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VwGH vom 27.03.1996, 93/15/0229

VwGH vom 27.03.1996, 93/15/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für S vom , Zl. 77-GA6-DMe/93, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der "T GmbH. & Co.KG." (letztere in der Folge: KG).

Mit Haftungsbescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der KG (darunter Umsatzsteuer in Höhe von S 302.971,--) im Gesamtbetrag von S 339.874,-- heran. Die Haftung wurde auf § 14 Abs. 1 BAO in Verbindung mit §§ 9, 12 und 80 leg. cit. gestützt.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß er kein Unternehmen im Ganzen, sondern lediglich "einzelne Restposten der KG" für sein Einzelunternehmen erworben habe.

In Würdigung dieses Argumentes schränkte das Finanzamt in seiner teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung vom die nunmehr ausschließlich auf die §§ 9 und 80 BAO gestützte Haftung auf den genannten Umsatzsteuerbetrag von S 302.971,-- ein. Der Beschwerdeführer, der seine Geschäftsführerfunktion für die Komplementär-GmbH der KG (in der Folge: GmbH) erst mit zurückgelegt hätte, habe es schuldhaft verabsäumt, in der Zeit von August bis Dezember 1987 die in Rechnungen der KG in Höhe von insgesamt S 1,514.855,30 ausgewiesene Umsatzsteuer mittels Voranmeldungen zu erklären und entsprechende Vorauszahlungen zu entrichten.

In seinem Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte der Beschwerdeführer im wesentlichen dar, aus der in Fotokopie übermittelten Abmeldung gegenüber der Ser Gebietskrankenkasse vom gehe hervor, daß sein Beschäftigungsverhältnis zur KG infolge Kündigung durch die GmbH bereits am eben genannten Tag geendet habe. Zu diesem Zeitpunkt habe die eben genannte Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und an die Handelskammer S das Ersuchen um amtswegige Löschung gerichtet. Der Beschwerdeführer sei nicht Gesellschafter der genannten Gesellschaften gewesen, wohl aber seine am verstorbene Mutter. Mit den Gesellschaftern der KG sei auch die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers mit vereinbart worden. Infolge Vermögenslosigkeit der KG sowie Erkrankung der Hauptgesellschafterin, der Mutter des Beschwerdeführers, sei jedoch eine "formale Liquidation der Firma" unterblieben und der Beschwerdeführer der Meinung gewesen, daß die Firma von Amts wegen gelöscht werde und daher seine handelsregistermäßige Abberufung nicht mehr erforderlich sei. Nach Niederlegung der Geschäftsführung am vom Beschwerdeführer für die KG noch getätigte Handlungen seien "ausschließlich über jeweils gesonderten einzelnen Auftrag in familiärer Beistandspflicht gegenüber seiner Mutter" gesetzt worden. Im besonderen angeführt wurde die Lieferung von zugunsten einer Kreditunternehmung gepfändeten Waren der KG im Wert von S 1,306.000,-- per , worüber am und am (Berichtigung) Rechnung gelegt worden sei.

Dem Antrag beigeschlossen war eine Fotokopie des an das Landesgericht S, Abteilung Handelsregister, gerichteten Schreibens des Beschwerdeführers vom , welches auszugsweise wie folgt lautet:

"In obiger Angelegenheit teile ich Ihnen mit, daß ich meine Tätigkeit als Geschäftsführer für die Firma T Gesellschaft mit beschränkter Haftung zurückgelegt habe.

Die Firma hat die Geschäftstätigkeit mit eingestellt und ist vermögenslos".

Die belangte Behörde brachte hierauf dem Beschwerdeführer ihre Rechtsansicht zur Kenntnis, daß die Beendigung des Angestelltenverhältnisses (zur KG) nicht notwendigerweise das Ende der Organstellung des Beschwerdeführers (bei der GmbH) bedeutet habe. Der Beschwerdeführer habe bisher keinen Nachweis dafür erbracht, daß er die Funktion als Geschäftsführer der GmbH schon vor dem zurückgelegt habe.

In Beantwortung dieses Vorhaltes nannte der Beschwerdeführer als Beweismittel für die Beendigung seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH schon zum nur die schon erwähnte Abmeldung bei der Ser Gebietskrankenkasse.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung im selben Umfang wie zuvor mit der Berufungsvorentscheidung stattgegeben; im übrigen wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend heißt es zur Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers für die genannten Umsatzsteuerschuldigkeiten der KG, der Verwaltungsgerichtshof habe schon im Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0158, ausgesprochen, daß zwischen der organschaftlichen Bestellung eines Geschäftsführers und seiner Anstellung zu unterscheiden sei, sodaß die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht für sich die Beendigung der Organstellung und umgekehrt bewirke. Dies gelte jedenfalls dann, wenn seitens des Geschäftsführers eine Interessenlage gegeben sei, die annehmen lasse, daß dieser die aus seiner Organstellung resultierenden Pflichten aus anderen Gründen als wegen der aus dem Dienstverhältnis resultierenden Gegenleistungen der Gesellschaft auf sich nehmen wollte. Eine solche Interessenlage sei hier gegeben, weil die Mutter des Beschwerdeführers zu nahezu 100 % an der KG beteiligt gewesen sei; sie sei nämlich zu 99 % an der GmbH beteiligt und einzige Kommanditistin der KG gewesen. Auch nach dem sei noch Anlage- und Umlaufvermögen der KG im Wert von

S 1,514.855,-- mit Rechnungen vom bis veräußert worden. Da nicht angenommen werden könne, daß diese Geschäfte "auf jeweils gesonderten Auftrag" erfolgt seien, die Ausfluß der familiären Beziehung gewesen seien, erscheine es nicht glaubhaft, daß der Beschwerdeführer seine Funktion als Geschäftsführer der GmbH schon vor dem zurückgelegt habe. Daran könne auch die bei der Handelskammer S beantragte amtswegige Löschung der KG nichts ändern. Die Haftungsinanspruchnahme sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer das verpfändete Warenlager im Wert von S 1,088.333,-- (ohne Umsatzsteuer) selbst als Einzelunternehmer erworben und hiefür Vorsteuer geltend gemacht habe, während für die KG Umsatzsteuer weder angemeldet noch auch entrichtet worden sei. Der Beschwerdeführer habe es auch verabsäumt, bei der ca. 1 Jahr vor Einstellung der ordentlichen Geschäfte erfolgten Verpfändung des Warenlagers anläßlich der Gewährung eines Bankkredites für die Entrichtung der Umsatzsteuer vorzusorgen. Ein Umschwenken auf einen nicht schon vom Finanzamt herangezogenen Haftungstatbestand liege nicht vor, weil sich der erstinstanzliche Haftungsbescheid sowohl auf § 14 Abs. 1 als auch auf die §§ 9 und 80 BAO stütze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bringt zunächst vor, dem Beschwerdeführer sei dadurch, daß das Finanzamt die Haftung auf § 14 BAO, die belangte Behörde aber auf die §§ 9 und 80 BAO gestützt habe, "eine gesamte Entscheidungsinstanz genommen" worden.

Dem ist zu erwidern, daß die Beschwerde den erstinstanzlichen Haftungsbescheid insofern unvollständig wiedergibt, als sie verschweigt, daß das Finanzamt auch die §§ 9, 12 und 80 BAO als Rechtsgrundlage der Haftungsanspruchnahme angeführt hat. Daß erstmals bei Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers ein auf die §§ 9 und 80 BAO gestützter Haftungsanspruch erhoben und damit der Instanzenzug verkürzt worden wäre, trifft sohin nicht zu.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Auszugehen ist davon, daß bei einer GmbH & Co KG die Gesellschaft durch die Komplementär-GmbH, somit im Ergebnis durch deren Geschäftsführer, vertreten wird. Diese Geschäftsführer haben die abgabenrechtlichen Pflichten, die die KG treffen, zu erfüllen. Sie haften bei schuldhafter Pflichtverletzung für die Abgaben der KG (vgl. hiezu Stoll, BAO-Kommentar, 117, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerde steht auf dem Standpunkt, durch die Abmeldung des Beschwerdeführers bei der Ser Gebietskrankenkasse zum sei nachgewiesen, daß dieser seine Funktion als Geschäftsführer der KG (richtig wohl: als Geschäftsführer der GmbH) "im Einvernehmen mit den Gesellschaftern" schon zu diesem Zeitpunkt niedergelegt habe.

Daß die belangte Behörde dem nicht gefolgt ist, belastet den angefochtenen Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit. Die Beschwerde verkennt, daß mit der Abmeldung des Beschwerdeführers bei der Ser Gebietskrankenkasse lediglich die Beendigung seines Dienstverhältnisses zur KG, nicht aber seiner Organstellung bei der GmbH angezeigt werden konnte und auch wurde. Das oben in seinen wesentlichen Teilen wiedergegebene Schreiben des Beschwerdeführers an das Landesgericht S vom bringt dagegen die Beendigung seiner Organstellung bei der GmbH zu diesem Termin, nicht aber schon mit zum Ausdruck. Was das übrige Beschwerdevorbringen anlangt, hat die belangte Behörde im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 89/15/0158, Umstände aufgezeigt, aus denen sich ergibt, daß der Beschwerdeführer die aus seiner Organstellung zur GmbH resultierenden Pflichten (und das Haftungsrisiko eines Geschäftsführers) aus anderen Gründen als wegen der aus dem Dienstverhältnis zur KG resultierenden Gegenleistungen der Gesellschaft weiter auf sich nehmen wollte; und zwar vor allem, daß der Beschwerdeführer nach der behaupteten Zurücklegung seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH noch "restliches Vermögen der KG" um rund S 1,5 Mio (davon Werte von rund S 1 Mio an sich selbst für sein Einzelunternehmen) veräußert hat. Angesichts der rechtlichen Stellung der Komplementär-GmbH kann nämlich - anders als die Beschwerde meint - nicht davon die Rede sein, der Beschwerdeführer wäre bloß "über jeweils gesonderten einzelnen Auftrag in familiärer Beistandspflicht gegenüber seiner Mutter" berechtigt gewesen, Geschäfte für die KG in einer anderen Funktion als als Geschäftsführer der GmbH abzuschließen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid auch in diesem Punkt keine Rechtswidrigkeit anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.