VwGH vom 29.10.1998, 98/16/0301

VwGH vom 29.10.1998, 98/16/0301

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde 1) des A V in F und 2) der M V in F, beide vertreten durch Dr. Hans Mandl und Dr. Georg Mandl, Rechtsanwälte in Feldkirch, Churerstraße 3, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Feldkirch vom , Zl. Jv 2441-33/98, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:

Die Ehe der beiden Beschwerdeführer wurde mit Beschluß des BG Feldkirch vom , 2 C 46/97g gemäß § 55a EheG (einvernehmlich) geschieden, wobei damals auch ein Vergleich gemäß § 55a Abs. 2 EheG geschlossen wurde.

Am wurde zu 2 C 29/98h des BG Feldkirch ein Vergleich mit auszugsweise folgendem Inhalt abgeschlossen:

"1. Punkt 7. des Scheidungsvergleiches vom , 2C 46/97g-4, lautet nunmehr wie folgt:

'Die beiden Antragsteller sind zu je 109/856 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft in EZ 1371 Grundbuch 92125 Tosters, mit welch Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 verbunden ist. Die beiden Antragsteller sind übereingekommen, daß Marion Valcanover die ihr gehörigen 109/856 Anteile an Adrian Valcanover überträgt.

Festgehalten wird, daß die gegenständlichen insgesamt 218/856 Anteile an der Liegenschaft in Einl.Zl. 1371 Grundbuch 92125 Tosters, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an Top 2 verbunden ist, bücherlich belastet sind, wobei nachstehend die per ausgehaftet gewesenen Debetsalden angeführt sind:

1. mit dem in C-LNR 12 einverleibten Pfandrecht zu Gunsten des

Landes Vorarlberg im Betrage von S 709.000,-- s.A. mit der Darlehens

Nr. 9960585043 (Aushaftung S 706.682,00)

2. mit dem in C-LNR 13 einverleibten Veräußerungsverbot für das

Land Vorarlberg

3. mit dem in C-LNR 18 zugunsten der Sparkasse der Stadt

Feldkirch einverleibten Pfandrecht im Höchstbetrag von S 1.105.000,--

zur Darlehens Nr. 9907-194634 (Aushaftung

S 816.889,13 = sFr 98.539,10)

4. mit dem in C-LNR 24 einverleibten Pfandrecht im Betrage von

S 600.000,-- für die Bausparkasse der österr. Sparkassen AG

5. mit der in C-LNR 25 angemerkten Rangordnung für ein

Pfandrecht im Höchstbetrage von S 1.820000,-- bis

Festgehalten wird ......

Die Gesamtaushaftung beträgt S 3.499.625,50. ........

Einvernehmlich festgehalten wird, daß Adrian Valcanover als

Gegenleistung für die Übernahme und Übergabe der bisherigen

Miteigentumsanteile der Marion Valcanover an diese keine Barzahlung

oder Überweisung zu leisten hat, sondern daß die Gegenleistung in der

Übernahme der anteiligen Verbindlichkeiten besteht.

Die Zustimmung der betreffenden Gläubiger vorausgesetzt, werden

die Antragsteller eine Regelung mit den pfandrechtlich

sichergestellten Bankinstituten dahingehend treffen, daß nunmehr

Adrian Valcanover alleine für sämtliche Verbindlichkeiten betreffend

die Wohnungseigentumseinheit Top 2 in EZ 1371 Grundbuch 92125 Tosters

haftet.

...........

2. .......' "

Die Kostenbeamtin des BG Feldkirch behandelte diesen Vergleich als prätorischen und forderte dafür von den beiden Beschwerdeführern zur ungeteilten Hand Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 3,499.626,--) in Höhe von S 27.045,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr von S 100,-- an

Dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag, der die Auffassung vertrat, es handle sich auch beim Vergleich vom um einen Scheidungsvergleich, gab die belangte Behörde mit der Begründung keine Folge, der Vergleich vom sei außerhalb eines Zivilprozesses geschlossen worden und daher kein Scheidungsvergleich. Er sei als prätorischer Vergleich gemäß § 433 ZPO anzusehen und nach der Anm 2 zur TP 1 GGG zu vergebühren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß der am abgeschlossene Vergleich nach TP 12 GGG zu behandeln und nur mit S 2.000,-- zu vergebühren ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 55a Abs. 2 EheG darf eine einvernehmliche Scheidung nach Abs. 1 leg. cit. nur stattfinden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über die in der zitierten Gesetzesstelle aufgelisteten Umstände dem Gericht für den Fall der Scheidung entweder unterbreiten oder vor Gericht abschließen.

Eine solche Vereinbarung wurde zwischen den Beschwerdeführern am geschlossen.

Gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist, wer eine Klage zu erheben beabsichtigt, berechtigt, vor deren Einbringung bei dem Bezirksgerichte des Wohnsitzes des Gegners, dessen Ladung zum Zwecke des Vergleichsversuches zu beantragen.

Nach der Anm 2 zur TP 1 GGG ist die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung Einstweiliger Verfügungen außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf die Hälfte.

Zustandegekommene Prozeßvergleiche und prätorische Vergleiche sind gemäß § 385 Abs. 1 Z 6 GeO in das Streitregister einzutragen (vgl. Stohanzl, MGA JN-ZPO14 Anm 3 Abs. 5 zu § 433 ZPO).

Die TP 12 GGG betrifft in lit. a Z. 1 das außerstreitige Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse gemäß §§ 81 bis 96 EheG und in lit. a Z 2 das Verfahren über die Scheidung einer Ehe nach § 55a EheG sowie Vereinbarungen nach § 55a Abs. 2 EheG.

Die Anm 3 zur TP 12 GGG lautet:

"In den Fällen einer Vereinbarung nach § 55a Abs. 2 EheG ist hiefür neben der Gebühr nach Tarifpost 12 lit. a Z. 2 eine weitere Pauschalgebühr von 2.000,-- zu entrichten. Ansonsten fallen in allen in der Tarifpost angeführten außerstreitigen Verfahren keine weiteren Gebühren an; dies gilt auch dann, wenn ein Rechtsmittel erhoben wird.

Da nach dem insoweit übereinstimmenden Inhalt der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides der in Rede stehende Vergleich vom nicht in einem außerstreitigen Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse gemäß §§ 81 bis 96 EheG geschlossen, sondern außerhalb eines anhängigen Verfahrens protokolliert wurde, stellt sich allein die Frage, ob dieser Vergleich (wie dies die Beschwerdeführer anstreben) noch als Teil der am geschlossenen Vereinbarung gemäß § 55a Abs. 2 EheG anzusehen ist oder als selbständiger prätorischer Vergleich iS des § 433 Abs. 1 ZPO.

Vereinbarungen gemäß § 55a Abs. 2 EheG sind - wie sich aus dieser Gesetzesstelle ausdrücklich ergibt - Voraussetzung für die Zulässigkeit der einvernehmlichen Scheidung gemäß § 55a Abs. 1 EheG. Legen die scheidungswilligen Parteien dem Gericht eine zuvor geschlossene solche Vereinbarung nicht vor und sind sie auch (trotz der gemäß § 225 AußStrG erfolgenden Anleitung durch das Gericht) nicht bereit, eine solche Vereinbarung vor Gericht abzuschließen, so ist das Scheidungsbegehren abzuweisen (vgl. zB. Pichler in Rummel, ABGB2 II Anm 4a Abs. 2 zu § 55a EheG).

Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß zwar die Vereinbarung vom die Voraussetzung für die damals erfolgte einvernehmliche Scheidung war und somit eine Vereinbarung gemäß § 55a Abs. 2 EheG darstellte, nicht jedoch der Vergleich vom . Davon, daß ein Vergleich, der rund neun Monate nach der bereits erfolgten einvernehmlichen Scheidung (warum auch immer) zustande kommt, Voraussetzung der einvernehmlichen Scheidung war, kann schon nach der zeitlichen Abfolge der Geschehnisse keine Rede sein.

Damit besteht aber keine rechtliche Möglichkeit, die Vereinbarung vom (mag sie auch inhaltlich die Übereinkunft vom abgeändert haben) noch als solche gemäß § 55a Abs. 2 EheG bezogen auf die einvernehmliche Scheidung vom anzusehen und darauf die von den Beschwerdeführern gewünschte TP 12 lit. a Z. 2 GGG anzuwenden.

Die Vereinbarung vom wurde vielmehr vom BG Feldkirch und von der belangten Behörde korrekt als prätorischer Vergleich gemäß § 433 Abs. 1 ZPO qualifiziert.

Somit ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß die behautpete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Mit Rücksicht auf die besonders einfache Rechtsfrage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Wien, am