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VwGH vom 29.01.1996, 93/16/0058

VwGH vom 29.01.1996, 93/16/0058

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

93/16/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerden

1. des MG und 2. des HG, beide in S, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , beide Zl. 60.957-6/92, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Adoptionsvertrag vom nahm H.G. seine beiden großjährigen Neffen, die Beschwerdeführer, als Wahlkinder an und stimmten die Beschwerdeführer dieser Kindesannahme ausdrücklich zu. Das Bezirksgericht Silz bewilligte die Adoption mit Beschluß vom , Nc n1. Eine Zustellung des Adoptionsbewilligungsbeschlusses an den Annehmenden konnte zunächst nicht erfolgen, weil H.G. am verstarb. Dem bestellten Verlassenschaftskurator wurde der Bewilligungsbeschluß am zugestellt; vom stammt die Rechtskraftbestätigung.

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im folgenden: Finanzamt) gegenüber beiden Beschwerdeführern die Rechtsgebühr für den Adoptionsvertrag vom gemäß § 33 TP 1 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 fest. Bemessungsgrundlage bildete hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers der Wert des Vermögens des Annehmenden abzüglich Schulden laut Vermögenssteuerbescheid vom ; hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers gemäß § 33 TP 1 Abs. 3 GebG ein Drittel davon.

In ihren dagegen erstatteten Berufungen machten die Beschwerdeführer geltend, daß die Gebührenschuld gemäß § 16 Abs. 7 GebG erst im Zeitpunkt der Rechtskraft der Bewilligung entstanden wäre; zu diesem Zeitpunkt sei der Annehmende bereits verstorben gewesen und über seinen Nachlaß seien bereits letztwillige Verfügungen erfolgt. Eine Bemessungsgrundlage sei somit nicht zu ermitteln gewesen. In seinen abweisenden Berufungsvorentscheidungen führte das Finanzamt aus, daß die Gebührenschuld wohl erst mit Eintritt der Rechtskraft nach Zustellung der Bewilligung der Adoption am entstanden sei; zu diesem Zeitpunkt sei der Nachlaß jedoch noch nicht eingeantwortet gewesen, sodaß als Bemessungsgrundlage der Wert der Verlassenschaft herangezogen werden konnte. Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Beschwerdeführer beantragten, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Sie verwies in der Begründung auf die Bestimmung des § 179a ABGB, wonach die Adoption mit der vertraglichen Willenseinigung, also noch vor dem Tod des Adoptierenden, wirksam geworden sei, weshalb die Adoptierten im Erbschaftsteuerverfahren in die Steuerklasse I eingestuft worden seien, die Gebührenschuld aber erst nach dem Tode entstanden sei. Die Bestimmung des § 16 Abs. 7 GebG bezwecke nur, die Entstehung der Gebührenschuld hinauszuschieben, nicht aber eine Gebührenbefreiung festzulegen, obwohl die Voraussetzungen für die Entstehung der Gebührenschuld erfüllt seien. Das zum Zeitpunkt des zivilrechtlichen Wirksamwerdens des Adoptionsvertrages vorhandene Vermögen des Adoptierenden sei daher als Bemessungsgrundlage für die Gebührenerhebung heranzuziehen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen sich die Beschwerdeführer - durch den Verweis auf den Berufungsschriftsatz erkennbar - in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Gebühr verletzt erachten. Sie begehren die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Gegenschriften der belangten Behörde und zur Beschwerde Zl. 93/16/0058, auch die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Gemäß § 33 TP 1 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 (im folgenden: GebG) beträgt die Gebühr für Annahmeverträge, das sind Verträge über Annahme an Kindes Statt, wenn der Wert des Vermögens des Annahmenden S 300.000,-- übersteigt, 1 v.H. vom Wert des Vermögens. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ermäßigt sich die Gebühr nach Abs. 1 Z. 2 auf je ein Drittel v.H. des Wertes des Vermögens bei Annahme einer zweiten und jeder weiteren Personen an Kindes Statt.

Das der Vergebührung unterliegende Rechtsgeschäft kommt gemäß § 179a ABGB durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles zustande; die Annahme wird im Falle ihrer Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam und es hindert die Bewilligung nicht, wenn der Annehmende nach diesem Zeitpunkt stirbt.

Unstrittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß der Adoptionsvertrag zivilrechtlich gültig zustande gekommen ist. Die Beschwerdeführer meinen aber, daß die Gebührenschuld erst nach dem Tod des Annehmenden entstanden sei, weshalb das Rechtsgeschäft als "unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz" fallend von der Gebührenpflicht ausgenommen sei.

Gemäß § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte im allgemeinen nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind Rechtsgeschäfte von der Gebührenpflicht ausgenommen, wenn sie unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz, Versicherungssteuergesetz oder Beförderungssteuergesetz fallen. Allerdings ist hier nicht erkennbar, welcher der Tatbestände der §§ 2 bis 4 ErbStG durch den Adoptionsvertrag erfüllt worden sein soll, zumal in diesem Vertrag keinerlei Vermögensverfügungen getroffen werden.

(Grund-) Voraussetzung für die Gebührenpflicht des Rechtsgeschäftes ist, daß es (zivilrechtlich) gültig zustande gekommen ist (siehe die Nachweise bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren5, 172; ebenso Arnold, Rechtsgebühren4, RZ 2 und 7 zu § 15 GebG). Das hier zu beurteilende Rechtsgeschäft wurde unter Lebenden abgeschlossen. Daß der spätere Tod des Annehmenden dem Wirksamwerden keinen Abbruch tat, ergibt sich aus § 179a Abs. 1 letzter Satz ABGB.

§ 16 GebG regelt den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld (= Abgabenanspruch; siehe Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band I, zweiter Teil, Stempel- und Rechtsgebühren, Ergänzung B, 2/1 B, Jänner 1995) und nicht die Frage, ob überhaupt eine Gebührenschuld besteht (Arnold aaO RZ 3d zu § 16 GebG).

Gemäß § 16 Abs. 7 GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn das Rechtsgeschäft der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten bedarf, für das beurkundete Rechtsgeschäft erst im Zeitpunkt der Genehmigung oder Bestätigung. Wohl gehört zu dieser Gruppe von Genehmigungen, ohne die der Vertrag nicht zustande kommt bzw. als zustandegekommen gilt, auch die Bestätigung des Adoptionsvertrages (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Ergänzung G, 9 G, März 1986). Diese Bestätigung wurde aber rechtskräftig erteilt, womit der Adoptionsvertrag zivilrechtlich gemäß § 179a Abs. 1 2. Satz ABGB rückwirkend zum Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam wurde und kraft der Sondervorschrift des § 16 Abs. 7 GebG mit dem Zeitpunkt der gerichtlichen Genehmigung (konkret deren Zustellung; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. 531/F) die Gebührenschuld entstanden ist. Bemessungsgrundlage war (und ist) das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen des Annehmenden (bzw. seiner Verlassenschaft). Im übrigen haben die Beschwerdeführer Wertänderungen im Vermögen des Annehmenden (bzw. der Verlassenschaft) zwischen dem und dem nicht behauptet und auch nicht dargetan, daß zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld das Nachlaßvermögen bereits einem anderen Rechtssubjekt einverleibt gewesen wäre.

Die Beschwerden erwiesen sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.