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VwGH vom 22.02.1996, 93/15/0217

VwGH vom 22.02.1996, 93/15/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des E in N, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/4-4117/91-06, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Rechtsmitteln in Abgabensachen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurden zu Handen seiner ihn im gesamten Verwaltungsverfahren vertretenden Beschwerdevertreter am mehrere Berufungsvorentscheidungen vom betreffend Umsatzsteuer- und Alkoholabgabe für die Jahre 1975 bis 1977 sowie betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1977 zugestellt. Auf die gleiche Weise wurde am der das Jahr 1980 betreffende kombinierte Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid vom zugestellt. Auf den Rückscheinen wurde auf die Betriebsprüfung Bezug genommen bzw. es wurden Bescheid(e) vom angeführt. Weiters erließ das Finanzamt einen das Datum tragenden, auf Null lautenden Bescheid betreffend Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum .

Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin beim bescheiderlassenden Finanzamt eine Verlängerung der Rechtsmittelfristen "bezüglich aller bisher ergangenen Bescheide" bis zum . Dieses Ansuchen präzisierte er später mit dem Antrag, die Rechtsmittelfrist bezüglich aller Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe-, Alkohol-, Einheitswert- und Vermögensteuerbescheide für die Jahre 1970 bis 1979 bis zum genannten Termin zu erstrecken.

Diesem Antrag gab das Finanzamt hinsichtlich der eben angeführten Abgaben- und Feststellungsbescheide statt.

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer gegen die Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1970 bis 1979, gegen die Alkoholabgabebescheide für die Jahre 1975 bis 1979 und gegen die Einkommen-, Kapitalertrag- und Vermögensteuerbescheide für die Jahre 1970 bis 1980 Berufung. Am beantragte er, "daß sämtliche eingereichten Berufungen auch für Feststellungs-, Zerlegungs- und Einheitswertbescheide des bekämpften Zeitraumes 1970 - 1980 gelten." Ein Antrag auf Berufungsentscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde nicht gestellt.

Über Aufforderung des Finanzamts, die einzelnen angefochtenen Bescheide genau zu bezeichnen, führte der Beschwerdeführer in der daraufhin erstellten Auflistung vom auch die og. Berufungsvorentscheidungen mit dem Vermerk "Vorlageantrag" an.

Nach Vorhalt der belangten Behörde vom , mit welchem dem Beschwerdeführer die Verspätung bei Einbringung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1980 und den Bescheid zur Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens zum sowie des Antrages auf Entscheidung über die Berufung gegen die Umsatzsteuer- und Alkoholabgabebescheide für die Jahre 1975 bis 1977 und gegen den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1977 zur Kenntnis gebracht worden war, stellte der Beschwerdeführer am den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der genannten Fristen, den das Finanzamt abwies.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, die fristauslösenden Bescheide seien den zur Empfangnahme von behördlichen Sendungen berechtigten Rechtsvertretern des Beschwerdeführers mit Zustellnachweis zugestellt worden. Die eingetretene Fristversäumung sei nur durch eklatanten Sorgfaltsmangel der Rechtsvertreter bei der Überwachung der Rechtsmittelfristen bzw. durch eine bei Rechtsanwälten nicht entschuldbare Fehlleistung bei der Erstellung der Rechtsmittelschriften zu erklären. Dieses über eine leichte Fahrlässigkeit hinausgehende Verschulden seiner Rechtsvertreter sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in dem Recht auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der in Rede stehenden Rechtsmittelfristen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindet war, die Frist einzuhalten. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Beschwerdeführer bringt sinngemäß vor, die belangte Behörde hätte nicht ohne vorhergehende Feststellung der Zustelltage der bekämpften Bescheide seinen Wiedereinsetzungsantrag abweisen dürfen. Auch habe die belangte Behörde zu Unrecht grobes Verschulden als der beantragten Wiedereinsetzung hinderlich erachtet; dies deswegen, weil die Säumnis der belangten Behörde bei der Erledigung der gegen die Sachbescheide erhobenen Berufung dazu geführt habe, daß der Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 309 BAO - mit der Zustellung des schon erwähnten Vorhalts der belangten Behörde - Kenntnis über die Versäumung der Rechtsmittelfristen erhalten habe.

Zur ersten Rechtsrüge genügt der Hinweis, daß der angefochtene Bescheid in seiner ausführlichen Sachverhaltsdarstellung auch die vom Beschwerdeführer vermißten Sachverhaltsfeststellungen über die Zustelltage der bekämpften Sachbescheide enthält. Auf die Verschuldensfrage einzugehen erübrigt sich hingegen deshalb, weil der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen selbst innerhalb der sich aus § 309 BAO ergebenden Jahresfrist nicht erkannt hat, daß sich die vom Finanzamt bewilligte Verlängerung der Berufungsfrist nicht auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1980 und auf den Einheitswertbescheid zum bezog und daß der Beschwerdeführer mit seinem Berufungsschriftsatz vom keinen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hat. Im Grunde der in Rede stehenden Gesetzesstelle war es nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt hat.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf beide Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.