VwGH vom 26.01.1995, 93/16/0010

VwGH vom 26.01.1995, 93/16/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 11-1076/91, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und Frau J.H. erwarben mit Anwartschaftsvertrag vom gemeinsam die Ansprüche auf Übereignung eines Anteiles an einem Grundstück, auf welchem eine Reihenhausanlage geschaffen werden sollte, zur Begründung von Wohnungseigentum. In ihrer Abgabenerklärung vom begehrten der Beschwerdeführer und J.H. Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 Grunderwerbsteuergesetz 1955 und legten den Anwartschaftsvertrag vor. Der Abschluß (aller) Wohnungseigentumsverträge wurde dem Finanzamt für Gebühren- und Verkehrsteuern in Wien (im folgenden: Finanzamt) am angezeigt. Nach Punkt I dieses "Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages" verkaufte und übergab die Verkäuferin (eine gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft) die Liegenschaft an die in Punkt XXII dieses Vertrages genannten Personen zu den dort eingetragenen Anteilen um die dort genannten Kaufpreise. Im Punkt XXII scheint als Erwerber für das schon im seinerzeitigen Anwartschaftsvertrag genannte Reihenhaus Nr. 18 alleine J.H. auf; der Kaufpreis beträgt S 2.443.129,--. In der dem Kaufvertrag angeschlossenen und beglaubigten Unterschriftenliste befindet sich hinsichtlich des Hauses 18 ausschließlich die Unterschrift der J.H., nicht aber des Beschwerdeführers.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt aufgrund des Anwartschaftsvertrages vom gegenüber dem Beschwerdeführer die Grunderwerbsteuer auf der Basis des halben Kaufpreises mit S 97.725,-- fest. In der Begründung wurde angeführt, die Grunderwerbsteuer sei gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 wegen Aufgabe des begünstigten Zweckes (Übertragung des halben Anwartschaftsrechtes an Frau J.H.) vorzuschreiben gewesen.

In seiner dagegen erstatteten Berufung machte der Beschwerdeführer nur geltend, daß die Bemessungsgrundlage zu hoch angesetzt sei, weil ein gefördertes Darlehen nicht entsprechend § 14 Bewertungsgesetz abgezinst worden sei. Nach abweisender Berufungsvorentscheidung beantragte er die Vorlage an die belangte Behörde ohne weitere Ausführungen.

Nach Erhebungen zu den in der Berufung aufgeworfenen Fragen gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung keine Folge. Für die Anwartschaft sei vorläufig die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 gewährt worden; infolge Aufgabe des begünstigten Zweckes durch Weitergabe des halben Anwartschaftsrechtes an J.H. vor Begründung von Wohnungseigentum sei vom Finanzamt Grunderwerbsteuer festgesetzt worden. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage kam die Berufungsbehörde zum Ergebnis, daß ein Anwendungsfall des § 14 Bewertungsgesetz nicht vorliege.

Dagegen richtet sich die vorliegende, auf Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gestützte Beschwerde. Erkennbar wird ein Recht auf Aufrechterhaltung der Steuerbefreiung geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 sind auf vor dem verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Da der eingangs beschriebene Erwerbsvorgang vor dem verwirklicht wurde, kommen im Beschwerdefall die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 i.d.F. des Art. I des Abschnittes VIII des Abgabenänderungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 557 (im folgenden: GrEStG), zur Anwendung.

Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, und zwar gemäß Z. 1 ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG ist beim Wohnungseigentum der erste Erwerb eines Grundstückes, auf dem ein gemeinnütziger Bauträger ein Wohnhaus geschaffen oder zu schaffen hat, durch eine Person, die den Anteil zur Begründung von Wohnungseigentum erwirkt, von der Besteuerung ausgenommen.

Aufgrund der Bestimmung des Abs. 2 des § 4 GrEStG unterliegt der Erwerbsvorgang mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist. Der begünstigte Zweck besteht nach § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG in dem Erwerb des Wohnhauses UND in der Begründung von Wohnungseigentum (Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, September 1986, Rz. 135 zu § 4 GrEStG). Bei der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a GrEStG ist der begünstigte Zweck die Schaffung eines Wohnhauses und die Begründung des Wohnungseigentums (hg. Erkenntnis vom , Zl. 16/2540/80, m.w.N.). Der wirtschaftlich begünstigte Zweck in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 3 GrEStG ist nach dem Willen des Gesetzgebers keineswegs die Schaffung von Wohnraum allein, sondern nur im Zusammenhang mit der Errichtung von Wohnungseigentum (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0224, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall wurde aber der im Anwartschaftsvertrag beschriebene Anteil allein von J.H. erworben, sodaß der begünstigte Zweck durch den Beschwerdeführer nicht erfüllt werden kann. Ohne daß es einer weiteren Prüfung bedarf, wie der Beschwerdeführer über seinen Anspruch aus dem Anwartschaftsvertrag verfügt hat, ergibt sich bereits aus dem Abschluß des Kaufvertrages alleine durch J.H. die Aufgabe des begünstigten Zweckes auf Seiten des Beschwerdeführers und die Übernahme seines Anspruches aus dem Anwartschaftsvertrag durch

J.H.

Das Finanzamt ging bei seiner Entscheidung vom aktenkundigen Alleinerwerb durch J.H. aus. Gegen diese Tatsachenfeststellung hat sich der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch im Vorlageantrag gewehrt. Für die erst in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, seit dem Anwartschaftsvertrag hätte sich nichts am Hälfteeigentum des Beschwerdeführers geändert, führt er weder in der Beschwerde Beweise an, noch findet diese Behauptung im Akteninhalt Deckung. Auch in der Beschwerde geht der Beschwerdeführer auf den am angezeigten Wohnungseigentumsvertrag nicht ein, sodaß Mängel bei der Erhebung des Sachverhaltes durch die Finanzbehörden nicht erkennbar sind. Unter diesen Voraussetzungen kann der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid nur aufgrund des von der Behörde angenommenen Sachverhalts überprüfen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Nach diesen Feststellungen wurde der begünstigten Zweck aufgegeben; sollte die Aufgabe des begünstigten Zweckes später rückgängig gemacht worden sein, wäre die Steuerbefreiung nicht wieder wirksam geworden (siehe die Nachweise bei Czurda aaO Lieferung Juli 1987, Rz. 150).

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erwies, war sie - unter Bedachtnahme auf die zitierte Judikatur in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.