zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 21.12.1994, 90/13/0236

VwGH vom 21.12.1994, 90/13/0236

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der C-GmbH Nachfolge KG in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2-2058/90-03, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG ist Nachfolgerin der C-GmbH, die eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft war. An der C-GmbH war als Mehrheitsgesellschafter A beteiligt. Im Zuge abgabenbehördlicher Ermittlungen wurde festgestellt, daß drei Klienten, die jahrelang als Klienten des A bezeichnet worden waren und die das Entgelt für Beratung und Betreuung an A bezahlt hatten, in Wahrheit Klienten der C-GmbH gewesen seien. Das Entgelt im Ausmaß von insgesamt S 948.294,-- sei daher zu Unrecht nicht an die C-GmbH, sondern direkt an deren Gesellschafter A geflossen. Die Abgabenbehörde erblickte in diesem Sachverhalt eine verdeckte Gewinnausschüttung der C-GmbH an ihren Gesellschafter A.

Mit der Frage, ob diese Beurteilung zutreffend war, wurde schließlich auch der Verwaltungsgerichtshof befaßt, der in drei Erkenntnissen vom , 89/13/0082, 90/13/0235 und 90/13/0155, ausgesprochen hat, daß die damalige belangte Behörde zu Recht von einer verdeckten Gewinnausschüttung der C-GmbH an A ausgegangen sei.

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das vor Ergehen der drei zitierten Erkenntnisse eingeleitet wurde, besteht Streit darüber, ob die Beschwerdeführerin zu Recht zur Haftung für Kapitalertragsteuer herangezogen wurde, die auf die für das Jahr 1979 festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung entfiel. Weiters ist strittig, ob die im Haftungsweg geltend gemachte Kapitalertragsteuer mit 20 % oder mit 25 % der verdeckten Gewinnausschüttung anzusetzen war.

In der Beschwerde gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was das Vorliegen der verdeckten Gewinnausschüttung anlangt, so ist auf die oben zitierten drei Erkenntnisse vom zu verweisen, mit denen der Gerichtshof die diesbezüglichen Feststellungen der Abgabenbehörden bestätigt hat. In der vorliegenden Beschwerde wird nichts vorgebracht, was den Gerichtshof zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung für das Streitjahr 1979 veranlassen könnte.

Die Beschwerdeführerin rügt, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 95 EStG gestützt habe, ohne dieses Gesetz mit Zusatz einer Jahreszahl genauer zu bezeichnen. Da zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits das Einkommensteuergesetz 1988 gegolten habe, müsse die bloße Formulierung "EStG" als Bezugnahme auf das Einkommensteuergesetz 1988 verstanden werden, das aber für das Jahr 1979 noch nicht anzuwenden gewesen sei. In der daraus "resultierenden Widersprüchlichkeit" erblickt die Beschwerdeführerin einen Begründungsmangel und eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, "weil schon die bloße Möglichkeit der Anwendung eines nichtanzuwendenden

Gesetzes die Bescheidaufhebung ... verlangt".

Mit dieser Rüge wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan.

Richtig ist, daß zwar § 93 BAO, der allgemein die inhaltlichen Erfordernisse von Bescheiden regelt, ebensowenig eine Verpflichtung zur Zitierung jener gesetzlichen Grundlagen vorsieht, auf denen der Bescheid beruht, wie § 198 BAO, daß aber § 224 leg. cit. als besondere Norm ausdrücklich bestimmt, daß der Haftungspflichtige "auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet" hinzuweisen ist. Der Gerichtshof kann aber nicht finden, daß das bloße Fehlen der einem Gesetz beigefügten Jahreszahl einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung darstellt, wenn kein Zweifel daran bestehen kann, welches Gesetz gemeint ist. Der angefochtene Bescheid betrifft das Jahr 1979 und fällt daher eindeutig in den Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1972. Der Zeitpunkt seiner Erlassung ist für die anzuwendende Rechtsnorm ohne Bedeutung, wie den Inkrafttretensbestimmungen sämtlicher Einkommensteuergesetze eindeutig zu entnehmen ist. In diesen werden nämlich regelmäßig die Zeiträume bezeichnet, ab denen das jeweilige Einkommensteuergesetz anzuwenden ist (vgl. z.B. § 107 EStG 1967, § 124 EStG 1972 und § 125 EStG 1988). Da die im § 224 BAO normierte Verpflichtung zum Hinweis auf die die Haftungspflicht begründende gesetzliche Vorschrift erkennbar den Zweck verfolgt, den Haftungspflichtigen von der entsprechenden Gesetzeslage in Kenntnis zu setzen, liegt kein Verstoß gegen die genannte Bestimmung vor, wenn diesem Zweck ausreichend Rechnung getragen wird; davon ist im Beschwerdefall auszugehen. Aber selbst für den Fall, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit vorliegen sollte, würde es sich dabei um eine Verletzung von Verfahrensvorschriften handeln, die vom Gerichtshof nur aufzugreifen wäre, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung der Vorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dies ist zweifelsfrei zu verneinen, weil die Beschwerdeführerin nicht vorbringt, daß sie tatsächlich in Unkenntnis der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen geblieben und deswegen an der Verfolgung ihrer Rechte gehindert gewesen sei.

Schließlich wird in der Beschwerde geltend gemacht, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin die Kapitalertragsteuer zugunsten des A übernommen habe, sodaß gemäß § 95 Abs. 1 dritter Satz EStG 1972 statt eines Steuersatzes von 20 % ein solcher von 25 % anzuwenden gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin gibt zu, daß sie von der belangten Behörde ausdrücklich (mit Schreiben vom ) aufgefordert worden ist mitzuteilen, ob die Kapitalertragsteuer von A getragen werde oder nicht, und daß sie diese Anfrage nie beantwortet hat. Damit ist aber auch dieses Beschwerdevorbringen unbegründet. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die "den Steuerbehörden vorgelegten Bilanzen", denen zu entnehmen gewesen sei, daß A mit der Kapitalertragsteuer belastet wurde, ist nicht geeignet, die Beantwortung der Anfrage der belangten Behörde als unnötig abzutun. Eine in der Bilanz einer Gesellschaft ausgewiesene Forderung an ihren Gesellschafter bedeutet nämlich noch nicht zwingend, daß diese Forderung auch tatsächlich ernsthaft dem Gesellschafter gegenüber geltend gemacht wird. Hegt die Abgabenbehörde begründete Zweifel an dieser Ernsthaftigkeit - dies kann im Beschwerdefall unter Beachtung der in den zitierten Vorerkenntnissen insgesamt dargelegten Begleitumstände nicht ausgeschlossen werden -, so ist sie berechtigt und verpflichtet, eine Klärung des maßgebenden Sachverhaltes herbeizuführen. Das hat die belangte Behörde getan. Da ihre Anfrage unbeantwortet geblieben ist, konnte sie in freier Beweiswürdigung unbedenklich davon ausgehen, daß letztlich die Beschwerdeführerin die Kapitalertragsteuer für ihren Mehrheitsgesellschafter A getragen hat.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.