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VwGH vom 09.08.2001, 98/16/0291

VwGH vom 09.08.2001, 98/16/0291

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Kurt Dullinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 17, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Finanzlandesdirektion Tirol vom , Zl. 800/90288/98, betreffend eine Finanzstrafsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom erkannte der Spruchsenat I beim Hauptzollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer des Vergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben schuldig; er habe am beim Zollamt Flughafen Wien-Schwechat ein Luftfahrzeug der Marke Piper-Seneca im Wert von USD 169.500,-- sowie Einbauteile im Wert von USD 60.061,23 vorsätzlich unrichtig mit einem Gesamtkaufpreis von USD 105.000,-- erklärt und dadurch unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Eingangsabgaben in Höhe von ATS 261.529,-- hinterzogen. Wegen des dadurch begangenen Finanzvergehens nach § 35 Abs. 2 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von ATS 130.000,-- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Gemäß § 19 Abs. 1 lit. c und Abs. 5 FinStrG wurde statt Verfall des Flugzeuges auf Teilwertersatz in Höhe von ATS 650.000,-- erkannt und auch diesbezüglich eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Außerdem wurde der Beschwerdeführer zu einem Kostenersatz verpflichtet.

In der Begründung ging die Finanzstrafbehörde erster Instanz davon aus, dass der Vorsatz des Beschwerdeführers darauf gerichtet gewesen sei, durch Vorlage falscher Rechnungen unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung zu bewirken. Bei der Strafbemessung nahm die Behörde auf den sich aus § 35 Abs. 4 FinStrG im Ausmaß des Zweifachen des Verkürzungsbetrages sich ergebenden Strafrahmens bis ATS 523.058,-- Bedacht. Mildernd wurde die bisherige finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit, ein Teilgeständnis, die über Aufforderung geleistete Mitarbeit bei der Aufklärung des Sachverhaltes sowie die Schadensgutmachung durch Entrichtung der hinterzogenen Abgaben angesehen, Erschwerungsgründe lagen keine vor. Auf Grund der Gesamtumstände der Tat, insbesondere unter Berücksichtigung des Verhältnisses des Wertes des Tatgegenstandes zum strafbestimmenden Wertbetrag, wurde ein Teilwertersatz in Höhe von ATS 650.000,-- als gerade noch angemessen und vertretbar angesehen, wobei von einem gemeinen Wert gemäß § 19 Abs. 3 FinStrG in Höhe von ATS 2,922.194,79 ausgegangen worden war.

Ausschließlich gegen die Strafhöhe erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er sah es im erstinstanzlichen Straferkenntnis als zutreffend an, dass bei einem Strafrahmen bis ATS 520.000,-- dieser Rahmen nur zu einem Viertel ausgenützt worden sei. Durch die Einordnung des Wertersatzes als Strafe werde jedoch bedingt, dass die Höhe des Wertersatzes zwingend im Zusammenhang mit der verhängten Geldstrafe zu sehen sei. Eine Straffestsetzung in Höhe von insgesamt ATS 780.000,-- bei einem Verkürzungsbetrag von rund ATS 260.000,-- entspreche insgesamt dem Dreifachen des tatsächlichen Verkürzungsbetrages, womit der Ermessensspielraum der Abgabenbehörden zur Strafbemessung überschritten worden sei. Die verhängte Strafe stehe in keinem Verhältnis zur verübten Tat. Nach einhelliger Literaturmeinung sei die Strafe des Wertersatzes gemeinsam mit der Geldstrafe gemäß § 35 Abs. 4 hinsichtlich der Angemessenheit der Höhe nach zu beurteilen. Er verwies insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/16/0262, wonach die Milderungsgründe, die die Behörde zur Ermessensentscheidung bei der Strafbemessung leiteten, zwingend auch für die Festsetzung des Wertersatzes zur berücksichtigen seien. Die verhängte Gesamtstrafe stehe zu dem den Beschwerdeführer treffenden Vorwurf der teilweisen Verkürzung von Einfuhrabgaben in Höhe von ATS 261.529,-- außer Verhältnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Sie nahm auf die Neufassung der Wertersatzbestimmungen durch die Finanzstrafgesetznovelle 1988 Bedacht; mit § 19 Abs. 5 FinStrG neuer Fassung sei eine allgemeine Missverhältnisregelung geschaffen worden, die es ermögliche, von der Auferlegung eines Wertersatzes oder Wertersatzanteiles ganz oder teilweise abzusehen, sofern dieser zur in erster Linie am strafbestimmenden Wertbetrag zu messenden Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis stehe. Für den Umfang des Absehens vom Wertersatz zur Gänze oder teilweise seien die Grundsätze der Strafbemessung maßgebend. Diese Grundsätze seien bei einem gemeinen Wert des Flugzeuges von ATS 2,922.194,79 durch die Wertersatzstrafe von ATS 650.000,-- in ausreichendem Maße angewendet worden.

Mit seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf fehlerfreie Handhabung des bei der Bemessung der Strafe auszuübenden Ermessens, in seinem Recht, nicht bzw. nicht unangemessen entgegen der Vorschrift des S 19 FinStrG mit der Strafe des (Teil-)Wertersatzes bestraft zu werden, sowie in seinem Recht auf ein ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren verletzt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier verhängte und vom Beschwerdeführer bekämpfte Strafe des Wertersatzes ist im § 19 FinStrG geregelt. Diese Bestimmung lautet:

"§ 19. (1) Statt auf Verfall ist auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen,

a) wenn im Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, dass der Verfall unvollziehbar wäre,

b) wenn auf Verfall nur deshalb nicht erkannt wird, weil das Eigentumsrecht einer anderen Person berücksichtigt wird,

c) in den Fällen des § 17 Abs. 6 erster Satz.

(2) Neben dem Verfall ist auf Wertersatz zu erkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht feststeht, ob der Verfall vollziehbar sein wird, oder wenn Rechte dritter Personen (§ 17 Abs. 5) anerkannt werden.

(3) Die Höhe des Wertersatzes entspricht dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten; ist dieser Zeitpunkt nicht feststellbar, so ist der Zeitpunkt der Aufdeckung des Finanzvergehens maßgebend. Soweit der Wert nicht ermittelt werden kann, ist auf Zahlung eines dem vermutlichen Wert entsprechenden Wertersatzes zu erkennen. Werden Rechte dritter Personen im Sinne des § 17 Abs. 5 anerkannt, so ist der Wertersatz in der Höhe der anerkannten Forderung auszusprechen; er darf aber nur mit dem Betrag eingefordert werden, der zur Befriedigung der anerkannten Forderung aus dem Verwertungserlös aufgewendet wird.

(4) Der Wertersatz ist allen Personen, die als Täter, andere an der Tat Beteiligte oder Hehler vorsätzlich Finanzvergehen hinsichtlich der dem Verfall unterliegenden Gegenstände begangen haben, anteilsmäßig aufzuerlegen.

(5) Stünde der Wertersatz (Abs. 3) oder der Wertersatzanteil (Abs. 4) zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis, so ist von seiner Auferlegung ganz oder teilweise abzusehen.

(6) Ist der Wertersatz aufzuteilen (Abs. 4) oder ist vom Wertersatz ganz oder teilweise abzusehen (Abs. 5), so sind hiefür die Grundsätze der Strafbemessung (§ 23) anzuwenden.

(7) Der Wertersatz fließt dem Bund zu."

Nach dem im § 19 Abs. 1 lit. c genannten § 17 Abs. 6 erster Satz FinStrG tritt an Stelle des Verfalls nach Maßgabe des § 19 die Strafe des Wertersatzes, wenn der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis stünde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0262, ausführlich mit den Voraussetzungen für ein gänzliches oder teilweises Absehen von der Auferlegung des Wertersatzes und der so genannten Missverhältnisregel des § 19 Abs. 5 FinStrG befasst. Im damals zu beurteilenden Fall wurde bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von S 37.870,-- eine Geldstrafe von S 10.000,--, aber eine Wertersatzstrafe in Höhe der (gesamten) ausländischen Gestehungskosten der Waren zuzüglich der darauf entfallenden Eingangsabgaben festgesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof billigte nicht die Auffassung der damals belangten Behörde, die Schuld des Beschwerdeführers lasse die Annahme einer Unangemessenheit im Sinne des § 19 Abs. 5 FinStrG bei Ausmessung der Wertersatzstrafe nicht zu; wenn im Rahmen der Strafzumessung ein Strafmaß im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens angemessen war, so hätte konsequenterweise dieser Umstand auch im Rahmen der Abwägung zwischen dem Wertersatzbetrag und dem den Beschwerdeführer treffenden Vorwurf berücksichtigt werden müssen. Bei der damals vorgelegenen Schuldform (dolus eventualis) sei der Wertersatz zu dem den Beschwerdeführer treffenden Vorwurf außer Verhältnis gestanden und hätte gemäß § 19 Abs. 6 zweiter Fall FinStrG auf die Ausmittlung des Wertersatzes die Grundsätze der Strafzumessung herangezogen werden müssen und sich nicht mit der Heranziehung des (vollen) gemeinen Wertes begnügen dürfen.

Ein derartiger Vorwurf kann gegen den vorliegenden Bescheid nicht erhoben werden: Obwohl hier von einem dolus eventualis keine Rede sein kann, hat die belangte Behörde nicht nur die Strafe mit rund einem Viertel des strafbestimmenden Wertbetrages ausgemessen, sondern auch hinsichtlich des Teilwertersatzes nur rund 22 % vom angenommenen gemeinen Wert herangezogen.

Entscheidend ist hier, dass die Verwaltungsbehörden von einem Missverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 5 FinStrG ausgegangen sind und eine Ausmessung vorgenommen haben, die den im Vorerkenntnis genannten Kriterien vollkommen entspricht. Für eine Einbeziehung der Strafobergrenze nach § 19 Abs. 3 FinStrG in die Strafbemessung nach § 35 Abs. 4 FinStrG - Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages - fehlt jeglicher gesetzlicher Anhaltspunkt. Die vom Beschwerdeführer angeführte Belegstelle in der Literatur (Schmoller, Passt der Verfall nach §§ 17 ff FinStrG ins System strafrechtlicher Sanktionen?, in Leitner, Beiträge der Finanzstrafrechtlichen Tagung Linz 1996, 169 ff, insbesondere 188 f) bezieht sich zunächst auf die vom Gesetz nicht erfüllte Forderung, den Verfall allein auf "gefährliche" Gegenstände zu beschränken. Die darüber hinausgehende Forderung nach einer restriktiven Auslegung des § 17 FinStrG dahingehend, dass eine unrechts- und schuldangemessene Geldstrafe dann, wenn auch ein Verfall auszusprechen ist, zum Ausgleich betragsmäßig um den Wert des verfallsbedrohten Gegenstandes reduziert werden müsse, ist mit dem Charakter des Verfalls bzw. der Wertersatzstrafe als (selbstständiger) Nebenstrafe nicht vereinbar. Das Gesetz sieht für jede Strafe eine eigene Obergrenze, aber keine gegenseitige Berücksichtigung vor.

Unter dem Beschwerdegrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe zur Ermittlung des gemeinen Wertes den Neupreis herangezogen, der 8 Monate vor dem Tatzeitpunkt bezahlt worden sei.

§ 19 Abs. 3 FinStrG stellt auf den gemeinen Wert im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens ab. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat ausdrücklich festgestellt, dass der gemeine Wert gemäß § 19 Abs. 3 FinStrG - also zum Tatzeitpunkt - ATS 2,922.194,79 betragen habe. Gegen diese Feststellung hat sich der Beschwerdeführer nicht zur Wehr gesetzt, sodass es der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn sie kein gesondertes Ermittlungsverfahren über einen allfälligen Wertverlust eines Kleinflugzeuges nach 8 Monaten durchgeführt hat. Die nunmehrige Behauptung, "auf Grund der Lebenserfahrung" sei der gemeine Wert im Tatzeitpunkt niedriger gewesen, muss als dem aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot widersprechend angesehen werden, sodass dem Verwaltungsgerichtshof ein Eingehen darauf verwehrt ist.

Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden; es wird darauf hingewiesen, dass vor dem Berufungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden hat.

Wien, am