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VwGH vom 25.03.1992, 90/13/0191

VwGH vom 25.03.1992, 90/13/0191

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , GZ. 6/1-1357/88-08, betreffend Einkommensteuer 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Erbin nach der am verstorbenen Mag. Erika K. Im Nachlaß befand sich unter anderem der Betrieb einer Apotheke (Einzelunternehmen). Mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 11 - 1993/8/88, wurde die Erbschaftssteuer für diesen Erwerbsvorgang mit S 3,876.874,-- festgesetzt.

In einem die Jahre 1983 und 1984 betreffenden Betriebsprüfungsbericht wurde darauf hingewiesen, daß das Apothekenunternehmen im Jahre 1984 in eine Kommanditgesellschaft eingebracht worden sei. In Tz 20 des Berichts wurde ausgeführt, unter Punkt A 8 des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses sei der "Einheitswert des Betriebes" mit S 1,377.172,-- angegeben. Entsprechend einem Gesellschaftsvertrag vom seien 23 % des Gesellschaftsvermögens abzüglich Bargeld, Bankguthaben, Abfertigungsansprüche etc. übertragen worden. Der Buchwert des übertragenen Vermögens betrage 13,63 % des für die Beschwerdeführerin zum ausgewiesenen Kapitals.

In dem nach der Betriebsprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheid für 1984 wurde unter anderem ein Veräußerungsgewinn in Höhe von S 3,380.398,-- besteuert. Auf die Einkommensteuer wurde ein Erbschaftssteuerbetrag in Höhe von S 78.837,59 angerechnet.

Nach Erhebung einer Berufung gegen diesen Abgabenbescheid wurde der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde die beabsichtigte Entscheidung über den Anrechnungsbetrag in einem Schreiben vom bekanntgegeben. Danach mache die Summe der (der Erbschaftssteuer unterzogenen) Aktiva S 9,948.382,59 aus, sodaß die Erbschaftssteuerbelastung der Aktiva 38,97 % betrage. Auf die stillen Reserven von S 3,403.398,50 entfalle somit bei einer Steuerbelastung von 38,97 und einem Anteil (am Unternehmen) von 13,63 % ein Steuerbetrag von S 180.775,27. Aus den Akten ist ersichtlich, daß der Betrag der Aktiva ausgehend von der Summe der im eidesstättigen Vermögensbekenntnis ausgewiesenen Aktiva unter Beachtung der o.a. Berufungsentscheidung vom ermittelt wurde.

In einer Eingabe des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin vom wurde der Wert des Apothekenbetriebes einschließlich des Firmenwertes (unter Beachtung der Berufungsentscheidung betreffend Erbschaftssteuer) mit insgesamt S 6,528.131,-- angegeben. Der darauf zu entrichtende Erbschaftssteuerbetrag habe 46 % betragen. Da 23 vH. der Apotheke veräußert worden seien, sei die Erbschaftssteuer mit S 690.676,26 anzurechnen. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß die Aktiva und Passiva beim Betriebsvermögen saldiert worden seien, sodaß die Berechnung der belangten Behörde jedenfalls unrichtig sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Erbschaftssteuer in der bereits im Schreiben vom dargestellten Höhe auf die vorgeschriebene Einkommensteuer angerechnet.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen

inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 5 EStG 1972 wird die Einkommensteuer vom Veräußerungsgewinn auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige den veräußerten Betrieb oder Teilbetrieb oder den veräußerten Anteil am Betriebsvermögen innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung erworben und infolge des Erwerbes Erbschaftssteuer entrichtet hat.

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 84/13/0282, mit dem der Gerichtshof von der noch zum Einkommensteuergesetz 1953 ergangenen Rechtsprechung abgegangen ist, gebietet der Sinn dieser Bestimmung, daß eine Erbschaftssteuer nur insoweit auf die Einkommensteuer anrechenbar ist, als sie auf die stillen Reserven (einschließlich Firmenwert) des Betriebsvermögens entfällt.

Bestand der Erwerb im Sinne des § 20 Abs. 1 ErbStG 1955 außer aus dem Betrieb (Teilbetrieb, Anteil am Betriebsvermögen) auch aus anderen Vermögensgegenständen, so ist für die Ermittlung des auf die Einkommensteuer anrechenbaren Teilbetrages an Erbschaftssteuer festzustellen, wie hoch die einzelnen Aktiva mit Erbschaftssteuer belastet sind. Dabei ist, wie im oben genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom mit eingehender Begründung dargelegt worden ist, die gesamte Erbschaftssteuer ins Verhältnis zu den UNGEKÜRZTEN Aktiva zu bringen. Mit dem Steuersatz, der sich aus diesem Verhältnis ergibt, sind letztlich sämtliche Aktiva des Erwerbes belastet.

Die Zuordnung der Erbschaftssteuer zu den einzelnen Aktiva des Erwerbes setzt daher eine Feststellung sämtlicher Aktiva voraus (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , 84/13/0282). Eine solche Feststellung ist aber im Beschwerdefall nicht erfolgt, obgleich vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin in seiner Eingabe vom ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, daß "beim Betriebsvermögen saldiert" worden sei. Aus dem Betriebprüfungsbericht ergibt sich - die Akten des Erbschaftssteuerverfahrens wurden von der belangten Behörde nicht vorgelegt -, daß unter den Aktiven des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses ein "Einheitswert des Betriebes" ausgewiesen wurde. Dieser Wert bestand somit schon aus einem Saldo von Aktiva und Passiva. Da die belangte Behörde nicht die tatsächlich der Erbschaftssteuer unterliegenden Besitzposten (vor Abzug der Verbindlichkeiten im Sinne des § 20 Abs. 5 ErbStG) ermittelt hat, sondern im Bereich des erworbenen Betriebs (ausgehend von der im eidesstättigen Vermögensbekenntnis ausgewiesenen Summe der Aktiva) von einem vorweg saldierten Wert ausgegangen ist, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Aus den verschiedenen Eingaben der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren ist weiters ersichtlich, daß sie die Anrechnung der Erbschaftssteuer in dem Verhältnis begehrt hat, der dem veräußerten Anteil am Betriebsvermögen entspricht (23 %). Demgegenüber ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von dem vom Prüfer aus dem Verhältnis der übertragenen Buchwerte errechneten Prozentsatz von 13,63 ausgegangen, ohne daß die Behörde insoweit auf die diesbezüglichen Anträge der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren Bezug genommen hätte. Wenngleich mangels Vorlage der entsprechenden Aktenteile (insbesondere des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung einer Kommanditgesellschaft) eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist, wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren zu beachten haben, daß für die Berechnung des anrechenbaren anteiligen Erbschaftssteuerbetrages grundsätzlich der veräußerte Anteil am Vermögensstamm des Betriebes maßgeblich ist.

Schließlich ist für die Durchführung des fortgesetzten Verfahrens darauf zu verweisen, daß der angefochtene Bescheid insofern mit einem Begründungsmangel belastet ist, als die Ermittlung der Position "Stille Reserven (Veräußerungsgewinn) S 3,403.398,50" nicht nachvollziehbar ist, zumal die im Betriebsprüfungsbericht erwähnten Akten zu St.Nr. 250/1315 dem Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht vorgelegt wurden. Dabei fällt auf, daß in der Berufungsentscheidung vom allein der Wert der Apothekengerechtigkeit (Firmenwert) mit S 4,944.267,80 ermittelt worden ist; andererseits wurde der Gewinn aus der Veräußerung des Anteiles am Betriebsvermögen im Ausmaß von 23 % im angefochtenen Bescheid mit S 3,380.398,-- angesetzt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.