Wien mit Beschluss vom , 12R85/91, keine Folge, wobei es einen Revisionsrekurs für nicht zulässig erachtete.
Der dagegen dennoch erhobene Revisionsrekurs wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom zurückgewiesen; der dagegen erhobene Rekurs wurde vom OLG Wien mit Beschluss vom , 12R221/91, als verspätet zurückgewiesen.
Auch ein weiterer Verfahrenshilfeantrag blieb ohne Erfolg.
In weiterer Folge schritt der Zweitbeschwerdeführer für den Erstbeschwerdeführer mit dem Zusatz "auch Vollm. ert." ein.
Daraufhin schrieb der Kostenbeamte des LG für ZRS Wien für das Verfahren nach dem rechtskräftigen Erlöschen der Verfahrenshilfe einerseits mit Zahlungsauftrag Vz. 4/98 beiden Beschwerdeführern diverse Eingaben- und Protokollgebühren und andererseits mit Zahlungsauftrag Zl. Vz 5/98 dem Erstbeschwerdeführer allein diverse Gerichtsgebühren vor.
Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde keine Folge, wobei sie die Rechtsmeinung vertrat, seit dem mit ex-nunc-Wirkung erfolgten Erlöschen der Verfahrenshilfe sei die Vorschreibung der Gerichtsgebühren zu Recht erfolgt. Die Gebührenpflicht richte sich gemäß Art. VI Z. 8 GGG im vorliegenden Fall nach den Bestimmungen des GJGebGes 1962.
Der Zweitbeschwerdeführer als Bevollmächtigter des Erstbeschwerdeführers hafte gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GJGebGes für die Gebühren betreffend die von ihm verfassten und eingebrachten Schriftsätze sowie die von ihm veranlassten Protokollabschriften.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Erstbeschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gebührenfreiheit zufolge des Armenrechtes verletzt, der Zweitbeschwerdeführer in seinem Recht darauf, dass er als Armenvertreter bzw. Verfahrenshelfer weder für die Zeit der Bestellung noch für die Zeit nach dem Erlöschen für Gebühren seines Mandanten haftet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Die Beschwerdeführer replizierten auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. VI Z. 8 Satz 2 GGG sind auf Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (das war der ) anhängig waren, die bisherigen Vorschriften anzuwenden, somit im vorliegenden Fall das GJGebGes 1962.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 des letztzitierten Gesetzes haften ua die Bevollmächtigen für die Gebühren als Bürgen und Zahler (§ 1357 ABGB) mit den nach § 6 zahlungspflichtigen Personen, und zwar für die von ihnen verfassten oder überreichten gebührenpflichtigen Schriften und ferner für die Gebühren der von ihnen veranlassten Abschriften (Duplikate) oder Amtsbestätigungen (Zeugnisse).
§ 68 Abs. 1 ZPO idF vor dem Verfahrenshilfegesetz, BGBl. 1973/569 (im Folgenden kurz: ZPO alt) lautete:
"(1) Das Armenrecht erlischt mit dem Tode der armen Partei. Das Gericht erster Instanz hat ferner von Amts wegen oder auf Antrag durch Beschluss das Erlöschen des Armenrechtes auszusprechen, sobald Änderungen in den Vermögensverhältnissen der Partei dies erfordern oder sobald die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint."
Gemäß § 72 Abs. 2 leg. cit. waren Beschlüsse, womit einer Partei das Armenrecht bewilligt wurde, sowie die Entscheidung, dass für die arme Partei ein Rechtsanwalt zu bestellen ist, unanfechtbar.
Daraus leitet die Beschwerde ihr Hauptargument ab, wonach der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des LG für ZRS Wien vom (das war die Abweisung des Antrages der beklagten Parteiein, die Verfahrenshilfe des Erstbeschwerdeführers für erloschen zu erklären) unzulässig gewesen sei, weil es sich in Wahrheit um einen Beschluss auf Ablehnung des Antrages gehandelt habe, das Erlöschen des Armenrechtes auszusprechen. Ein solcher Beschluss sei in Anwendung des § 72 Abs. 2 ZPO alt unanfechtbar gewesen. Daher sei das Armenrecht in Wahrheit weiter wirksam gewesen.
Dem kann aus folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden:
Nach ständiger hg. Judikatur sind die das Gerichtsgebührenrecht vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (vgl. dazu zB die bei Tschugguel/Pötscher, MGA Gerichtsgebühren5, unter EA 5 zu § 1 GGG, EA3 und 4 zu § 9 GGG referierte Judikatur, sowie a.a.O. Anm. 1 zu § 9 GGG). Auch die belangte Behörde hatte daher davon auszugehen, dass das OLG Wien (das schon in seiner Rekursentscheidung vom zum Ausdruck gebracht hatte, dass im vorliegenden Fall das dem Erstbeschwerdeführer im Jahr 1968 bewilligte Armenrecht weiterhin wirksam war) mit Beschluss vom das Armenrecht des Erstbeschwerdeführers für erloschen erklärte. Der Umstand, dass das Rekursgericht in diesem Zusammenhang dem Begriff "Armenrecht" den Zusatz "nunmehr Verfahrenshilfe" beifügte, vermag daran nichts zu ändern, dass nach der zitierten Entscheidung jenes Armenrecht, das dem Erstbeschwerdeführer 1968 bewilligt worden war, und das auch Basis für die mit Bescheid der Abt. III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom vorgenommenen Bestellung des Zweitbeschwerdeführers zum Vertreter des Erstbeschwerdeführers war, mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung mit Wirkung ex nunc für erloschen erklärt wurde (vgl. dazu Fasching, Kommentar II Anm. 2 zu § 68 ZPO alt).
Davon ausgehend erweist sich aber die Vorschreibung von Gerichtsgebühren sowohl gegenüber dem Erstbeschwerdeführer als auch gegen den Zweitbeschwerdeführer als Haftenden für die Zeit nach dem rechtskräftigen Erlöschen des Armenrechtes als gerechtfertigt, weil ab dem Tag der Rechtskraft des Erlöschens des Armenrechtes Gerichtsgebühren vorzuschreiben sind (vgl. Tschugguel/Pötscher, a. a.O. Anm. 4 zu § 9 GGG, was auch für den Bereich der Anwendung des Armenrechtes zu gelten hat). Ob die Rekursentscheidung des OLG Wien vom inhaltlich zu Recht ergangen ist, durfte von der belangten Behörde im Administrativ-Verfahren nicht geprüft werden (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, a.a.O. 41 unter EB 1 zu § 9 GJGebGes referierte hg. Judikatur).
Somit erweist sich der angefochtene Bescheid in jeder Richtung als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, wobei auch betreffend den Zweitbeschwerdeführer davon auszugehen ist, dass er gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GJGebGes in dem dort geregelten Umfang für die Gebühren des gemäß § 6 leg. cit. zahlungspflichtigen Erstbeschwerdeführer als Bürge und Zahler haftet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994).
Wien, am