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VwGH vom 21.02.1996, 93/16/0052

VwGH vom 21.02.1996, 93/16/0052

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

93/16/0053

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

93/16/0054 E

93/16/0055 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerden 1. des Hermann S und 2. der Gertraude S, beide in N, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom , Zlen. GA 11-1617/91 und GA 11-1617/1/91, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, die Zweitbeschwerdeführerin in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, deren Beschwerden wegen ihres engen sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden, erwarben mit Kaufvertrag vom - somit nach Inkrafttreten des Grunderwerbsteuergesetzes 1987, BGBl. Nr. 309 (im folgenden: GrEStG) - die Hälfte der Liegenschaft EZ 9738, Grundstück Nr. 3599/22, Grundbuch N, von der "A" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden: Verkäuferin). Die andere Hälfte war bereits vorher, nämlich am von der Verkäuferin an H. und A.P. verkauft worden. Jener Kaufvertrag beschreibt den Bestand wie folgt:

"Die verkaufende Partei ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 826 des Grundbuches N, Gerichtsbezirk N, bestehend aus Grundstück 960 Baufläche, 3599/4, 3599/9, 3599/10 bis 3599/12 und 3583/67 alle Wiese. Diese Liegenschaft wurde durch den Teilungsplan von Dipl. Ing. E.K., GZ. ... vom geteilt und weist u.a. die neu geschaffene Bauparzelle Grundstück Nr. 3599/22 aus."

Jene Erwerber P. waren noch in den Genuß der Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 gelangt, weil sie durch den am mit den Beschwerdeführern abgeschlossenen Vertrag Wohnungseigentum begründeten.

Aufgrund der Anzeige der Beschwerdeführer setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (im folgenden: Finanzamt) mit Bescheiden vom die Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5 % vom Grundkaufpreis gegenüber den Beschwerdeführern fest.

Schon zuvor, nämlich am hatte der später von den Beschwerdeführern mit der Bauausführung beauftragte Werkunternehmer um Baubewilligung angesucht gehabt; die Bewilligung wurde mit Bescheid vom erteilt. Am Tag nach dem hier gegenständlichen Kaufvertragsabschluß verständigte die Verkäuferin die Baubehörde davon, daß die Beschwerdeführer in das Bauvorhaben "eingetreten" seien; zum Zwecke der Vorlage beim Amt der Nö Landesregierung wurde ersucht, den Baubewilligungsbescheid auf die Beschwerdeführer "umzuschreiben". Tatsächlich wurde den Beschwerdeführern - nach Durchführung einer Bauverhandlung - mit Bescheid vom die Baubewilligung erteilt. Am schlossen die Beschwerdeführer mit der früheren Antragstellerin im Bauverfahren den Werkvertrag zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf der nördlichen Grundstückshälfte der Parzelle 3599/22 ab. Der Werkvertrag enthält zwar keine Bezugnahme auf den Kaufvertrag vom , allerdings den Hinweis, daß der Bauherr das bereits bauverhandelte Objekt laut Inhalt der Niederschrift der Bauverhandlung sowie des Baubescheides vollinhaltlich zur Kenntnis nehme. Der Werkunternehmer richtete in der Folge seine Teilrechnungen und die Schlußrechnung an die Beschwerdeführer; vom stammt die Benützungsbewilligung, die als Bauende den ausweist.

In der Folge nahm das Finanzamt das Verfahren amtswegig wieder auf, hob die genannten Bescheide auf und setzte mit Bescheiden vom die Grunderwerbsteuer, ausgehend vom Kaufpreis für Grund und vom Werklohn für den Hausbau neu fest. Die Erhebungen hätten ergeben, daß der Vertragswille auf den Erwerb der Liegenschaft samt Haus gerichtet gewesen sei, den Beschwerdeführern also die Bauherreneigenschaft fehle.

In ihren Berufungen brachten die Beschwerdeführer vor, Kaufvertrag, Einreichplan, Bauverhandlung, Baubewilligungsbescheid, Verhandlung anläßlich der Endbeschau und Benützungsbewilligungsbescheid lauteten auf ihren Namen. Sie hätten den Werkauftrag erteilt und die Rechnungen seien an sie ergangen. Aus diesen Unterlagen ließe sich eindeutig ihre Bauherreneigenschaft erkennen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Regel komme dem Erwerber eines Miteigentumsanteiles zur Begründung von Wohnungseigentum Bauherreneigenschaft nicht zu; eine solche wäre nur dann gegeben, wenn sich sämtliche Miteigentümer vor Baubeginn zu einem gemeinsamen Baubeschluß zusammenfänden. Da der zweite Hälfteeigentümer der verfahrensgegenständlichen Parzelle seinerseits den Werkvertrag bereits 1987 geschlossen habe, könne nicht davon gesprochen werden, daß sich die zukünftigen Wohnungseigentümer zu einem gemeinsamen Baubeschluß zusammengefunden hätten. Auch nach dem Inhalt des Werkvertrages könne nicht von einer Bauherreneigenschaft ausgegangen werden, da ausdrücklich die Baupläne und Baubeschreibungen des Werkunternehmers zum Vertragsinhalt erhoben wurden und ein Fixpreis vereinbart wurde. Eine solche Vertragsgestaltung spreche dafür, daß keine Einflußnahme auf die Gesamtkonstruktion des Hauses möglich gewesen wäre, was auch im Hinblick auf die Tatsache, daß es sich um ein Doppelhaus in gekuppelter Bauweise gehandelt habe, auszuschließen sei. In der Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird im Berufungsbescheid ein vom Werkunternehmer aufgelegter Prospekt beschrieben, mit dem die "Einfamilienhausanlage Saubersdorferstraße, Wr. Neustadt" vorgestellt wird. In dem Prospekt heißt es: "Die Firma H. bietet für Grundkäufer in der Saubersdorferstraße in Wr. Neustadt Doppelwohnhäuser an ... die Anlage umfaßt zwei

Haustypen ... die Wohnnutzfläche beträgt je nach Haustyp ...".

Der Prospekt zeigt sodann die Pläne der beiden Haustypen A und B und die Verbauung des Gesamtgrundstückes in Form von Doppelhäusern (zwei Wohneinheiten) je Bauparzelle in gekuppelter Bauweise."

Mit den vorliegenden Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Vorschreibung einer Grunderwerbsteuer "in gesetzmäßiger Höhe" verletzt, bei richtiger Anwendung wäre eine Grunderwerbsteuer nicht vorzuschreiben gewesen. Weiters erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht darauf verletzt, daß ihr Vorbringen in der Vorbehaltsbeantwortung vom berücksichtigt werde.

Die belangte Behörde legte zur Beschwerde 93/16/0052 die Verwaltungsakten vor und erstattete zu beiden Beschwerden Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall lag zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses hinsichtlich des zu errichtenden Gebäudes nicht nur eine detaillierte Planung, sondern auch schon eine - im Gegensatz zu den Beschwerdebehauptungen durchaus noch gültige (siehe § 103 Abs. 1 Nö Bauordnung 1976, LGBl. 8200-1) - Baubewilligung vor; die Verkäuferin wollte in der Folge zum Zwecke der Wohnbauförderung für die Beschwerdeführer die "Umschreibung" dieser Bewilligung auf den Namen der Beschwerdeführer. Gerade diese Eingabe an die Baubehörde, die vom Tag nach dem Kaufvertragsabschluß stammt, sowie die vorliegenden Prospekte, die auch umfangreich über die Möglichkeiten der Wohnbauförderung informieren, lassen keinen Zweifel daran offen, daß die Beschwerdeführer von vornherein ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück erwerben wollten. Die im angefochtenen Bescheid zitierte Vorkorrespondenz der Veräußerin mit Unternehmungen, die mit der Verwertung der Parzellen befaßt waren, läßt im Zusammenhang mit dem schon genannten Schreiben an die Baubehörde vom auch den Willen der Verkäuferin erkennen, daß die Käufer ein letztlich bebautes Grundstück erwerben sollen.

Überhaupt entspricht der hier vorliegende Sachverhalt weitestgehend demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0072, zu beurteilen hatte. Auch hier hat sich eindeutig ergeben, daß der gemeinsame Wille der Veräußerin und der Erwerber darauf gerichtet war, daß den Erwerbern das Grundstück schließlich bebaut zukommt. Auch hier wird in rechtlicher Hinsicht verkannt, daß nicht die Bereicherung des Veräußerers, sondern der Erwerb des Käufers besteuert wird.

Vom zuletzt genannten Fall unterscheidet sich der gegeständliche nur darin, daß die Beschwerdeführer bloß Miteigentümer eines Zweifamilienhauses sind und erst im Jahr 1989 einen Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen haben. Die anderen Miteigentümer haben den Werkvertrag aber schon am abgeschlossen; beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden werden soll, ist der Auftrag zur Errichtung eines Doppelhauses nicht anders als der zur Errichtung eines Wohnhauses, einer Reihenhausanlage oder von Zweifamilienhäusern zu erteilende von der Eigentümergemeinschaft zu erteilen, wofür die Fassung eines gemeinsam darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist. Selbst inhaltsgleiche Erklärungen der Miteigentümer vermögen den gemeinsamen Beschluß nicht zu ersetzen (ständige Rechtsprechung; siehe beispielsweise das Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0211, 0212).

In der Verfahrensrüge machen die Beschwerdeführer geltend, es sei ihren Beweisanträgen in der Vorbehaltsbeantwortung vom nicht entsprochen worden. Sie legen allerdings nicht dar, welche weiteren Tatsachenfeststellungen aus den von ihnen mit der Vorbehaltsbeantwortung vorgelegten Urkunden hätten getroffen werden sollen. Neu und damit gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht beachtlich ist die Sachbehautpung der Beschwerdeführer, der Werkunternehmer hätte sein Bauansuchen (nach Rechtskraft der darüber ergangenen bescheidmäßigen Bewilligung) "zurückgezogen"; die Baubewilligung wude keineswegs, wie nunmehr dargetan wird, "gegenstandslos", sondern erfolgte der Antrag an die Baubehörde vom , der wegen der dinglichen Bescheidwirkung (§ 119 BauO für Niederösterreich) gar nicht erforderlich gewesen wäre, nur für die Erlangung der Wohnbauförderung.

Da somit aufgrund des einheitlichen Willens der Vertragspartner, daß den Erwerbern ein bebautes Grundstück zukommen solle, die Bauherreneigenschaft der Beschwerdeführer auszuschließen ist, hat die belangte Behörde zu Recht auch den Werklohn in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer miteinbezogen. Die dagegen erhobenen Beschwerden erwiesen sich als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren; die Entscheidung konnte aufgrund der durch die zitierte Vorjudikatur geklärten Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.