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VwGH vom 31.08.2000, 98/16/0310

VwGH vom 31.08.2000, 98/16/0310

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des M in T/Spanien, vertreten durch Dr. Albin Walchshofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Fadingerstraße 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 262/1-10/1998, betreffend die Zurückweisung eines Einspruches in einem Finanzstrafverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde am vom Hauptzollamt Linz (Finanzstrafbehörde erster Instanz) als Verdächtiger einvernommen. Den Gegenstand der am erfolgten Einvernahme bildete der Verdacht des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben gemäß § 35 Abs. 2 FinStrG durch Herstellung einer unterfakturierten Lieferrechnung, welche im Rahmen der Geltendmachung der Ersatzforderung zu WE Nr. 506/000/950214/50/5 dem Hauptzollamt Linz vorgelegt worden war. Er sagte nach Einsichtnahme in den Versandschein zur angeführten WE-Nr. aus, dass er die darin angeführten Computerteile, ein Paket mit 18 kg, als Geschäftsführer der (in Bad Leonfelden etablierten) Firma W bei einer Computerfirma in den USA eingekauft habe und diese Computerteile, ohne in Österreich eine Verzollung durchzuführen, mittels Versandschein an eine tschechische Firma weiter versenden ließ. Ihm wurde die Lieferrechnung der Firma W vom , lautend auf US-Dollar 2.496,-- zur Einsicht vorgelegt und er sagte aus, dass der Wert zu niedrig angesetzt gewesen sei, weil er bei Lieferungen in die Tschechei immer Rechnungen mit niedrigeren Preisen erstellt habe. Es wurde ihm vorgehalten, dass der Verdacht bestehe, er hätte die unterfakturierte Rechnung vom zur Geltendmachung der Ersatzforderung im Wege einer Spedition dem Hauptzollamt Linz vorgelegt und dadurch eine Abgabenhinterziehung bewirkt.

Vorgelegt wurde ihm auch die Einkaufsrechnung vom , wobei der Beschwerdeführer angab, dass es sich bei den in jener Rechnung um die gegenständlichen Waren handle und auch das Gewicht von 18 kg gleich sei. Wörtlich gab er an:

"Hinsichtlich der von mir ausgestellten Versandrechnung über einen Betrag von US-Dol. 2.496,-- muss ich bemerken, dass ich der Meinung bin, ich habe eine zweite Versandrechnung erstellt. Dies deshalb, weil ich bei der Rechnungsendnummer immer 01, 02 ..... angegeben habe. Die Rechnung mit der Endnummer 01 dürfte untergegangen sein."

Am Schluss dieses Protokolls erklärt der Beschwerdeführer, dass er zur Sache nicht mehr angeben könne; dann findet sich folgende Erklärung:

"Für allfällig an mich ergehende Schreiben mache ich meine Lebensgefährtin K.R., 4190 Bad Leonfelden, namhaft."

Mit Bescheid vom leitete das Hauptzollamt Linz gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestand, dass er im Oktober 1995 in Linz unter vorsätzlicher Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten zu einem von einem Angestellten der Spedition Sch. begangenen Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingansabgaben dadurch beigetragen habe, dass er in der beim Verkauf von 386 Stück Computerteilen die an eine tschechische Firma erstellte Lieferrechnung vom , Nr. 9510301, einen unrichtigen Kaufpreis angab (statt des tatsächlichen Kaufpreises von USD 42.250,50 wurde ein Verkaufspreis von lediglich USD 5.028,-- angegeben), wobei diese unterfakturierte Rechnung dem Versandverfahren zu T 1 zu Grunde gelegt und in der Folge durch das Hauptzollamt Linz zur Nacherhebung der Zollschuld wegen Nichtgestellung des Versandscheines als Wertnachweis herangezogen wurde, wodurch die Eingangsabgabenschuld um S 88.597,-- zu niedrig festgesetzt worden sei und er ein Finanzvergehen nach § 35 Abs. 2 in Verbindung mit § 11 Finanzstrafgesetz begangen hätte.

In der Begründung dieses Einleitungsbescheides wird auf die Einvernahme vom verwiesen; der Beschwerdeführer habe angegeben, dass die im Versandschein Nr. 500/000/950214/50/5 angeführten Computerteile im Wert von USD 42.250,50, die er bereits vorher an die tschechische Firma verkauft hätte, von ihm nach Österreich eingeführt und im Versandverfahren nach Tschechien ausgeführt worden seien, wobei er eine von ihm erstellte und rechtsverbindlich unterfertigte Lieferrechnung mit einer Preisangabe von USD 5.028,-- der Spedition Sch. zur Durchführung des Versandverfahrens und der tschechischen Einfuhrzollabfertigung übergeben habe.

Dieser Einleitungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer "p.A. K.R." am durch Hinterlegung beim Postamt Bad Leonfelden zugestellt.

Mit der hier gegenständlichen Strafverfügung des Hauptzollamtes Linz vom wurde der Beschwerdeführer des im Einleitungsbescheid beschriebenen Finanzvergehens für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 44.000,--, eine Ersatzfreiheitsstrafe und eine Wertersatzstrafe verhängt. In der Begründung wurde auf eine Anzeige des Hauptzollamtes und auf das Ergebnis des vom Hauptzollamt Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz durchgeführten Untersuchungsverfahrens und der Verantwortung des Beschuldigten verwiesen. Die Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer "p.A. K.R." als Zustellungsbevollmächtigte beim zweiten Zustellversuch durch Hinterlegung am beim Postamt Bad Leonfelden zugestellt; die Abholfrist begann am .

Dagegen richtete sich ein Einspruch des Beschwerdeführers, der am zur Post gegeben wurde.

Mit Bescheid vom wies das Hauptzollamt Linz den Einspruch gegen die Strafverfügung wegen Fristüberschreitung zurück. Durch Hinterlegung bei der angegebenen Zustellungsbevollmächtigten habe die Einmonatsfrist des § 145 Abs. 1 FinStrG zu laufen begonnen.

In seiner dagegen erhobenen Administrativbeschwerde erklärte der Beschwerdeführer, die Zustellung der Strafverfügung hätte an seiner spanischen Adresse erfolgen müssen; aus welchen Beweggründen versucht worden sei, einen Zustellversuch an K.R. durchzuführen, sei nicht nachvollziehbar; K.R. sei keine Zustellungsbevollmächtigte im Sinne des § 9 ZustellG. Die Behörde hätte nach § 10 ZustellG vorgehen müssen. Tatsächlich habe K.R. Kenntnis vom Inhalt der hinterlegten Briefsendung erlangt und diese an den Beschwerdeführer am weiter geleitet, sodass die Strafverfügung erst an diesem Tag als zugestellt galt.

In ihrem Vorlagebericht vom verwies die erstinstanzliche Strafbehörde auf eine Einvernahme des Beschwerdeführers am , bei welcher er K.R. als Zustellungsbevollmächtigte namhaft gemacht habe. Dieses Protokoll wurde angeschlossen; Gegenstand war der Verdacht des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung, begangen durch die Nichtstellung von zwei Versandscheinen aus 1994. Der Beschwerdeführer gab damals wörtlich an:

"Auf Befragen nenne ich meine Freundin, K.R., wohnhaft an der früheren Firmenadresse, als Zustellungsbevollmächtigte, welcher ich mitteilen werde, dass sie sämtliche an mich ergehende Post weiterleiten solle. In der gegenständlichen Sache habe ich weiters mit meiner rechtsfreundlichen Vertretung Herrn

Dr. (Beschwerdeführervertreter) beauftragt."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet ab. Die belangte Behörde stellte fest, dass die Strafverfügung an die vom Beschwerdeführer anlässlich der erstmaligen Einvernahme als Verdächtiger am namhaft gemachte Zustellungsbevollmächtigte (§ 9 ZustellG) K.R. durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt wurde. Damit sei die Strafverfügung, insbesondere unter Beachtung des § 17 ZustellG, am durch Hinterlegung gültig zugestellt worden. Zu einer Vorgangsweise nach § 10 ZustellG habe keine Veranlassung bestanden, weil der Beschwerdeführer von sich aus einen Zustellbevollmächtigten gemäß § 9 ZustellG namhaft gemacht habe.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem nicht nur vorübergehend im Ausland aufhältigen Beschwerdeführer wurde nicht gemäß § 10 ZustellG aufgetragen, einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, sondern er hat von sich aus bei seiner Vernehmung vom erklärt, dass er für allfällig an ihn ergehende Schreiben seine Lebensgefährtin namhaft mache.

§ 9 Abs. 1 ZustellG (BGBl. Nr. 200/1982) lautete:

"Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anders bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

Mit der oben wiedergegebenen Erklärung anlässlich einer förmlichen Vernehmung in einem (Straf-)Verfahren hat der Beschwerdeführer entsprechend § 9 Abs. 1 ZustG K.R. als Zustellbevollmächtigte namhaft gemacht. Daran ändert der Umstand nichts, dass der im Zustellgesetz nicht enthaltene Begriff "Schreiben" verwendet wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Erkenntnis vom , Zl. 94/11/0254 den Fall zu beurteilen, dass der damalige Beschwerdeführer seine Mutter als Zustellungsbevollmächtigte für die "Korrespondenz" bekannt gegeben hat. Der Verwaltungsgerichtshof folgte damals nicht der Auffassung des Beschwerdeführers, dass es sich bei einem Einberufungsbefehl nicht um "Korrespondenz" handle, weil diesem Ausdruck keine einschränkende Bedeutung zukomme und er Schriftverkehr bedeute, welcher von Seiten der Behörde Erledigungen, gleich welchen Inhaltes umfasse. Davon ausgehend kann auch der hier verwendete Begriff "Schreiben" nicht einschränkend verstanden werden, sondern umfasst er jeglichen Schriftverkehr von Seiten der Behörde.

Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass es bei der Vernehmung am um die Rechnung Nr. 9510302 vom über den Betrag von USD 2.496,-- gegangen sei, die Strafverfügung aber eine andere Rechnung betroffen habe. Wenn überhaupt eine Zustellvollmacht erteilt worden sein sollte, dann in einem anderen Verfahren.

Grundsätzlich ist dem Beschwerdeführer darin zu folgen, dass sich eine Zustellbevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren bezieht und nicht auf andere bei der Behörde anhängig werdende Verfahren (siehe die Nachweise bei Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, 49).

Allerdings erlaubt im vorliegenden Fall der aktenmäßig belegte Sachverhalt nicht die Schlussfolgerung, dass das Verfahren, in welchem die Strafverfügung erlassen wurde, ein anderes gewesen sei, in dem die Vernehmung am erfolgt wäre. Gegenstand war die Hinterziehung von Eingangsabgaben durch Erstellung einer unterfakturierten Lieferrechnung; der Beschwerdeführer hat selbst erklärt, dass es eine zweite Versandrechnung geben müsse, weil er bei der Endnummer immer "01, 02 ...." angegeben hätte. Bemerkenswert ist, dass der unverzüglich ergangene Einleitungsbescheid auf die Einvernahme vom verweist und schon die Rechnung mit der Endnummer 01 zum Gegenstand hatte. Der Einleitungsbescheid, der im angefochtenen Bescheid ausdrücklich genannt ist, blieb unbekämpft; dass der Einleitungsbescheid, der gleichfalls p.A. K. R. zugestellt wurde, dem Beschwerdeführer nicht zugekommen wäre, hat er aber nie behauptet.

Wenn der Beschwerdeführer bei der Vernehmung, bei der er auch die Zustellungsbevollmächtigte namhaft gemacht hatte, selbst auf die Existenz einer weiteren (unterfakturierten) Rechnung verweist, in der Folge eine wegen dieser weiteren Rechnung erfolgte Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht bekämpft, dann kann keine Rede von einem anderen bzw. neuen Verfahren sein, sondern hat er seine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung in einem Verfahren abgegeben, welches unterfakturierte Rechnungen der Firma W an den tschechischen Abnehmer im Wege der Spedition Sch. betraf.

Die erteilte Zustellvollmacht deckte daher auch die Zustellung der Strafverfügung, weshalb die Behörde nicht nur berechtigt, sondern auch sogar verpflichtet war, die Zustellung an die Zustellungsbevollmächtigte vorzunehmen.

Damit erweist sich die Beschwerde aber insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am