VwGH vom 31.07.2002, 2002/13/0136
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2002/13/0137 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der d GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Schilling, Wirtschaftsprüfer in 1040 Wien, Wohllebengasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/128-10/02, betreffend Aussetzung der Einhebung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Wie der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, hat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom die Aussetzung der Einhebung von Abgaben nach § 212a BAO beantragt, weil sie gegen die Berufungsentscheidungen der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV/251-11/03/99, RV/367-11/03/98, RV/249- 11/03/99, RV/250-11/03/99, sowie vom , GZ RV/252- 11/03/99, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe. Die Aussetzung der Einhebung solle im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 131/95, erfolgen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Antrag im Instanzenzug keine Folge. Sie verwies darauf, dass sich die unter den besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des § 212a BAO vom Gesetz ermöglichte Aussetzung der Einhebung nach dem keine andere Deutung zulassenden Wortlaut des § 212a Abs. 5 BAO ausschließlich auf das Verwaltungsverfahren erstrecke. Dieses ende spätestens mit dem Ergehen der Berufungsentscheidung auch dann, wenn diese Berufungsentscheidung in der Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werde. Eine solche Anfechtung habe auf die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluss. Die Voraussetzungen der Erwirkung eines Vollzugsaufschubes auf Grund einer an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gerichteten Beschwerde richteten sich ausschließlich nach den Gesetzen, die das Verfahren vor diesen Gerichtshöfen regelten (§ 85 Abs. 2 VfGG und § 30 Abs. 2 VwGG).
In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Aussetzung der Einhebung "unter sinngemäßer Anwendung des § 212a BAO, im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 131/95-7, verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 erster Satz BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Nach § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO ist der Ablauf der Aussetzung anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung oder b) Berufungsentscheidung oder c) anderen, das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen.
Nach dem insoweit keinen Zweifel offen lassenden Wortlaut der zuletzt zitierten Vorschrift ist der Ablauf der Aussetzung anlässlich (u.a.) einer Berufungsentscheidung, die über eine Berufung im Sinne des Abs. 1 ergeht (lit. b), zu verfügen. Es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wegen der Erhebung einer Bescheidbeschwerde vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über den Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen, das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung hinaus auszudehnen (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise die Erkenntnisse vom , 94/15/0056, vom , 94/13/0266, vom , 98/13/0044, sowie zuletzt vom , 96/14/0157 und 96/14/0175).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde zu Recht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung die Aussetzung der Einhebung abgelehnt. Eine andere Beurteilung, worauf die Beschwerde im Wesentlichen hinausläuft, ist auch nicht deshalb möglich, weil in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof
u. a. verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in den Berufungsentscheidungen vom 3. bzw. angewendeten Rechtsvorschriften (der Vorschriften der BAO über die Wiederaufnahme des Verfahrens) erhoben wurden. In dem von der Beschwerdeführerin angesprochenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 131/95, VfSlg. Nr. 14.548, war die Frage strittig, ob eine Aussetzung der Einhebung auch dann denkbar ist, wenn in einer Berufung lediglich die Verfassungswidrigkeit einer einfach gesetzlichen Bestimmung behauptet wird. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt, eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung des § 212a BAO gebiete es, dass die Behauptung der Verfassungswidrigkeit der die Abgabenvorschreibung tragenden Bestimmung von der Behörde kraft der ausdrücklichen Anordnung in § 212a Abs. 2 lit. a BAO in "diesem Begleitverfahren" ebenso wie jede andere Berufungsbehauptung im Hinblick auf ihre Erfolgsaussicht abzuschätzen sei. Das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes betraf ausdrücklich ein "Begleitverfahren" nach § 212a BAO zu einer offenen Berufung, sodass sich aus diesem Erkenntnis die in der vorliegenden Beschwerde vertretene Ansicht nicht ableiten lässt, bei einer in höchstgerichtlichen Beschwerden geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der im Abgabenverfahren angewendeten Rechtsvorschriften sei auch über den Zeitpunkt der das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung hinaus eine Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO möglich. Der "sinngemäßen" Anwendung steht - wie erwähnt - der zwingende Gesetzeswortlaut der zitierten Bestimmung des § 212a BAO entgegen. Dass über die "Berufungen allenfalls noch in einem nach Ergehen einer verwaltungsgerichtlichen oder verfassungsgerichtlichen Entscheidung fortgesetzten Verfahren zu entscheiden ist", ändert nichts daran, dass kein offenes Berufungsverfahren mehr vorlag, das allein nach § 212a BAO die Aussetzung der Abgabeneinhebung ermöglicht hätte.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am