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VwGH vom 21.03.1996, 93/15/0201

VwGH vom 21.03.1996, 93/15/0201

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , Zl. 1148-2/92, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer schloß im Jahr 1984 seine Ausbildung an einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt, Fachrichtung Elektronik, mit Matura ab und ist seither als Bankangestellter tätig.

Im Streitjahr erzielte er als solcher neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an einem in der Zeit von März 1990 bis Juli 1992 veranstalteten fünfsemestrigen Universitätslehrgang mit dem Gegenstand "Angewandte Informatik" (mit der im zweiten Abschnitt gewählten Vertiefungsrichtung "Informatik in der Technik") beantragte er die Berücksichtigung der im Veranlagungsjahr dafür getätigten Aufwendungen in der Höhe von S 116.343,82 als Werbungskosten.

Im (ursprünglichen) Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr anerkannte das Finanzamt diese Aufwendungen in der beantragten Höhe als Werbungskosten. Später erließ es jedoch einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid, in welchem es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berichtigte und die Aufwendungen für den genannten Universitätslehrgang nicht als Werbungskosten berücksichtigte; letzteres mit der Begründung, die dort erworbenen Kenntnisse stellten bei der vom Beschwerdeführer genannten Tätigkeit "als Buchhalter" keine Fortbildungskosten dar.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er sei in der Abteilung "Back-Office" der Bank beschäftigt, wozu auch die Buchhaltung gehöre. Diese Abteilung sei nicht mit dem Schalter- und Kundenverkehr, sondern mit der Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs, der Belegverarbeitung und der Betreuung der EDV-Anlagen des Bankbetriebs betraut. Diese Tätigkeit werde fast ausschließlich mit Hilfe technischer Geräte ausgeübt. Beispielsweise erwähnt wurden Erfassungssysteme, Codierungsautomaten, Auszugsrückschreibungsdrucker, Datenmodem für diverse Online-Netzsysteme, Datenträgererstellung und Daten-File-Transfer. Für eine einigermaßen effektive Nutzung und Betreuung dieser Anlagen und Systeme seien spezielle Kenntnisse im Informationssektor, welche über die gewöhnliche Anwendungshandhabung hinausgingen, erforderlich - insbesondere auch für den Bereich der Wartung und Instandhaltung, um kleinere Mängel selbst zu beheben oder um den angeforderten Technikern präzise Fehlerbeschreibungen mitteilen zu können. Da das Angebot des Universitätslehrgangs "Angewandte Informatik" genau diesen Bereich abdecke, seien fast alle Lehrinhalte direkt im Betrieb seines Arbeitsgebers umsetzbar.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung hinsichtlich der Berücksichtigung der Aufwendungen für den Universitätslehrgang als Werbungskosten als unbegründet ab.

In seinem als "Berufung" bezeichneten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte der Beschwerdeführer unter Anführung eines Teiles der Unterrichtsgegenstände des in Rede stehenden Universitätslehrgangs dar, in welchem Zusammenhang die vermittelten Lehrinhalte mit seiner Tätigkeit stünden und in seinem Beruf umgesetzt werden könnten. Weiters zitierte er als Beleg dafür, daß die Kosten des Universitätslehrganges für ihn als Fortbildungskosten zu werten seien, das Vorlesungsverzeichnis der Veranstalter des Universitätslehrgangs für das Sommersemester 1992, worin es auszugsweise wie folgt lautet:

"Das Ausbildungsziel des Lehrgangs besteht in der Vermittlung jener spezifischen Techniken, Methoden und Fähigkeiten, die EDV/Informatik-Verantwortliche von kleineren und mittleren Unternehmen beherrschen sollten.

.....

Der Universitätslehrgang wendet sich vorwiegend an Personen, die sich in der Ausübung ihrer Berufstätigkeit mit Fragen des Computer-Einsatzes, deren Eignung für bestimmte Problemstellungen und der Umsetzung von betrieblichen Anforderungen auf EDV/Informatik-Lösungen beschäftigen, oder dies in Zukunft zu tun beabsichtigen."

Da diese Ausbildungszielsetzung und Zielgruppenbeschreibung genau auf seine berufliche Tätigkeit (u.a. als Produktbetreuer eines Softwarepakets und stellvertretender EDV-Verantwortlicher) zuträfen, lägen berufliche Fortbildungskosten vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie im wesentlichen unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/13/0184 (mit dem die Beschwerde eines Sparkassenangestellten wegen Nichtanerkennung der Aufwendungen für ein neben der beruflichen Tätigkeit betriebenes erstes universitäres (Voll-)Studium der Mathematik und Informatik abgewiesen wurde), aus, der in Rede stehende Universitätslehrgang sei wie das dort genannte (Voll-)Studium zu behandeln und aus den dort herangezogenen Gründen für den Beschwerdeführer als Maßnahme zur Berufsausbildung anzusehen. Bei den von den hier in Rede stehenden Veranstaltern angebotenen Universitätslehrgängen handle es sich nicht um Veranstaltungen, die den auf bestimmten Gebieten Tätigen die Möglichkeit einer speziellen, einschlägigen beruflichen Fortbildung biete. Der gegenständliche Universitätslehrgang sei nicht speziell auf im Bankenbereich Tätige, sondern derart auf das umfassende Fachgebiet angewandte Informatik ausgerichtet, daß in bezug auf Angestellte eines Bankunternehmens, in dem auch die EDV zum Einsatz gelange, nicht gesagt werden könne, der Lehrgang sei für dort tätige Angestellte grundsätzlich bzw. überwiegend eine berufliche Fortbildungsveranstaltung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Anerkennung der Aufwendungen zur Fortbildung im Rahmen des Universitätslehrgangs "Angewandte Informatik" als Werbungskosten verletzt.

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer EStG 1988, Kommentar, § 20 Tz 5, Stichwort "Ausbildungskosten - Fortbildungskosten", und Doralt, EStG2, § 16 Tz 220, Stichwort "Fortbildung", und die dort angeführte hg. Judikatur) zählen Aufwendungen für die berufliche Fortbildung zu den Werbungskosten, nicht jedoch Aufwendungen für die Berufsausbildung. Während die berufliche Fortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten dient, dient die Berufsausbildung der Erlernung eines Berufs. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Abgabenpflichtige seine BISHERIGEN beruflichen Kenntisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. beispielsweise hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0040). Die Eignung der dafür getätigten Aufwendungen an sich zur Erreichung dieses Ziels ist dabei ausreichend (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/14/0156). Die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Fortbildung kann jeweils nur in bezug auf einen bestimmten Abgabepflichtigen getroffen werden (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/14/0146, m.w.N.).

Ein Hochschulstudium dient nun in der Regel nicht der Berufsfortbildung, sondern der Berufsausbildung. Das hiebei vermittelte Wissen ist nämlich eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe und nicht nur der spezifischen fachlichen Weiterbildung eines vom Studierenden bereits ausgeübten Berufs (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0040).

Dies trifft in der Regel auch auf die durch § 18 AHStG eingerichteten Universitätslehrgänge zu. Diese unterscheiden sich von den anderen Universitätsstudien dadurch, daß sie vorwiegend praktische Kenntnisse vermitteln sollen (§ 18 Abs. 3 AHStG) und - wie im Beschwerdefall - auch Praktiker, die die sonstigen Voraussetzungen für ein Studium nicht erfüllen (z.B. Matura), zu ihnen zugelassen werden können (vgl. § 18 Abs. 2 AHStG). Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß für einzelne Abgabepflichtige die Teilnahme an einem Universitätslehrgang eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung darstellt und die diesbezüglichen Aufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht werden können (vgl. dazu hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/14/0156).

Entscheidend für die Wertung eines Universitätsstudiums bzw. Universitätslehrgangs als Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder der Berufsausbildung ist, ob ein derartiges Studium über die bloße Fortentwicklung der im bisherigen Beruf erworbenen Kenntnisse weit hinausgeht und durch den Abschluß des Studiums eine neue Grundlage für die sodann auf dem Studienabschluß beruhende - und nicht auf den seinerzeitigen Beruf des Lehrgangsteilnehmers beschränkte - Berufstätigkeit geschaffen wird. Die durch ein derartiges Studium erweiterten Lebenschancen dürfen also nicht außerhalb der Sphäre der Einkunftsquelle liegen, deren Erhaltung die berufliche Fortbildung dienen soll. Nicht wesentlich ist in diesem Zusammenhang, ob der Lehrgangsteilnehmer diese andere Berufstätigkeit künftig tatsächlich ausüben wird oder auszuüben beabsichtigt (vgl. dazu beispielsweise hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/14/0040).

Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde - wie zuvor schon im Verwaltungsverfahren -, auf Grund seines oben angeführten Tätigkeitsbereichs in der Bank stellten die Aufwendungen für den Universitätslehrgang "Angewandte Informatik" für ihn solche der beruflichen Fortbildung dar und seien daher als Werbungskosten anzuerkennen. Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren betreffend seine berufliche Tätigkeit sowie die Umsetzung von Lehrveranstaltungsinhalten des Universitätslehrgangs bei seinem Arbeitgeber und betreffend die Zielsetzung des Universitätslehrgangs und die anzusprechende Zielgruppe der Teilnehmer nicht in der erforderlichen Weise aufgegriffen. Unter Berufung auf das besagte hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/13/0184, hat sich die belangte Behörde vielmehr - am Berufsbild eines herkömmlichen Bankangestellten haftend - mit der allgemeinen Feststellung begnügt, der og. Universitätslehrgang sei als Maßnahme zur Berufsausbildung anzusehen und sei überdies nicht speziell auf im Bankenbereich Tätige ausgerichtet, sodaß es sich für den Beschwerdeführer um keine berufliche Fortbildungsveranstaltung handeln könne. Es kann aber ein und dieselbe Bildungsmaßnahme, die für den einen Beruf erst Anstrebenden eine Berufsausbildung ist, für den bereits Berufstätigen Berufsfortbildung sein (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/14/0146).

Die belangte Behörde hätte daher im Sinne der oben gemachten Ausführungen einzelfallbezogen prüfen müssen, ob die Teilnahme am Universitätslehrgang für den KONKRETEN Beschwerdeführer in seiner KONKRETEN Berufstätigkeit einer erweiterten Lebenschance außerhalb der Sphäre der bisherigen gegenständlichen Einkunftsquelle dient bzw. dadurch eine neue Grundlage für eine sodann auf dem Studienabschluß beruhende - und nicht auf den bisherigen Beruf des Beschwerdeführers beschränkte - Berufstätigkeit geschaffen wird. Zur Beantwortung dieser Fragen wären weitere Ermittlungen und Feststellungen der belangten Behörde über die konkrete berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Bank, insbesondere die mit der bisherigen Tätigkeit verbundenen fachlichen Anforderungen und die hiefür erforderlichen Kenntnisse, und über ihren möglichen Fortbildungszusammenhang mit dem Lehrinhalt des Universitätslehrgangs (einschließlich der vom Beschwerdeführer gewählten Vertiefungsrichtung) erforderlich gewesen.

Da der Sachverhalt also in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, die der Verwaltungsgerichtshof auch ohne Antrag in der Beschwerde wahrzunehmen hat (vgl. dazu die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 591, angeführte Rechtsprechung).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Stempelgebührenersatz konnte nur im zu entrichtenden Ausmaß, somit für drei Beschwerdeausfertigungen (S 360,--) und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (S 120,--) zuerkannt werden.