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VwGH vom 23.02.1994, 93/15/0246

VwGH vom 23.02.1994, 93/15/0246

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des E in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1287/93, betreffend Haftung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im vorliegenden Haftungsfall ist allein die Frage des Verschuldens des Beschwerdeführers strittig. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausfertigungen des angefochtenen Bescheides, der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Krems vom und der Niederschrift vom geht in Übereinstimmung mit der Sachverhaltsschilderung in der Beschwerdeschrift folgendes hervor:

Der Beschwerdeführer war seit kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer einer GmbH und als solcher für das Rechnungswesen und den Zahlungsverkehr verantwortlich. Nach einer von ihm abgelehnten Geschäftsausweitung kam es mit dem zweiten Geschäftsführer wegen verschiedener Manipulationen desselben zu erheblichen Schwierigkeiten, die Anfang März 1992 insofern ihren Höhepunkt erreichten, als der Beschwerdeführer nach der Rückkehr aus einem Urlaub die Geschäftsräume nicht mehr betreten konnte, weil der andere Geschäftsführer die Schlösser hatte ändern lassen. Der Beschwerdeführer war seither von jeder Geschäftsführertätigkeit ausgeschlossen. Er erstattete am 12. Juni bzw. Selbstanzeige beim Finanzamt, schied aber formell als Geschäftsführer erst im Zuge eines Prozesses vor dem Kreisgericht Krems am aus.

Das Finanzamt Krems erließ am gegen den Beschwerdeführer einen Haftungsbescheid, wogegen der Beschwerdeführer mit der Behauptung berief, er habe seit Feber bzw. März 1992 keine Möglichkeit mehr gehabt, in die Geschäftsführung der Gesellschaft einzugreifen.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt begründete dies damit, ein Geschäftsführer, der an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten verhindert sei, habe entweder sofort die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abzustellen oder seine Funktion als Geschäftsführer niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden. Wenn er hingegen eine Beschränkung seiner Befugnisse in Kauf nehme, die ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen unmöglich mache, so liege ein Verschulden iS des § 9 BAO vor. Aus dem vorgelegten Schriftwechsel sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer zu Beginn des Jahres 1992 nur unter gewissen finanziellen Bedingungen bereit gewesen wäre, seine Geschäftsführerfunktion niederzulegen.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Diese erhob in ihrem abweislichen Berufungsbescheid die Begründung aus der Berufungsvorentscheidung zur Begründung ihres Bescheides und verwies ergänzend auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/15/0063 (richtig: 0136).

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung herangezogen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 288 Abs. 1 lit. d BAO hat auch eine Berufungsentscheidung eine Begründung zu enthalten.

Insoweit der Beschwerdeführer zunächst vermeint, es liege ein Begründungsmangel vor, weil sich die belangte Behörde mit den Argumenten seiner Berufung nicht auseinandergesetzt, sondern nur auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung verwiesen habe, ist darauf hinzuweisen, daß zwar die eigenständige Begründung einer Berufungsentscheidung durch die Berufungsbehörde die Regel ist, daß aber die Verweisung der Berufungsbehörde auf die von ihr als zutreffend erachtete Begründung der unterinstanzlichen Entscheidung durchaus als ausreichend angesehen werden kann, sofern dort auf das Berufungsvorbringen eingegangen wird (vgl. Stoll, BAO-Handbuch 682). Gerade im vorliegenden Fall trifft dies angesichts des vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift selbst referierten Berufungsvorbringens zu, weil - wie unten noch gezeigt werden wird - bereits in der Berufungsvorentscheidung die entscheidenden, im Beschwerdefall für ein Verschulden des Beschwerdeführers sprechenden Argumente deutlich zum Ausdruck kamen.

Die belangte Behörde hat daher mit der vorgenommenen Verweisung auf die Begründung der ergangenen Berufungsvorentscheidung ihrer gesetzlichen Begründungspflicht entsprochen, zumal sie im übrigen sogar auf offensichtlich weitere, jetzt gar nicht mehr beschwerdegegenständliche Ausführungen in der Berufung (betreffend eine mündliche Verhandlung) einging.

Was das Hauptargument des Beschwerdeführers anlangt, er sei zwar formal bis Geschäftsführer geblieben, habe aber dem Finanzamt mitgeteilt, keine Geschäftsführertätigkeit mehr auszuüben, ist auf folgendes zu verweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Geschäftsführer, der an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehindert ist, entweder sofort die Behinderung der Ausübung seiner Funktionen abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden muß, andernfalls er für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft haftet (vgl. zB die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/14/0252; , Zl. 92/17/0057 und vom , Zl. 91/14/0117, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Da ein Geschäftsführer einer GmbH nach herrschender Ansicht sein Amt jederzeit niederlegen kann (vgl. dazu insbesondere Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 166 und die dort in FN 1 referierte Judikatur und Literatur sowie zB HS 16.241 = JBl 1986, 242 = SZ 58/181 ua), ist es dem Beschwerdeführer als Verstoß gegen seine Pflichten anzulasten, daß er nach seinen eigenen Behauptungen trotz massivster Behinderung in der Ausübung seines Amtes dieses nicht sofort zurückgelegt hat, sondern weiterhin formal Geschäftsführer geblieben ist.

Da somit vor dem Hintergrund der oben referierten hg. Rechtsprechung bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.