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VwGH vom 29.09.2004, 2002/13/0144

VwGH vom 29.09.2004, 2002/13/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Dr. Rudolfine Horny, Rechtsanwältin in 1130 Wien, Fasangartengasse 35, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/619-16/2001, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der am geborene Sohn der Beschwerdeführerin legte am die Reifeprüfung ab und nahm mit Beginn des Wintersemesters 2000/2001 ein Universitätsstudium in Angriff. Nach Ablegung der Reifeprüfung ging er in den Monaten Juni, Juli und August 2000 einer Beschäftigung nach, aus welcher er Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte, die den in § 5 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in seiner durch BGBl. Nr. 201/1996 gestalteten, bis zum geltenden Fassung genannten Betrag monatlich überstiegen.

Den Streitgegenstand des Beschwerdefalles bildet die Frage, ob der Beschwerdeführerin für die Monate Juli und August 2000 für ihren Sohn Familienbeihilfe deswegen zustand, weil die von ihrem Sohn bezogenen Einkünfte als Bezüge im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der genannten Fassung (im Folgenden kurz: FLAG) bei der Einkünfteermittlung außer Betracht zu bleiben hatten (Standpunkt der Beschwerdeführerin), oder ob ihr der Bezug von Familienbeihilfe wegen der von ihrem Sohn bezogenen Einkünfte deswegen nicht zustand, weil der betroffene Zeitraum Juli und August 2000 dem in § 5 Abs. 1 lit. d FLAG gebrauchten Ausdruck "Schulferien" nicht subsumiert werden konnte, sodass die vom Sohn in diesen Monaten bezogenen Einkünfte nicht unter die genannte Begünstigungsbestimmung fielen (Standpunkt der belangten Behörde).

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stützte sich die belangte Behörde auf die hg. Erkenntnisse vom , 702/77, und vom , 1382/77, in welchen ausgesprochen worden war, dass die Zeit zwischen Ablegung der Reifeprüfung und Beginn des Hochschulstudiums nicht den Schulferien im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG zugeordnet werden kann, weil es keine gesetzliche Vorschrift gibt, die es gestattet, über die nach den schulorganisationsrechtlichen Vorschriften einen Bildungsgang abschließende Reifeprüfung hinaus das Andauern dieses beendeten Ausbildungsverhältnisses anzuerkennen oder das Bestehen einer erst später einsetzenden neuen Berufsausbildung in eine Zeit vorzuverlegen, in der diese Ausbildung noch nicht begonnen hat. Aus den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 17/3471/80, und vom , 96/13/0060, Slg. N.F. Nr. 7.223/F, sei für sie nichts Entscheidendes zu gewinnen. Das erstgenannte Erkenntnis enthalte zur hier interessierenden Frage der Auslegung des Begriffes der Schulferien keine explizite Aussage und auch im zweitgenannten Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof eine Abkehr von der genannten Judikatur aus dem Jahre 1978 zufolge der Besonderheit der Lage des dortigen Beschwerdefalles nicht vollzogen. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Reifeprüfung schon vor den mit Juli beginnenden Ferien abgelegt worden sei, für den Monat Juni und damit außerhalb der Ferienzeit bezogene Einkünfte könne die Begünstigungsbestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG aber keinesfalls zur Anwendung gelangen. Angesichts der beihilfenschädlichen Einkünfte des Sohnes in den Monaten Juni bis August 2000 sei nach Maßgabe der Bestimmung des § 10 Abs. 2 FLAG der Beihilfenanspruch mit Ablauf des Monates Juni 2000 bis einschließlich August 2000 erloschen. Ab September 2000 habe der Sohn keine den Anspruch auf Familienbeihilfe hindernden Einkünfte mehr bezogen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie eines von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages, der belangten Behörde im Falle ihres Obsiegens keinen Schriftsatzaufwand zuzusprechen, erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist, Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der gleiche Anspruch besteht nach § 2 Abs. 1 lit. d leg. cit. für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten.

§ 5 Abs. 1 lit. d FLAG hatte in seiner bis anzuwendenden Fassung folgenden Wortlaut:

"§ 5. (1) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und selbst Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, beziehen, die den Betrag nach § 5 Abs. 2 lit. c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, monatlich übersteigen. Bei einem erheblich behinderten Kind (§ 8 Abs. 5 und 6) erhöht sich dieser Betrag auf die Höhe des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a, bb im Zusammenhang mit Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955. Bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes bleiben außer Betracht:

...

d) Bezüge, die ein in Schulausbildung befindliches Kind aus einer ausschließlich während der Schulferien ausgeübten Beschäftigung bezieht."

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die von der belangten Behörde im Einklang mit den hg. Erkenntnissen vom , 702/77, und vom , 1382/77, vorgenommene Auslegung des Begriffes der Schulferien im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG mit dem schon im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich von dieser Judikatur in den Erkenntnissen vom , 17/3471/80, und vom , 96/13/0060, Slg. N.F. Nr. 7.223/F, bereits abgewendet. Diese Behauptung trifft indessen so nicht zu.

Das hg. Erkenntnis vom , 17/3471/80, stellt zum einen klar, dass unter den Schulferien im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG auch die "Hochschulferien" zu verstehen sind (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , 2000/14/0090), und enthält zum anderen die Aussage, dass auch Zwischenzeiten, die sich aus dem Übergang von einer Berufsausbildungsart zu einer anderen ergeben können, als für den Beihilfenanspruch unschädliche Lücken anzusehen sind, die begrifflich zur Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zählen. Dieser Überlegung trägt die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG Rechnung. Für die Lösung des Beschwerdefalles ist aus dieser Rechtsvorschrift aber nichts zu gewinnen, weil die belangte Behörde die Verwirklichung des anspruchsbegründenden Sachverhaltes nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG durch den Sohn der Beschwerdeführerin ohnehin nicht in Zweifel gezogen und ihr für den Monat September 2000, in welchem beihilfenschädliche Einkünfte des Sohnes nach § 5 Abs. 1 FLAG nicht vorlagen, den Familienbeihilfenanspruch daher auch zuerkannt hat. Streitentscheidend war im Beschwerdefall nicht das Bestehen des anspruchsbegründenden Sachverhaltes nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG, sondern die Verwirklichung des anspruchsvernichtenden Sachverhaltes der Erzielung von beihilfenschädlichen Einkünften im Sinne des § 5 Abs. 1 leg. cit. Da die den Grenzbetrag nach dieser Vorschrift überschreitenden Einkünfte vom Sohn erstmals im Juni 2000 erzielt wurden, entsprach die Gewährung der Familienbeihilfe noch für den Monat Juni 2000 entgegen der - dies als inkonsequent ansehenden - Beurteilung der Beschwerdeführerin der Gesetzesvorschrift des § 10 Abs. 2 FLAG.

Streitentscheidend für den Familienbeihilfenanspruch der Beschwerdeführerin für die Monate Juli und August 2000 blieb damit allein die Auslegung der Begriffe "Schulferien" und "in Schulausbildung befindliches Kind" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG. Dass das hg. Erkenntnis vom , 96/13/0060, Slg. N.F. Nr. 7.223/F, Aussagen enthält, die sich dahin verstehen lassen, dass der Verwaltungsgerichtshof Einkünfte zwischen Ablegung der Reifeprüfung im Sommer und Studienbeginn im Herbst in Abkehr von der Judikatur aus dem Jahre 1978 künftig als solche ansehen könnte, die ein in Schulausbildung befindliches Kind im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG aus einer ausschließlich während der Schulferien ausgeübten Beschäftigung bezieht, ist der Beschwerdeführerin ungeachtet des Umstandes einzuräumen, dass dem damaligen Beschwerdefall nicht diese Sachverhaltskonstellation, sondern vielmehr eine solche zu Grunde gelegen war, mit welcher der den Beihilfenanspruch damals vermittelnde Sohn nach Ablegung der Reifeprüfung im Sommer im Herbst nicht ein Studium begonnen, sondern den Präsenzdienst angetreten hatte, der nach den Ausführungen des genannten Erkenntnisses jeden Ausbildungsprozess unterbricht.

Nach dem Ergehen des hg. Erkenntnisses vom , 96/13/0060, Slg. N.F. Nr. 7.223/F, ist allerdings der Gesetzgeber initiativ geworden und hat der Bestimmung des § 5 Abs. 1 FLAG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2000, mit Wirksamkeit ab dem einen Regelungsinhalt gegeben, für den nach ersatzloser Beseitigung der Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG der bis dahin bedeutsame Begriff der "Schulferien" aus der Regelung entfernt wurde und seither für die Beurteilung des Vorliegens beihilfenschädlicher Einkünfte eines Kindes keine Rolle mehr spielt.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung sieht sich der Verwaltungsgerichtshof - auch im Interesse der gebotenen Gleichbehandlung der während gleicher Zeiträume verwirklichten Sachverhalte - im Beschwerdefall nicht dazu veranlasst, für die Beurteilung des hier strittigen Beihilfenanspruches für die Monate Juli und August 2000 von der in den Erkenntnissen des Jahres 1978 ausgesprochenen Rechtsanschauung abzurücken. Der Inhalt der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung gestandenen schulorganisationsrechtlichen Vorschriften (§ 2 Schulzeitgesetz 1985, BGBl. Nr. 77/1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 45/1998, einerseits und § 6 Universitäts-Studiengesetz, BGBl. I Nr. 48/1997, andererseits) trug die den Begriff "Schulferien" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG (nur) als Verweis auf Schulorganisationsnormen verstehende Auslegung der belangten Behörde in gleicher Weise, wie dies für die zum Zeitpunkt jener Bescheide geltenden Normen des Schulorganisationsrechtes gegolten hatte, die mit den im Jahre 1978 ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt worden waren.

Die von der Beschwerdeführerin dem Inhalt ihrer Ausführungen nach gegen das behördliche Ergebnis vorgetragenen Sachlichkeitsbedenken erreichen nicht ein solches Gewicht, welches die behördliche Auslegung als mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftet erweisen würde.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003. Schriftsatzaufwand für die Gegenschrift war nicht zuzusprechen, weil der als Gegenschrift bezeichnete Schriftsatz kein Vorbringen enthält, in welchem eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen geleistet worden wäre. Dass in der Beschwerdeschrift nur der schon im Verwaltungsverfahren vertretene Standpunkt der Beschwerdeführerin wiederholt worden war, mit welchem eine ausreichende Auseinandersetzung schon im angefochtenen Bescheid erfolgt ist, hätte die belangte Behörde im Beschwerdefall zur Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift veranlassen können. Der mit einem Begleitschreiben zur Aktenvorlage üblicherweise verbundene Aufwand, über den der mit der Abfassung der vorliegenden Gegenschrift verbundene Aufwand nicht hinausgeht, ist mit dem Vorlageaufwand abgegolten, weshalb Schriftsatzaufwand im Sinne des § 48 Abs. 2 Z. 2 VwGG nicht gebührte (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2000/15/0186).

Wien, am