VwGH vom 21.02.1996, 93/16/0021
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in E, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , GZ. R-G 1/1/4-GA 7-M/92, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am wurden 3168 Becher "Hüttenkäse" nach Tarifposition 0404 B (901 A 9) zum freien Verkehr durch Verzollung abgefertigt. Mit vorläufigem Bescheid vom wurden gegenüber der Beschwerdeführerin Eingangsabgaben in Höhe von zusammen S 10.753,-- festgesetzt.
Eine Untersuchung durch die Technische Untersuchungsanstalt in Wien ergab folgendes - der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgehaltene - Analysenergebnis:
Weiße körnig-breiige Masse mit topfenähnlichem, leicht säuerlichem Geschmack: Frischkäse, aus Kuhmilch hergestellt. Originalpackung mit Ankündigung als "X-Hüttenkäse".
In dem den vorläufigen Bescheid für endgültig erklärenden Bescheid vom wurde auf dieses Untersuchungsergebnis hingewiesen. Die Ware werde in versiegelten Kunststoffbechern in den Verkehr gebracht. Waren dieser Art könnten nicht als "feiner Tafel- oder Schachtelkäse" der Z.T.Nr. 04.04 A angesehen werden.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde beantragt, die Abgabenfestsetzung für Hüttenkäse nach der Zolltarifnummer 04.04 A durchzuführen. Als Käse nach dieser Zolltarifnummer seien alle nach ihrer Beschaffenheit feinen Käsesorten einschließlich Hartkäse sowie Schachtelkäse anzusehen. Als Schachtelkäse würden Käsearten definiert, die meist zu mehreren Portionen in Karton-, Holzspan- oder Kunststoffschachteln verpackt, in der Regel mit dieser Verpackung in die Hand des Verbrauchers übergehen. Dagegen würden unter der Zolltarifnummer 04.04 B Käsesorten wie z.B. Quargel, Brimsen, Ziegen- oder Molkekäse, getrocknet, gesalzen oder geräuchert sowie geronnene Milch oder geronnener Rahm, aus denen die Molke größtenteils ausgeschieden ist, angeführt. Der Hüttenkäse sei ein Frischkäse, bestehend aus nach besonderer Technologie in Wannen hergestellten Körnern, die mit leicht gesalzenem Rahm vermischt werden. Der Geschmack sei leicht säuerlich und leicht salzig. Der unter der Z.T.Nr. 04.04 B genannte Quark sei hingegen eine breiige Masse, die durch Separierung von gesäuerter Milch gewonnen wird. Der Geschmack sei neutral. Laut Lebensmittelbuch dürfe Quark nur einen Wassergehalt von 78 % bzw. als Reibtopfen einen solchen von 65 % haben. Der Wassergehalt von Hüttenkäse mache demgegenüber 83,1 % aus. Die Z.T.Nr. 04.04 B sei nur anwendbar, wenn das Produkt aus geronnenem Rahm und geronnener Milch hergestellt werde. Hüttenkäse werde lediglich aus geronnener Milch, nicht jedoch aus geronnenem Rahm hergestellt. Abgesehen davon, daß Hüttenkäse ein feiner Käse sei, sei er auch ein Schachtelkäse. Schachtelkäse sei meist zu mehreren Portionen in Karton-, Holzspan- oder Kunststoffschachteln verpackter Käse, der in der Regel mit dieser Verpackung in die Hand des letzten Käufers (Verbrauchers) übergehe. Hüttenkäse werde in einer Kunststoffschachtel vertrieben. Es sei gleichgültig, wie der Deckel der Schachtel verschlossen sei und ob es sich um eine versiegelte Umschließung handle. Ein Becher müsse demgegenüber die Form eines Trinkbechers haben. Im vorliegenden Fall habe der Behälter nicht die Eigenschaft, daß er sich nach oben verbreitere. Lebensmittelprodukte werde man nur dann in einen Becher abfüllen, wenn diese so flüssig seien, daß sie getrunken werden könnten.
Auf eine entsprechende Anfrage der belangten Behörde wurde vom Österreichischen Normungsinstitut in einem Schreiben vom die Meinung vertreten, bei dem übersandten Muster eines Packmittels für X-Hüttenkäse handle es sich im Sinne der Definition in ÖNORM A 5405 Teil 3 nicht um eine Schachtel. Üblicherweise würden solche Behältnisse als Becher bezeichnet. Als Becher seien Packmittel mit nach unten abnehmendem Querschnitt beliebiger Form der Grundfläche mit einem Volumen bis 1000 cm3 zu verstehen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach einer Beschreibung der in Rede stehenden Ware wurde von der belangten Behörde ausgeführt, X-Hüttenkäse sei ein Frischkäse aus Kuhmilch. Er stelle eine körnig-breiige weiße Masse mit topfenähnlichem, leicht säuerlichem Geschmack dar. Hüttenkäse werde als Frischkäse beschrieben, der aus nicht zusammengewachsenen, kleineren oder größeren Bruchkörpern von stark gewachsenem Quark bestehe. Nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch sei Hüttenkäse dem Topfenkapitel zugeordnet. Im Hinblick darauf, daß die Einfuhrware also ein topfenähnliches Erzeugnis darstelle, sei diese nicht als feiner Tafelkäse im Sinne der Zolltarifnummer 04.04 A anzusehen. Die Ware sei aber auch nicht als Schachtelkäse im Sinne dieser Tarifnummer anzusehen. Hiebei handle es sich um schnittfesten Käse, dessen Aufmachung durch eine Schachtel bestimmt sei. Im vorliegenden Fall sei das als Umschließung für den Hüttenkäse verwendete Verpackungsmaterial nicht als Schachtel zu bezeichnen. Schachtel sei ein ein- oder mehrteiliges, meist quaderförmiges, verschließbares Packmittel in verschiedenen Bauarten, Ausführungen und Lieferformen als Grund-(Einzel-), Sammel-, Außen-(Versand-), Verkaufs- oder Mehrzweckpackung. Der in Rede stehende Kunststoffbehälter sei aber auf Grund seines nach unten abnehmenden Querschnittes keine Schachtel, sondern ein Becher.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Einstufung der gegenständlichen Ware in die Z.T.Nr. 04.04 A verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall steht in Streit, ob die Ware "Hüttenkäse" in die Unterposition A der Z.T.Nr. 04.04 der im Abfertigungszeitpunkt noch anzuwendenden maßgeblichen Tarifbestimmungen des Zolltarifes oder in die Unterposition B einzureihen ist. Die Unterposition A umfaßt "feine Tafel- und Schachtelkäse", die Unterposition B "andere Käse und Topfen".
Maßgebend für die Einreihung in den Zolltarif sind der Wortlaut der Tarifnummern und der Anmerkungen zu den Abschnitten, wobei die letzteren zweitrangig sind und nur insoweit gelten, als sie dem Wortlaut der Tarifnummern und Anmerkungen nicht widersprechen (Allgemeine Tarifierungsvorschrift 1 zweiter Halbsatz; vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 87/16/0118, Slg. Nr. 6273/F). Die Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif stellen demgegenüber zwar keine verbindliche Rechtsquelle dar; sie können aber, wie schon ihr Name sagt, den Zolltarif "erläutern" und stellen somit einen Auslegungsbehelf dar (vgl. das Erkenntnis vom , 87/16/0118, Slg. Nr. 6273/F m. w.H.).
Die Unterposition 04.04 A erfaßt ihrem Wortlaut nach "feine Tafel- und Schachtelkäse". Die streitverfangene Ware gehört nicht hieher.
Nach der Bemerkung 2 zur Z.T.Nr. 04.04 sind als Käse der Nr. 04.04 A anzusehen:
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a) | die in ihrer Beschaffenheit nach feinen Käse einschließlich aller Hartkäse und | |||||||||
b) | alle Schachtelkäse, das sind meist zu mehreren Portionen in Karton-, Holzspan- oder Kunststoffschachteln verpackte Käse, die in der Regel mit dieser Verpackung in die Hand des letzten Käufers (Verbrauchers) übergehen. |
In die Z.T.Nr. 04.04 B gehören demgegenüber nach Bemerkung 3 z. B. Quargel, Brimsen, Topfen (Quark), Ziger- und Molkenkäse, frisch, getrocknet (z.B. in Pulverform), gesalzen oder geräuchert, sowie geronnene Milch und geronnener Rahm, aus denen die Molke größtenteils ausgeschieden ist.
Die Beschwerdeführerin verweist zunächst auf den Umstand, daß die in Rede stehende Ware von den Zollbehörden nur im Jahre 1987 (gemeint wohl: 1986) in die Z.T.Nr. 04.04 A eingestuft worden sei, während sowohl davor als auch danach weitaus geringere Importausgleichsbeträge entrichtet werden mußten. Die dabei von der Beschwerdeführerin vertretene Meinung, die materielle Rechtskraft der früher ergangenen Eingangsabgabenbescheide wirke für alle weiteren Verfahren betreffend die Einfuhr gleichartiger Waren, entspricht nicht dem Gesetz: Als Sache des jeweiligen Verwaltungsverfahrens, auf die sich die Rechtskraftwirkung erstreckt, kann nur die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale in zeitlicher und örtlicher Hinsicht angesehen werden. Die Entstehung einer der Höhe nach allenfalls auch völlig identen Abgabenschuld (hier: bei auch mengenmäßiger Identität der eingeführten Waren) zu einem anderen, also weiteren Zeitpunkt stellt keinesfalls eine Identität der Sache her. Einem Bescheid kommt somit eine rechtliche Bedeutung nur für jenen Zeitraum und für jenen Zeitpunkt zu, der seinem Spruch nach erfaßt ist. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kann sich rechtslogisch nicht ergeben. Nachfolgende Steuerabschnitte oder Besteuerungszeitpunkte sind unter jeweils neuer Verantwortung selbständig für sich zu erfassen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1305).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auf Grund der durchgeführten Analysen sowie der Beschreibung von Hüttenkäse insbesondere im Österreichischen Lebensmittelbuch die Feststellung getroffen, daß die gegenständliche Ware "topfenähnlich" ist. Der von der Beschwerdeführerin erhobene Einwand, dem Österreichischen Lebensmittelbuch sei die Bezeichnung "Tafelkäse" fremd, es unterscheide vielmehr lediglich zwischen Frischkäse und Hartkäse, geht dabei deswegen ins Leere, weil sich die belangte Behörde auf das Lebensmittelbuch nur im Zusammenhang mit der Beurteilung der Ware als topfenähnlich berufen hat. Wenn die belangte Behörde auf Grund der vorliegenden Analysen, denen die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nichts entgegengehalten hat, zum Ergebnis kam, die Ware Hüttenkäse sei topfenähnlich, so entspricht dies den Denkgesetzen. Daß - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - Hüttenkäse beim Höchstwassergehalt, bei der Mindesttrockenmasse und beim Fett der Trockenmasse andere Werte aufweist als Topfen, steht einer solchen Würdigung nicht entgegen.
Die im Zusammenhang vorgebrachte Verfahrensrüge, eine sachverständige Analyse habe nicht stattgefunden, ist unzutreffend; vielmehr wurde eine solche Analyse, die der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgehalten wurde, sehr wohl vorgenommen.
In der Bemerkung 3 der Erläuterungen zur Z.T.Nr. 04.04 sind die in die Unterposition B fallenden Waren nur beispielhaft aufgezählt. Aus dem Umstand, daß Hüttenkäse in dieser Bemerkung nicht ausdrücklich angeführt ist, kann daher für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen werden. Daß Hüttenkäse und Topfen ident seien, wurde von der belangten Behörde nicht angenommen.
Wie der Beschwerdeführerin bereits im angefochtenen Bescheid entgegengehalten wurde, kann der in der Bemerkung 3 der Erläuterungen enthaltenen demonstrativen Aufzählung bestimmter Käsesorten keineswegs entnommen werden, daß für die Einreihung in diese Position erforderlich ist, daß die Produkte sowohl aus geronnenem Rahm als auch aus geronnener Milch hergestellt werden. Über die Herstellung ist in dieser Bemerkung entgegen den Beschwerdeausführungen überhaupt keine Aussage getroffen worden. Vielmehr sind von der Aufzählung neben Topfen und anderen Käse auch geronnene Milch und geronnener Rahm als solche erfaßt.
Soweit von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden war, die Verpackung des Hüttenkäses sei als eine Schachtel anzusehen, sodaß es sich bei dem Käse um einen Schachtelkäse handle, wurde von der belangten Behörde nach durchgeführtem Sachverständigenbeweis die Auffassung vertreten, eine Schachtel sei ein ein- oder mehrteiliges, meist quaderförmiges, verschließbares Packmittel in verschiedenen Bauarten, Ausführungen und Lieferformen als Grund-(Einzel-), Sammel-, Außen-(Versand-), Verkaufs- oder Mehrzweckpackung. Auf Grund des nach unten abnehmenden Querschnittes handle es sich im Beschwerdefall nicht um eine Schachtel, sondern um einen Becher.
Wenn auch unter einem Becher zunächst ein Trinkgefäß insbesondere ohne Fuß und Henkel zu verstehen ist, so ist die Meinung der Beschwerdeführerin, unter einem Becher sei ausschließlich ein Trinkgefäß zu verstehen, verfehlt: Darunter ist vielmehr jedes Gefäß zu verstehen, das wie ein Trinkbecher geformt ist, wie etwa ein Würfelbecher oder ein Meßbecher (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Stuttgart 1980). Auch die Meinung, bei der im Streitfall vorliegenden Verpackung fehle es an der für einen Becher eigentümlichen zylindrischen Form (nach dem Inhalt der weiteren Ausführungen offenbar gemeint: konischen Form), ist unzutreffend. Ob bei dem Packmittel der Querschnitt des Packmittels nach unten kontinuierlich oder - wie im Beschwerdefall - stufenförmig abnimmt, ist für die die Qualifizierung des Packmittels als Becher keinesfalls entscheidend.
Unrichtig ist schließlich der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid argumentiert, unter Schachtelkäse seien sogenannte Dreieckskäse gemeint: Der bloß beispielhafte Hinweis der belangten Behörde auf sogenannten Dreieckskäse ist für den Spruch des angefochtenen Bescheides in keiner Weise tragend, sodaß sich eine Auseinandersetzung damit erübrigt.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.